10.40

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben eine Verantwortung und die haben wir in vielen Fällen wahrzunehmen, sei es in der Umwelt- und Klimapolitik, sei es aber auch gegenüber der Gesellschaft. Wir müssen schon erkennen, dass der Wohlstand in Europa sehr stark auf der Globalisierung und der Arbeitsteilung in unserer Welt basiert.

Allein hier wird heute jeder ziemlich wahrscheinlich mindestens ein Kleidungsstück tragen, das nicht in Europa erzeugt wurde, daher ist es umso wichtiger, genau hinzu­sehen, wie diese Produkte und Waren erzeugt werden. Österreich ist ein Exportland, das ist wichtig für unsere Wirtschaft, die exportabhängig ist. Daher müssen wir auch genau darauf achten, dass wir faire Rahmenbedingungen haben, dass wir mit unseren Produkten in der ganzen Welt entsprechend funktionieren können. Es geht aber auch darum, solche Rahmenbedingungen zu haben, die die Betriebe letztendlich auch erfüllen können, damit wir sie nicht mit einer überbordenden Bürokratie lähmen.

Covid hat uns gezeigt, wie Lieferketten zusammenbrechen können, wie wichtig es für die europäische Souveränität ist, europäische Produktion zu haben. Wir müssen auch wieder neue Kompetenzen und Infrastrukturen aufbauen, dürfen aber auf diesem Weg unsere Partner in der ganzen Welt nicht vernachlässigen. Wir müssen in den ver­schiedensten Ländern auch entwickeln und mitentwickeln, dafür ist die Wirtschaft eine sehr, sehr gute Brücke.

Der Fokus dieses Lieferkettengesetzes liegt sehr stark im Bereich Textil, Agrar und Fischerei. Wenn wir uns das anschauen: Gerade der Bereich Textil ist wahrscheinlich einer der umstrittensten, der Wettbewerb beim Preis ist sagenhaft. Da werden wir genau hinschauen müssen. In der Agrarproduktion zeichnet sich ein etwas anderes Bild ab, da haben wir sehr klare Prozessstandards für die Produktion in Europa, wir haben auch klare Produktstandards für den Import agrarischer Produkte, aber hinsichtlich Prozess­standards in den Ländern haben wir keine Handhabe. Da müssen wir, wenn es um Frei­handelsabkommen und dergleichen geht, noch genauer hinschauen, dass auch Prozesse in der Produktion der Lebensmittel genau kontrolliert werden, dass wir einer­seits mit europäischer Qualität punkten können, uns aber nicht Märkte mit Produkten, die unter schlechteren Bedingungen erzeugt werden, und einen Druck bei den Preisen aufbauen.

Bei der Fischerei ist es so, dass wir natürlich  gerade wenn wir die österreichische Fischproduktion betrachten  noch ein ordentliches Potenzial haben. Österreich produ­ziert rund 6 Prozent des Fisches, der in Österreich verbraucht wird, selbst. Das heißt auf das Jahr umgerechnet, am 20. Jänner ist es vorbei mit dem österreichischen Fisch, und was den Heringsschmaus am Aschermittwoch betrifft: Auch der Hering schwimmt ja bekanntlich nicht in der Donau.

Wir wissen, dass wir gerade in der Fischproduktion sehr stark vom Import abhängig sind. Auch da müssen natürlich entsprechende Rahmenbedingungen eingehalten werden, wenn es letztendlich um die Befischung der Meere – weltweit – geht.

Wir müssen aber die Bevölkerung schon auch über die Konsequenzen davon infor­mieren, denn das heißt, dass Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs teurer werden. Wenn höhere Standards da sind, wenn höhere Löhne bezahlt werden, dann werden Produkte teurer. Das Haushaltseinkommen muss dann oft neu bewertet werden, Gegenständen, Produkten muss ein neuer Wert zugeordnet werden. Dazu sind alle auf­gefordert. Es kann aber nicht sein, dass wir seitens verschiedenster Vertretungen An­griffen ausgesetzt sind, wenn die Preise steigen und wenn wir da etwas entwickeln, denn viele Handgriffe brauchen eine Bezahlung, und wenn diese Bezahlung nicht entsprechend ausfällt, dann wird das nicht funktionieren.

Diese Ehrlichkeit sollten wir aber gegenüber der Bevölkerung haben. Wir haben uns viele Jahrzehnte einen Wohlstand auf Kosten anderer erarbeitet. Das jetzt zurückzufahren braucht einen Prozess, den wir entsprechend begleiten müssen. Dieses EU-Regulativ muss auch so ausgestaltet sein, dass es treffsicher ist. Wir dürfen nicht in die Falle tappen, mit einer überbordenden Bürokratie kleine und mittlere Betriebe so zu belasten, dass sie dann am Wettbewerb nicht mehr teilnehmen können, und Großkonzerne, die entsprechend agieren können, ein freies Feld haben.

Wir sehen das sehr, sehr stark im Bereich der Finanzwelt, im Bereich der Versiche­rungswelt. Wie viele österreichische Banken haben wir noch – da werden Ihnen nicht viele einfallen – und von welchem Regulativ sind die kleinsten Regionalbanken zum Teil betroffen? So können sie mit internationalen Großkonzernen nicht mithalten. Diesen Fehler dürfen wir entlang des Lieferkettengesetzes nicht machen.

Ich hoffe, dass das Europäische Parlament mit dieser Gesetzesvorlage in Brüssel sorg­sam umgeht, dass wir den Effekt, den wir erreichen wollen, letztendlich auch wirklich generieren können und nicht die europäische Produktion schädigen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Rössler.)

10.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yildirim. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.