16.05

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Herren Mi­nister! Hohes Haus! Die Hospiz- und Palliativversorgung ist schon viele Jahre ein politi­sches Stiefkind, das immer wieder vergessen wurde. Vorhin wurde zu Recht die frühere Kollegin Aubauer begrüßt. In den Jahren 2013 und 2014 hat die Enquete-Kommission „Würde am Ende Lebens“ getagt und eigentlich viele kluge Dinge beschlossen, die bis heute ihrer Umsetzung harren.

Wenn wir uns den vorliegenden Gesetzentwurf anschauen, dann ist dieser natürlich bes­ser als das, was bisher war. Das möchte ich jedenfalls anerkennen. Ich möchte aber ausführen, warum wir gegen diese Gesetzesvorlage stimmen: weil es da noch einen langen Weg zu gehen gilt.

Zuerst einmal ist eine zweijährige Übergangsfrist vorgesehen. Das heißt, wir müssen jedenfalls noch einmal zwei Jahre warten, bis das System in die Gänge kommt. Von einer Regelfinanzierung, wie sie im Regierungsprogramm steht, kann überhaupt keine Rede sein. Es wird ein gemeinsamer Fördertopf mit einer geplanten Drittelfinanzierung eingerichtet: Bund, Länder, Sozialversicherung. Es gibt für diesen Fördertopf aber keine Qualitätskriterien, es gibt keine Zielgrößen, keine Tarife, nach denen abgerechnet wird. Das wird alles erst im Nachgang erarbeitet, sodass wieder einmal eine leere Hülle da­steht.

Dann komme ich zu einem ganz entscheidenden Punkt, an dem auch das Positive die­ses Gesetzes noch scheitern könnte – das wird ja gerne verschwiegen. Wenn Sie die Stellungnahmen aus der Begutachtung gelesen haben, dann wissen Sie, dass die So­zialversicherung eine negative Stellungnahme eingereicht hat, verbunden mit einem ver­fassungsrechtlichen Gutachten, weil die Sozialversicherung der Ansicht ist, dass da ein Verfassungsbruch vorliegt, weil der Gesetzgeber zu Unrecht in die Finanzhoheit der So­zialversicherung eingreift, weil man es offensichtlich nicht für notwendig befunden hat, betreffend Drittelfinanzierung vielleicht auch mit der Sozialversicherung zu reden und sie vielleicht mit ins Boot zu holen. Das ist nämlich die Art, wie da Politik gemacht wird, und da unterscheiden sich die Grünen von den Schwarzen leider gar nicht.

Die Sozialversicherung bemängelt in ihrer Stellungnahme auch, dass die Zielsteuerung fehlt. Es gibt auch keine saubere Abgrenzung und in der Folge ist die Zusammenarbeit ungeklärt: Was macht die Hospiz- und Palliativversorgung im Krankenhausbereich, im Pflegebereich und was machen private Dienste? Das ist auch in jedem Bundesland anders organisiert. Die Abgrenzung, was in den Bereich Soziales fällt, was in den Be­reich Pflege und was in den Bereich Gesundheit, ist in jedem Bundesland anders gere­gelt. Wir haben keine einheitliche Logik zustande gebracht. Das wird in weiterer Folge sehr übersichtliche Berichte aus den Ländern zur Folge haben, sodass man dann gar nicht sagen kann, was eigentlich jedes Bundesland konkret mit dem Geld aus diesem gemeinsamen Topf finanziert hat.

Mehr Geld für Hospiz- und Palliativversorgung ist notwendig, aber dass man nach so vielen Jahren so ein schwaches Gesetz liefert, ist ein Armutszeugnis für das Ministerium. Damit das besser wird, bringe ich nachstehenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Finanzierung des Hospizausbaus“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die ein­heitliche Finanzierungsströme sowie nachvollziehbare Planungs-, Abrechnungs- und Umsetzungspläne für einen qualitätsvollen und langfristigen Ausbau der Hospiz- und Palliativangebote unter Berücksichtigung aller involvierten Parteien vorsieht und nicht auf kurzfristigen Verordnungsermächtigungen basiert.“

*****

Da möchte ich noch einen Satz anhängen: Dieses Gesetz gibt es ja nur, weil der Ver­fassungsgerichtshof dafür gesorgt hat, dass der assistierte Suizid zugelassen wird, sonst gäbe es das bis heute nicht. Sie haben den assistierten Suizid so restriktiv geregelt, dass er für die Menschen in der Praxis nach wie vor nicht zugänglich ist. Das war leider abseh­bar und ist eine Zumutung für die Betroffenen. (Beifall bei den NEOS.)

16.10

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Finanzierung des Hospizausbaus

eingebracht im Zuge der Debatte in der 143. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1290 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Hospiz- und Palliativ­fonds und über die Gewährung von Zweckzuschüssen an die Länder zur finanziellen Unterstützung der Hospiz- und Palliativversorgung ab dem Jahr 2022 (Hospiz- und Pal­liativfondsgesetz – HosPalFG) erlassen sowie das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden sowie über den Antrag 1484/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich (1332 d.B.) – TOP 10

Auf Basis des Urteils des Verfassungsgerichtshofes zur Hilfeleistung bei der Selbsttö­tung(1) wurde das Sterbeverfügungsgesetz gerade noch rechtzeitig im Parlament be­schlossen. Damit ein derartiges Gesetz überhaupt erst zur Anwendung kommen kann, ist ein Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung nötig, der mit dem Hospizausbauge­setz Rechnung getragen werden soll. Theoretisch stellt durch die gemeinsame Mittelbe­reitstellung die Gesetzesvorlage zwar eine Annäherung an eine Regelfinanzierung dar und erfüllt einige der notwendigen Anforderungen, die von der GÖG erarbeitet wurden (2). In der Praxis wird damit aber lediglich ein weiterer Fördertopf geschaffen, mit dem unter sich durch Verordnungen ändernden Bedingungen keine langfristige Verbesserung des Systems geschaffen wird. So müssen beispielsweise die Qualitätskriterien für die Ge­nehmigung der Zweckzuschüsse seitens des Ministeriums erst bis Ende des Jahres erarbeitet werden, die Tarife erst bis Ende des Jahres 2023. Das Gesetz ist damit wieder eine reine Ansammlung von Verordnungsermächtigungen, die einerseits noch lange nicht erarbeitet werden müssen und von denen andererseits nicht zu erwarten ist, dass dies in absehbarer Zeit geschieht. So sind die ersten zwei Jahre als Übergangsfrist vor­gesehen, was bedeutet, das keine tatsächlichen Veränderungen der Angebote zu er­warten sind.

Anstelle derartiger Scheinmaßnahmen ist aber ein echter Ausbau und eine klare Verein­heitlichung der Zuständigkeiten nötig. So wird nach wie vor nichts an den unterschied­lichen Kompetenzen in den Bundesländern geändert, die Abteilungen Soziales und Ge­sundheit werden in allen Bundesländern weiterhin keine einheitliche Vorgabe zur Zu­sammenarbeit haben, wie Überschneidungen zwischen krankenhausstationären Ange­boten, Pflegeleistungen und privaten Diensten abgerechnet und voneinander getrennt werden, ist eher unklar und es ist anzunehmen, dass die Abrechnung der verschiedenen Angebote zu unübersichtlichen Berichten und individuellen Gewichtungen in verschiede­nen Bundesländern führen werden. Dem einzelnen Patienten wird damit aber einerseits nicht unbedingt geholfen sein, wenn es keine klaren Vorgaben für das Planungswesen und dessen Abstimmung mit Sozial-/ Pflegeangeboten sowie stationären Angeboten im RSG gibt.

Des Weiteren ist mit dem aktuellen Gesetzesvorschlag kein tatsächlicher Ausbau oder eine Verfügbarkeit der Zuschüsse garantiert, da die Bundesmittel nur im Falle der Be­reitstellung durch alle Parteien (Träger der Sozialversicherungen und der Bundesländer) garantiert wird und diese beteiligten Parteien nicht unbedingt im Entstehungsprozess des Gesetzes involviert waren beziehungsweise dessen Verfassungsmäßigkeit stark an­zweifeln. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass mit dem vorliegenden Entwurf ein tatsächlicher Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung erfolgen kann oder wird.

(1)  https://www.vfgh.gv.at/medien/Toetung_auf_Verlangen_Mithilfe_am_Suizid.php

(2)  https://goeg.at/sites/goeg.at/files/inline-files/HOS_PAL_Regelfinanzierung_Kurzfas­sung__bf.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die ein­heitliche Finanzierungsströme sowie nachvollziehbare Planungs-, Abrechnungs- und Umsetzungspläne für einen qualitätsvollen und langfristigen Ausbau der Hospiz- und Palliativangebote unter Berücksichtigung aller involvierten Parteien vorsieht und nicht auf kurzfristigen Verordnungsermächtigungen basiert."

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sirkka Prammer. – Bitte sehr, Frau Abgeord­nete.