12.24

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich kann all diesen Jubelmeldungen der ÖVP und der Grünen, was den Arbeitsmarkt betrifft, jetzt nicht ganz zustimmen, denn es sind aktuell rund 350 000 Menschen in Arbeitslo­sigkeit oder in Schulung, es sind 50 000 in Kurzarbeit, Notstandshilfe, Mindestsicherung und so weiter.

Im internationalen Vergleich beziehungsweise in Europa, ich möchte es noch einmal er­wähnen, waren wir bei den Arbeitslosenzahlen früher eigentlich immer auf einem Sto­ckerlplatz, entweder Erster oder unter den ersten drei. Mittlerweile sind wir europaweit auf Platz 14, das heißt, da ist nichts, bei dem ich irgendein Ruhmesblatt erkennen könnte.

Das Budget 2022 könnten wir jetzt im Detail diskutieren, es macht aber, auch aufgrund der aktuellen Entwicklung, nicht wirklich Sinn, denn die Zahlen sind in Wahrheit gewür­felt. Auch jetzt – Sie spüren es im Saal – herrscht Unruhe, es tun sich einige Entwicklun­gen auf, die den Arbeitsmarkt natürlich ganz massiv betreffen werden. Sie werden auch die Unternehmer ganz massiv betreffen, und das ist nichts Gutes, das da kommt, das kann man ganz ehrlich auch so sagen.

Herr Minister Kocher, wir kommen klarerweise um das Thema Corona auch da nicht herum, und ich würde Sie jetzt schon bitten, auch abseits der Zahlen einmal ein paar grundsätzliche Dinge klarzustellen. Sie sagen zwar immer, das wäre die Schuld von Minister Mückstein, Sie könnten nichts dafür – aber Sie sind für den Arbeitsmarkt zu­ständig. Ich glaube, man hat ja als ÖVP dieses Ressort auch deswegen übernommen, weil man den Grünen nicht zugetraut hat, für den Arbeitsmarkt etwas Sinnvolles zu bewegen.

Die Ursprungsidee war ja, dass man dieses Missverhältnis zwischen Arbeitslosen auf der einen Seite und Unternehmen, die Fachkräfte suchen, auf der anderen Seite auflö­sen wollte. Da ist jetzt in Wahrheit aber nicht wirklich etwas geschehen, Herr Minister, außer es ist mir etwas entgangen. Wir haben nach wie vor das Problem, dass Unter­nehmer Fachkräfte suchen, und das, obwohl es so viele Arbeitslose gibt. Das passt nicht zusammen. Dieses Problem werden wir lösen müssen, und zwar möglichst schnell.

Herr Minister, ich habe Sie im Ausschuss auch zur 3G-Regel gefragt: Wie kann man eine solche Regelung für den Arbeitsplatz erlassen – sie gilt mittlerweile drei, vier Wochen, glaube ich – und davor nicht überlegen, wie sie für Unternehmer, aber vor allem für Arbeitnehmer in der Praxis funktionieren kann? An dieser Stelle auch meine deutliche Kritik in Richtung Gewerkschaft, Sozialdemokratie und Arbeiterkammer: Ihr habt da alle Arbeitnehmer im Regen stehen gelassen! Die laufen heute noch am Wochenende herum, um einen Test für Montagfrüh zu bekommen. Das sind alles Dinge, die in der Praxis nicht funktionieren, und da sind viele handwerkliche Fehler passiert, Herr Minister Kocher.

Sie können die Verantwortung dafür nicht immer abschieben, Sie sind der Arbeitsmi­nister. Sie hätten bei der 3G-Regelung eine praxistaugliche Lösung finden müssen. Die Lösung, die es derzeit gibt, hilft weder gegen Corona, noch hilft sie den Unternehmern. Sie hilft aber vor allem auch den Arbeitnehmern nicht, und alle werden da im Regen stehen gelassen. Das ist eine furchtbare Geschichte.

Das nächste Thema ist die Impfpflicht, Herr Minister, denn da sind Sie auch sehr schweigsam. Ihr habt ja, glaube ich, sogar vor, eine generelle Impfpflicht einzuführen, für alle Arbeitnehmer oder zumindest für die Pflegeberufe. Ich habe es gestern gesagt, ich sage es noch einmal: Das ist doch bitte Selbstmord mit Anlauf! Es gibt im Pflege­bereich jetzt schon einen Notstand, sowohl in den Krankenhäusern und Pflegeheimen als auch bei der 24-Stunden-Pflege, und alles, was ihr da jetzt macht, ist kontraproduktiv.

Für die Ausbildung der zukünftig Nachkommenden ist das ja kein Anreiz, wenn man weiß, wie da mit den Leuten umgegangen wird. Es werden sehr, sehr viele Beschäftigte wegbrechen, Tausende, auch in der 24-Stunden-Pflege – die kommen nicht mehr! Ihr lasst da alte Menschen, die auf diese Pflege angewiesen sind, im Regen stehen. Ich bitte euch: Schafft eine Lösung, die praxisgerecht ist, damit dieser Notstand nicht noch größer wird!

Es ist ja bitte Irrsinn, was ihr da vorhabt. Ich kann euch nur auffordern: Bitte bleibt ver­nünftig und findet eine Lösung, die das Problem in der Pflege nicht noch größer macht, als es sowieso schon ist! Das wäre meine Aufforderung, Herr Minister, und da bitte ich Sie, auch einmal ein Machtwort zu sprechen, denn das ist eine Entwicklung, die uns ganz, ganz massiv betreffen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Was auch noch unklar ist: Sollte die Impfpflicht von der ÖVP und den Grünen – leider Gottes unter Mithilfe der Sozialdemokratie und der NEOS – umgesetzt werden, stellen sich ja auch arbeitsrechtliche Fragen, Herr Minister: Wie ordnen Sie das ein, wenn je­mand gekündigt wird, weil er sich nicht impfen lässt? Wie schauen da die Ansprüche aus? Ist das eine Entlassung, ist das eine Kündigung? Wie ist man arbeitsrechtlich abge­sichert?

All diese Fragen, Herr Minister, muss einmal irgendjemand hier im Plenum beantworten, weil die Menschen draußen sich größte Sorgen machen. Ich höre da aber nichts, ich sehe nichts. Wahrscheinlich kommt dann irgendwann am Sonntagabend eine Verord­nung, die ab Montag gilt, die im Detail fachlich schlecht ist und mit der die Menschen draußen im Regen stehen gelassen werden.

Ich kann nur noch einmal aufrufen, vor allem auch die ehemalige Arbeiter- und Ange­stelltenpartei SPÖ: Helft mit, eine Regelung zu finden, damit diese Zehntausenden, Hun­derttausenden Menschen nicht im Regen stehen gelassen werden! Da müssen sich ja die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft einmal wehren und fragen, was das für die Menschen bedeutet: Müssen die sich jetzt von Krankenschwester umschulen auf, weiß ich nicht, Leiharbeiterin, oder wie soll das gehen? Das betrifft im Übrigen auch Selbst­ständige im Gesundheits- und Pflegebereich, die ihren selbstständigen Beruf dann nicht mehr werden ausüben können.

Das sind alles inhaltliche Fragen, Herr Minister – lassen wir die Zahlen weg, denn was nächstes Jahr passiert, werden wir dann sehen –, und ich ersuche Sie, uns diese inhalt­lichen, fachlichen Fragen bitte zu beantworten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.30

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.