19.27

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abge­ordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu so später Stunde! Ich darf mich an­schließend an viele Reden jetzt auch wirklich freuen. Ich glaube, was wir heute hier auf dem Tisch haben, bedeutet wirklich einen Freudentag für die österreichische Umwelt. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Bernhard.)

Wir bringen mit dieser Novelle wirklich umfangreiche Maßnahmen für den Klimaschutz, für die Kreislaufwirtschaft, auch für den Natur- und Umweltschutz auf den Weg (Abg. Rauch: Wenig! Sehr wenig! Gar nichts!), und wir bringen das mit dem Umweltförde­rungsgesetz in einer etablierten Form, in einer gut funktionierenden Form auf den Weg. Danke auch für die Beiträge, die in dieser Hinsicht das schätzen können, was da drinnen ist; ich glaube, das ist ein wirklich großes Paket, über das wir uns alle gemeinsam sehr freuen können.

Die zweite, ganz grundlegende Frage, auf die ich eingehen wollte: Es ist ja möglich – weil dieses Paket ein zentraler Teil unseres Wiederaufbauplans ist –, dass wir dafür auch europäische Mittel verwenden, und ich freue mich insbesondere darüber, dass Öster­reich im europäischen Vergleich da wirklich ganz, ganz vorne dabei ist. Wir haben in unserem Wiederaufbauplan einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Mitteln aus dem RRF für den Umweltschutz, für den Klimaschutz vorgesehen. Im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten liegen wir da als Spitzenreiter wirklich ganz, ganz vorne. Es waren 37 Prozent gefordert, wir investieren als Bundesregierung in Österreich 58,7 Prozent in den Klima-/Umweltschutz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wurde bereits erwähnt: Wir investieren insgesamt 709 Millionen Euro aus dem RRF, und mit diesen Mitteln werden wir wirklich wesentliche Impulse setzen. Johannes Schmuckenschlager hat es gerade ausgeführt; ich werde auf die sieben Vorhaben, für die dieses Gesetz jetzt eine Rechtsgrundlage bietet, noch im Detail eingehen, möchte zuerst aber auch noch auf die Abwicklung eingehen.

Die Förderschienen werden bis 2026 im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes abge­wickelt. Der Start der Förderungen, das ist mir auch wirklich persönlich ein Anliegen, soll so schnell wie möglich erfolgen. Die Vorarbeiten im Ministerium laufen also auf Hoch­druck, und ein Großteil der Förderungen wird daher tatsächlich ab Anfang bis Mitte April 2022 zu beantragen sein und starten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Erlauben Sie mir, dass ich auf die einzelnen Teile eingehe. Jeder einzelne davon würde eine eigene Rede verdienen, aber keine Sorge, ich schaue auch auf meine Redezeit.

Das Erste ist die Sanierungsoffensive Raus aus Öl und Gas: Sowohl Michi Bernhard als auch Johannes Schmuckenschlager haben sehr deutlich formuliert, dass es gerade jetzt sehr wichtig ist, dass im Umweltförderungsgesetz wirklich viele Mittel für diesen Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen, für die Unabhängigkeit auch im Wärmebereich drinnen sind, da wir gerade jetzt, glaube ich, sehr deutlich sehen und spüren und alle mitbekommen, was diese Abhängigkeit bedeutet. (Abg. Rauch: Das machen wir mit Atomstrom, oder? Das machen wir mit Atomstrom?) Deswegen gehen 158,92 Millionen Euro in die Sanie­rungsoffensive und auch in die soziale Abfederung – Julia Herr hat es vorhin erwähnt –, die mir ein besonderes Anliegen ist. Wir haben da jetzt auch mit den Bundesländern eine gute Lösung, dass wir denen, die es brauchen, bis zu 100 Prozent ersetzen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben zusätzlich zur Bekämpfung der Energiearmut, auch das ist ein wichtiger Extrateil, noch einmal 50 Millionen Euro. Wir werden in einem ersten Schritt, auch das kann ich schon mitteilen, eine Ausschreibung machen, mit der wir die Heizungs­um­stellung in Gebäuden, die sich ganz speziell dadurch auszeichnen, dass darin einkom­mensschwache Personen leben, unterstützen. Das können zum Beispiel Wohnheime für obdachlose Personen, Frauenhäuser oder Pflegeheime sein, die von sozialen Ein­richtungen geführt werden. Wir schauen da wirklich auch sehr genau hin, dass wir dort, wo es schwierig ist, das zu finanzieren, auch unterstützen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Biodiversitätsfonds, ganz speziell auch für Herrn Abgeordneten Rauch, weil er darauf großen Wert legt, anschließend an Frau Abgeordnete Rössler, und Herr Schmuckenschlager hat es auch hervorgehoben: Es gibt erstmals einen nationalen Biodiversitätsfonds, den wir in Summe mit 80 Millionen Euro speisen. Damit haben wir wirklich ein taugliches Instrument für die österreichische Artenvielfalt in der Hand. Mir war es auch wichtig, dass wir diesen langfristig absichern, dass er deswegen auch ge­setzlich im UFG verankert ist, wo er an eine bewährte Abwicklungsstruktur anknüpft. Wir haben, auch das ist schon erwähnt worden, dafür gesorgt, dass wir mit einer neuen begleitenden Kommission, in der auch alle parlamentarischen Fraktionen vertreten sind, eine gute Abwicklung garantieren können. Die Mittel setzen sich bis 2026 aus 50 Millionen Euro aus dem RRF und 30 Millionen Euro aus nationalen Mitteln zusam­men. Wir schauen da wirklich auf die Hotspots: Wo brauchen wir dringend zusätzliche Mittel zur Erhaltung, um Gefährdungsursachen zu reduzieren, aber auch um geschä­digte Ökosystem wiederherzustellen?

Ein ganz besonderer erster Schwerpunkt ist, die Datenlage zu Zustand und Trends der Vielfalt in Österreich zu verbessern, denn man kann nur zielgerichtet hinschauen und agieren, wenn man weiß, wie der faktenbasierte Zustand tatsächlich ist. Auch das wer­den wir mit diesen Mitteln aus dem Biodiversitätsfonds machen, denn wir brauchen eine gesunde Natur auch zur Bekämpfung der Klimakrise; die zwei Dinge hängen zu­sammen. Dabei wird der Biodiversitätsfonds einen essenziellen Beitrag leisten, und darüber freue ich mich wirklich sehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Bereich Kunststoff/Kreislaufwirtschaft, der uns ja auch in diesem Haus mit dem Abfallwirtschaftsgesetz und der Novelle dazu schon intensiv beschäftigt hat, ist ganz wichtig. Wir haben im UFG in Summe 110 Millionen Euro für Leergutrücknahmesysteme und Maßnahmen zur Steigerung der Mehrwegquote vorgesehen. Wir nehmen beson­ders  und ich weiß, das ist vielen, vielen Menschen hier in diesem Haus ein Anliegen  auf kleine Lebensmittelhändler Rücksicht. Wir können dank einer guten Regelung, die wir für die kleinen Lebensmittelhändler gefunden haben, bis zu 100 Prozent der Inves­titionskosten für die Rückgabeautomaten im Pfandsystem fördern. Die Umstellung auf Mehrweggetränkeflaschen werden wir auch unterstützen, sowohl betreffend Ausbau und Neubau von Abfüllanlagen als auch Normgebinde.

Kunststoff ist ein weiteres Thema auch bei den Sortieranlagen, dafür gibt es 60 Millionen Euro. Warum?  Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen: Es gibt ambitionierte Ziele seitens der EU, wir müssen unsere Recyclingquote bis 2025 verdoppeln. Das ist ein wirklich ambitioniertes Ziel. Wir haben schon Schritte gesetzt, das Einwegpfand ist ein Schritt dahin. Betreffend Vereinheitlichung der Kunststoffsammlung bin ich immer wieder überrascht, wenn ich sehe, in welche Detailtiefe wir da zwischen Salzburg Stadt und Salzburg Land und mit vier unterschiedlichen Systemen in Niederösterreich ziseliert waren. Jetzt machen wir es einfacher und über die Verpackungsverordnung einheitlicher für alle, aber der Flaschenhals, und den gehen wir damit an, das sind noch immer die Sortieranlagen, die in Österreich teilweise veraltet sind. Um die Recyclingziele zu er­reichen, muss also auch da etwas geschehen. Aus diesem Grund sind eben in diesem Paket auch für die Sortieranlagen von Kunststoffverpackungen 60 Millionen Euro vorgesehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Reparaturbonus ist schon vielfach hervorgehoben worden, ich freue mich wirklich, wenn er startet. Wir brauchen eine Trendwende aus dem Kreislauf, den Julia Herr be­schrieben hat. Das muss ein Kreislauf werden, in dem die Rohstoffe wieder in den Kreislauf zurückkommen und nicht irgendwo am Ende des Lebens ungenutzt bleiben. Wir wollen eine sehr unkomplizierte Abwicklung, indem die Reparaturbetriebe, meistens Klein- und Kleinstbetriebe, österreichische Unternehmen, direkt mit der Förderstelle abwickeln können. Bis zu 50 Prozent, bis zu 200 Euro der Kosten werden ersetzt. Da gilt der Dank den Bundesländern – Oberösterreich war der Wegbereiter für einen Reparatur­bonus, die Stadt Graz hat einen gehabt, das Land Wien hat auch sehr erfolgreich einen eingeführt. Auf diesen Erfahrungen können wir aufbauen und jetzt einen guten Bonus anbieten, der bundesweit für alle Länder zur Verfügung steht. Salzburg habe ich noch vergessen, es soll natürlich nicht vergessen werden, es gab viele gute Erfahrungen aus den Bundesländern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

An Michi Bernhard noch ganz kurz: Beim Reparieren geht es einerseits darum, die Hürde bei den Kosten zu senken, sodass Reparieren im Vergleich zu einem neuen Produkt wieder attraktiver wird. Dafür sorgt der Bonus. Es ist aber natürlich nicht das Einzige, was wir in dem Bereich machen. Auf EU-Ebene ist gerade das Recht auf Reparatur, die Reparaturfähigkeit von Geräten überhaupt zu ermöglichen, intensiv in Diskussion. Auch das wird, denke ich, ganz in deinem Sinne ein Hebel sein, damit wir überhaupt hinsichtlich Kreislaufwirtschaft und Reparaturfähigkeit vorankommen.

Ein Thema, das Abgeordnetem Keck und vielen von uns in diesem Raum, die sich mit den großen Herausforderungen, die die Transformation der Industrie bedeuten, aus­einandersetzen, immer sehr wichtig war: Wir haben in diesem UFG auch 100 Millionen Euro für die Transformation der Industrie zur Hand. Einerseits sind es klassische Inves­titions­förderungen, aber was besonders wichtig ist, ist, dass wir die Grundlage für ein neues Instrument schaffen, nämlich für die Abgeltung im Bereich von höheren Betriebs­kosten. Wir sehen, dass die Kosten der Technologiesprünge gerade im Anfangsstadium, also wenn sie sozusagen gerade aus der Innovationsphase herauskommen, oft noch höher sind als die einzuberechnenden Kosten der CO2-Bepreisung des ETS-Systems. Diesen Unterschied, der dann am Markt ein Thema ist, gerade wenn es  in diesen ersten Phasen, bis sich das umdreht  um Wirtschaftlichkeit und Konkurrenzfähigkeit zu herkömmlicher Produktion geht, kann eben eine Betriebsförderung abgelten. Im UFG schaffen wir damit auch die Grundlagen, dass wir in Österreich weiterarbeiten und weiterdenken können. Das ist ein riesiger Schritt; in Deutschland wird er gerade intensiv diskutiert, wir haben die Grundlage dafür geschaffen. Danke dafür, dass das gelingt.

Der letzte Punkt, auf den ich noch kurz eingehen möchte: klimafitte und resiliente Orts­kerne, 50 Millionen Euro für die Stärkung der Ortskerne. Da geht es um zwei große Schwerpunkte: einerseits darum, Fernwärme, Nahwärme in die Ortskerne zu bringen, also in jene Gebiete zu bringen, wo es bisher Gasversorgung gibt. Das ist ein weiterer Schwerpunkt  wie von Johannes Schmuckenschlager und Michi Bernhard ange­sprochen  im Bereich Raus aus Öl und Gas. Da geht es insbesondere darum: Wie können wir HeizwerksbetreiberInnen motivieren, dass sie ihre Leitungen in derzeit gas­versorgte Gebiete legen? Wie schaffen wir es, da attraktiver zu sein? Wir wollen durch diese Förderung die Betreiber und auch so viele wie möglich im Ortszentrum dazu motivieren, umzusteigen, damit sich ein Wärmestrang einer erneuerbaren Wärmever­sorgung auch lohnt ein ganz wichtiger Teil.

Der zweite Schwerpunkt ist Flächenrecycling – Michi Bernhard hat es vorhin auch ange­sprochen –, das ist ein ganz wichtiger Impuls aus dem UFG für die Reduktion der Flächeninanspruchnahme. Für alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Raum: Das kann auch von den Gemeinden beantragt werden.

Astrid Rössler hat es vorhin schon gesagt, ganz wichtig ist auch, dass die Zielbestim­mungen auf der Höhe des 21. Jahrhunderts sind. Wir haben die Gesundheit aufgenom­men, denn was gut für die Umwelt ist, ist auch gut für uns: saubere Luft, sauberes Wasser, weniger Luftschadstoffe, weniger Lärm; deswegen steht das auch noch einmal klar in der Zielbestimmung.

Sie sehen, das ist wirklich ein rundes Paket, ein großes Paket, ein Freudentag für den Umweltschutz, für den Klimaschutz, für viele Menschen und Betriebe im Land, denn darum geht es ja: Wir ermöglichen es mit diesem Gesetz vielen Menschen, vielen Unter­nehmen, wirklich einen Beitrag zu leisten, beim Klimaschutz, bei der Energiewende dabei zu sein. Ich hoffe daher, dass Sie das mit einer breiten Mehrheit für dieses Gesetz mitermöglichen. – Ganz herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.40

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Lukas Hammer zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Abgeordneter.