10.33

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute die Steuerreform. Da sind einige Punkte dabei, die wir gerne mittragen und unterstützen. Da geht es im Wesentlichen um die Senkung der Steuern auf Arbeit. Es handelt sich einerseits um die Senkung der Tarifstufen der Ein­kommen-, der Lohnsteuer, andererseits um die Erhöhung des sogenannten Sozialver­sicherungsbonus und der Absetzbeträge, die dazu führt, dass Menschen, die für ihr Geld arbeiten, weniger Steuer zahlen. Das ist richtig, das ist wichtig, das unterstützen wir sehr gerne.

Wir anerkennen auch, dass die Regierung durch die Debatte klüger wird. Im ursprüng­lichen Entwurf waren ja ein paar Schildbürgerstreiche drinnen, wie etwa jene, dass die Steuersenkung unterjährig passiert, was zu einem unglaublichen bürokratischen Auf­wand geführt hätte, oder dass man nicht das Instrument des Sozialversicherungsbonus nimmt, sondern die Krankenversicherungsbeiträge senkt und komplizierte Refun­die­rungsvarianten macht. Es ist gut, dass Sie diesbezüglich nicht nur den Vorschlägen der Opposition – der Sozialdemokratischen Partei und auch anderer Oppositionsparteien –, sondern auch jenen von Arbeiterkammer, Gewerkschaft und so weiter Rechnung getra­gen haben. Das unterstützen wir.

Was im Wesentlichen passiert, ist, dass die Steuern auf Arbeit gesenkt werden, und zwar in etwa in der Höhe von dem, was die Menschen durch die kalte Progression mehr an Steuer zahlen – ich glaube, sogar etwas weniger –, denn wir haben in unserem Sys­tem ja eine automatische Steuererhöhung für jene, die arbeiten gehen und aufgrund ihrer Arbeit Steuer zahlen. Man gibt ihnen das zurück. Das ist gut, das finden wir richtig.

Für diejenigen aber, die für ihr Einkommen nicht arbeiten – es gibt ja auch Kapital- oder Vermögenseinkommen –, gibt es keine kalte Progression. Auch für die werden jedoch die Steuern gesenkt, obwohl sie nicht mehr Steuer zahlen. Die Regierung selber sagt in der Prognose: Jene, die für ihr Einkommen arbeiten, werden in den nächsten fünf Jahren um 25 bis 30 Prozent mehr Steuer zahlen – das sind die Regierungszahlen –, und jene, die über Kapital und Vermögen verfügen, werden nicht mehr zahlen als heute. Das sagen die Regierungszahlen. Das lehnen wir ab.

Da stellen wir uns natürlich die Frage: Wieso macht die Regierung das? Wieso ver­schlimmert sie unser Steuerstrukturproblem, dass nämlich Arbeit und Konsum heute zu hoch besteuert werden, Kapital und Vermögen hingegen zu niedrig? Wieso macht sie die Welt diesbezüglich schlimmer? (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vor wenigen Wochen haben wir alle durch die Veröffentlichung von Chatnachrichten ja mitlesen dürfen, was offenbar das Selbstverständnis der ÖVP und der ÖVP-Mitarbeiter in ÖVP-Kabinetten ist. Da schreibt ein altgedientes ÖVP-Kabinettsmitglied einem jungen: Du arbeitest in einem ÖVP-Kabinett! Du bist die Hure der Reichen! – Und der junge, noch nicht so erfahrene, antwortet: Danke, dass wir so offen darüber sprechen können!

Offenbar ist es also das Selbstverständnis der ÖVP und vor allem jener, die man nicht kennt und die die Politik in den Regierungsbüros umsetzen, dass sie für die Reichen und Mächtigen da zu sein haben, und nicht für jene, die jeden Tag fleißig arbeiten gehen, nicht für die breite Masse, nur für die Millionäre, nicht für die Millionen Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir uns ansehen, was diese Steuerreform für diese bedeutet, dann sehen wir: Ja, die ÖVP macht Politik für die Millionäre, für die Milliardäre, aber nicht für die Millionen Österreicherinnen und Österreicher. Sie senkt die Konzernsteuern, also die Steuern für jene Konzerne, die heute – da sind sich alle Experten einig – ohnehin zu wenig bei­tragen.

Ich weiß, es gibt auch viele kleine GmbHs, die jetzt um 100, 200 oder 300 Euro weniger Steuern zahlen werden, aber die Großen zahlen um 1, 2 oder 3 Millionen Euro weniger Steuern. 80 Prozent des Senkungsvolumens entfallen auf 2 Prozent der größten Be­triebe in Österreich. Das heißt, Sie machen Politik für die ganz großen Konzerne. Ein paar Brösel fallen auch für die Kleinen ab, aber Ihnen geht es um die Milliardäre und um die großen Konzerne, nicht um die kleinen Betriebe, denn sonst würden Sie eine ganz andere Politik machen. Dann würden Sie zum Beispiel die Mindestkörperschaftsteuer senken, denn das käme den Kleinen zugute und nicht den Großen. Ihnen aber geht es um die Großen, Ihnen geht es um die Milliardäre und um die Konzerne. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

Wenn wir uns anschauen, wie Sie das im Vollzug machen, wie Sie die Steuergesetze vollziehen oder wie ein Milliardär wie Herr Wolf die Steuerbeamten behandelt, wird einem angst und bang. An dieser Stelle wirklich ein großer Dank an die vielen, vielen Steuerbeamten, denen egal ist, ob jemand Wolf heißt und ein Milliardär ist, und die darauf beharren, dass er – gegen den Willen der ÖVP – genauso seine Steuern zu bezahlen hat. – Danke für das Rückgrat und dass in Wahrheit Sie das aufgedeckt haben! Es waren Beamte, die diese Anzeige gegen namhafte ÖVP-Vertreter gemacht haben, weil sie für die Milliardäre gearbeitet haben.

Da sieht man: Der kriegt eine Steuervorschreibung – ich glaube, es waren 12 Millionen Euro –, Steuern, die er einfach zu zahlen hat. Und was macht die ÖVP? – Sie setzt sich dafür ein, dass er statt 12 nur 7 oder 8 Millionen Euro zahlen muss. Dann muss er noch Zinsen zahlen, und die ÖVP setzt sich dafür ein, dass er diese auch nicht zahlen muss. Die Kleinen müssen jeden Euro zahlen, denen wird das vom Gehalt abgezogen (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Doppelbauer), um jeden Euro müssen sie betteln, damit sie ihn zurückbekommen. Bei den Reichen, bei den Milliardären kümmern Sie sich darum, dass sie möglichst keine Steuern zahlen.

Zur Ankündigung, dass man die Kursgewinnsteuer senken will: Ich weiß, es gibt auch Kleinanleger, die 100, 200, vielleicht 1000 Euro Steuer zahlen müssen und sich freuen würden, wenn sie die nicht zahlen müssten. Da geht es nur um ein paar Millionen Euro, die diese insgesamt weniger Steuern zahlen müssen, es geht aber um Hunderte Millio­nen – Hunderte Millionen! – für die Milliardäre in diesem Land.

Das ist offensichtlich das Selbstverständnis in der Realität der ÖVP, dass sie Politik für die Reichen macht, nämlich für die Milliardäre, und nicht für die Millionen hart arbeitender Österreicherinnen und Österreicher. Wieso die ÖVP das macht, wissen wir aus den Chats. Es ist ihr Selbstverständnis, dass sie sagt: Wir als ÖVP sind die Hure der Reichen! Wieso die Grünen da mitmachen, ist mir ein Rätsel. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte sehr, Herr Klubobmann.