9.38
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! – Er wird gleich wieder kommen. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und alle, die uns zusehen! Drei Tage lang reden wir jetzt über Milliarden und Abermilliarden Euro, die eigentlich das abbilden sollten, wie sich eine Gesellschaft entwickeln soll, wie sie sich Jahr für Jahr weiterentwickeln soll. Ein Thema, das sehr oft – vielleicht absichtlich – ausgespart wird, über das wir aber reden müssen, ist das Thema Armutsgefährdung und Armut von Kindern, von alleinerziehenden Frauen mit ihren Kindern, von Frauen im Alter, von zugewanderten Familien, von Mehrkindfamilien.
Ex-Kanzler Kurz, der sich jetzt mit seinem Telefon beschäftigt (Zwischenrufe bei der ÖVP), war einer, der dieses Thema immer wieder ausgespart hat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, und eher negativ über dieses Thema geredet hat (Beifall bei der SPÖ – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), nämlich indem er gesagt hat, dass Menschen nicht aufstehen wollen, weil sie nicht arbeiten wollen. Das ist eigentlich sehr menschenverachtend, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das Thema Armut und Armutsgefährdung ist mitten in dieser Gesellschaft gelandet, und wir müssen darüber reden. Ich weiß, dass Bundesminister Mückstein sich bemüht (Zwischenruf des Abg. Loacker) – er bemüht sich auch mehr als die Türkisen –, die Pandemiebekämpfung in den Griff zu bekommen, er bemüht sich auch, dass die Gesellschaft, dass die Menschen gut geschützt sind. Das interessiert die ÖVP schon weniger, weil es da um andere Interessen wie den Tourismus geht. (Zwischenruf der Abg. Totter.) Dass Sie damit aber auch die Bevölkerung gefährden, das haben Sie nicht – oder absichtlich nicht – auf dem Radar.
Es sind 350 000 Kinder, Herr Ex-Kanzler, die armutsgefährdet sind – 350 000 Kinder, die mehr Stress haben als andere, die kränker sind als andere und die weniger Zukunftschancen haben. Ich erinnere nur daran: Heute im „Morgenjournal“ war ein Beitrag über 32 Studien, die weltweit darüber durchgeführt wurden, wie Kindern, die bildungsbenachteiligt sind, ihre Zukunftschancen genommen werden. Weltweit, global wurde untersucht und aufgezeigt, dass diese Pandemie Kinder benachteiligt.
Stellen wir uns armutsgefährdete Kinder vor: Menschen, die nicht genug zum Leben haben, Kinder, die zu kleine Schuhe tragen, die keine Winterkleidung oder zu wenig Winterkleidung haben, Menschen, die in ihren Wohnungen nicht genug heizen können, sodass Kinder ein wohliges und wärmendes Gefühl verspüren. Diese Kinder haben viel weniger Chancen als jene Kinder und Enkelkinder, die vielleicht Abgeordnete in diesem Hohen Haus in ihrer Familie haben. Ich glaube, auch darüber und genau darüber müssen wir sprechen.
Wenn wir über 24 Millionen Euro für Delogierungsprävention – das hat der Herr Minister in den Vorgesprächen dreimal erwähnt – reden, dann ist das gut, aber es bildet nicht alles ab, was wir gegen Armutsgefährdung tun. Schließlich und endlich haben Sie sich schwarz auf weiß ins Regierungsprogramm geschrieben: Wir wollen in dieser Legislaturperiode die Armut halbieren. – Davon ist keine Rede. Daher müssen wir in diesem Haus über dieses Thema öfter und noch intensiver reden. (Beifall bei der SPÖ.)
9.41
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Scheucher-Pichler. – Bitte.