16.44

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Ministerinnen, geschätzte Minister, insbesondere Herr Gesundheitsminister! Wir laden euch Abgeordnete hier in diesem Haus allesamt heute ein, uns bei diesem Gesetz zu begleiten, mitzudenken und am Ende des Tages die Entscheidung zu treffen, ob es sich wirklich auszahlt, ein Impfpflichtgesetz zu beschließen oder nicht.

Sie selbst – und ich appelliere da an den Gesundheitsminister – haben in dieses Gesetz die Impfpflicht nicht eingezogen, die haben Sie ausgeschlossen. Sie haben in § 1 Abs. 3 hineingeschrieben, dass unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt ausgeschlossen ist. Das heißt, kein Österreicher und keine Österreicherin ist verpflichtet, sich impfen zu lassen – keiner. (Abg. Meinl-Reisinger: Doch! Doch!)

Sie sind aber hergegangen und haben es sich einfach gemacht: Sie haben sich ja eh gratuliert, dass die Krankenanstalten jetzt mit Kohle gefüllt werden, nämlich dadurch, dass Sie allen Österreicherinnen und Österreichern, die sich nicht impfen lassen, zwangsweise eine Strafe auferlegen werden. Das ist Ihr Gesetz!

Das ist Ihr Gesetz, in dem Sie sich sogar erdreisten, es auf die 14- bis 18-Jährigen herunterzubrechen, obwohl Sie – wie Sie wissen, wenn Sie ihre Stellungnahmen ge­lesen haben – sowohl die Organisation der Pädiater als auch die Hebammen zwingend darauf hingewiesen haben, dass Sie das nicht machen sollen: Nehmen Sie 14- bis 18-Jährige nicht hinein! (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) – Das haben Sie ins Gesetz hineingeschrieben.

Dann gehen Sie einen Schritt weiter. Sie nehmen das heraus und gehen bei diesen Jugendlichen, die vielleicht nicht die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit haben, sogar so weit, dass Sie ihrem gesetzlichen Vertreter – und das ist das Schlimme dabei, zum Beispiel bei einem behinderten Kind oder einem Kind, das die Einsichtsfähigkeit nicht hat – auferlegen, dass er eine Entscheidung darüber treffen muss, dass es sich impfen lassen muss. Und wenn er das tut und sich dagegen entscheidet, dann muss der gesetzliche Vertreter die Folgen tragen.

Das heißt, Sie strafen doppelt, und das ist in Ihrer Begriffsbestimmung in § 1 drin.

Sie gehen aber noch weiter – weil Sie den ehemaligen Innenminister angegriffen haben – und erdreisten sich, eine wunderbare Darstellung vom Montag zu machen. Kein Mensch aber hat sich irgendwann einmal die Stellungnahme der Arge Daten durchgelesen. Haben Sie denn irgendeine Vorstellung, was in dieser Stellungnahme der Arge Daten drinnen gestanden ist?

Sie setzen ein Gesetz mit 1. Februar in Kraft und haben die technischen Voraus­setzun­gen dafür nicht. Elga ist nicht in der Lage, die Daten zu liefern. Sie gehen aber auf der an­deren Seite her und schauen sich eine Datenschutz-Grundverordnung an. Ich gebe Ihnen einen Tipp mit: Sollte sie auch öffentlich-rechtlich durchsetzbar sein, dann ist jeder Ein­zel­fall mit 20 Millionen Euro zu bestrafen oder mit 4 Prozent des Unternehmensumsatzes. Österreich hat 100 Milliarden Euro Umsatz. Lassen Sie 4 Milliarden Euro herrichten, denn das wird am Ende des Tages Ihr Strafrahmen sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt sind wir nur auf der einfachgesetzlichen Ebene, auf der schon solch ein Mist in diesem Gesetz drinnen ist, und sind noch nicht auf die Verhältnismäßigkeit im Verfas­sungsrang eingegangen. Sie wissen seit der Entscheidung vom März 2012, Entschei­dung U 466/11 ua, dass auch die Europäische Grundrechtecharta eine ganz klare Vorgabe beim Eingriff in die Gesundheit beziehungsweise in die körperliche Unversehrt­heit des Menschen gemacht hat. Sie zitieren immer den tschechischen Fall, der über­haupt keine Datengrundlage gehabt hat, um dieses Verhältnismäßigkeitsurteil beim Europäischen Gerichtshof aufzuheben.

Das wird Ihre Nagelprobe werden. Sie haben so viele Eingriffe in die Verhältnismäßigkeit von einzelnen Grundrechten begangen, dass sich letztendlich jeder Verfassungsrichter bereits jetzt im Klaren darüber sein muss, dass dieses Gesetz aufgehoben werden muss.

Sie waren bis jetzt mit Ihren eigenen Fachbeamten nicht in der Lage, das alles um­zusetzen. Übrig bleibt das Strafen, übrig bleibt im Grunde genommen, dass Sie jeden Österreicher, der, wenn er dem Robert-Koch-Institut folgt, alle drei Monate eine Strafe erhält, am Ende des Tages mit 2 400 Euro belasten. Sie treiben die Österreicher dadurch in die Verschuldung, dass Sie mit einem Impfgesetz deren freie Meinungsäußerung zwangsweise unterbinden wollen. Das ist einfach nur abzulehnen und von unserer Seite auch nicht nachvollziehbar. (Beifall bei der FPÖ.)

Denken Sie an die Verfassung, denken Sie an Hans Kelsen, der uns das vorgegeben und ganz klar dargelegt hat, dass die Grundrechte das höchste Gut der Österreicher sind. Wir sind dieser Verfassung verpflichtet. Entscheiden Sie nach Ihrem Gewissen und nicht nach Parteijargon. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Gute Rede! Sehr gute Rede! – Abg. Hafenecker: Da können sich die anderen ein Scheiberl abschneiden!)

16.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt wird es wieder schlechter!)