16.21

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Gesundheitsminister! Geschätzter Herr Arbeitsminister! „Gehen Sie es endlich an!“, war der letzte Satz des Redebeitrags der Frau Kollegin, und ich glaube, da ist jetzt einmal ein erster Schritt gesetzt. Mit den Damen, die heute auf der Galerie Platz ge­nommen haben, hat sich auch gezeigt, dass wir dieses Thema nicht erst seit gestern haben, sondern es über viele Jahre hinweg eine Leidenschaft von vielen Politikern aller Couleur gewesen ist.

Ich kann mich daran erinnern, als ich selbst vor zwölf Jahren das erste Mal im Bun­desland Kärnten geschaut habe, was man da organisieren kann. Interessanterweise war Deutschland relativ weit voran und hat damals seine ersten Hospizzentren für Kinder entwickelt. Wir haben uns das damals in Köln angesehen. Das war tief beeindruckend, aber natürlich auch emotional sehr mitnehmend, weil man sich erst in diesem Rahmen bewusst geworden ist, wie viele Aspekte eine Hospiz- und Palliativversorgung hat und welch unterschiedliche Strukturen dafür notwendig sind.

Es geht nicht nur um den körperlichen Bereich und auch nicht nur um den geistigen Bereich, sondern es fließen viele spirituelle und emotionale Punkte mit ein, wobei die Familie mitzunehmen ist. Ich glaube daher, dass es ganz wichtig ist – und dafür gilt dem Minister heute auch mein Dank –, dass dieser erste Schritt gesetzt worden ist, dass wir einen ersten Ansatz haben. Ich hätte mir aber – eine Nuance im Unterschied zu den Grünen – erwartet, daraus einen klaren Rechtsanspruch abzuleiten.

Ich bin daher auch bei meinem Kollegen Loacker, dass wir in einer zweiten Phase natür­lich vertieft dafür eintreten müssen, denn wenn wir eine Wartezeit von zwei Jahren ha­ben, dann müssen wir schon jetzt schauen, dass wir eine Regelung finden! Das heißt, wir wollen konstruktiv mit dabei sein und deswegen haben wir auch einen zweiten Ent­schließungsantrag vorbereitet, da wir uns gefragt haben, wohin denn diese Personen jetzt in dieser Übergangsphase kommen.

Das gilt ja nicht nur für den Hospizbereich als besonderen Teil der Pflege, sondern viel­fach brauchen wir das auch für die Regelversorgung der älteren Menschen. Daher ist es, glaube ich, notwendig, in dieser Phase auch eine Förderung für die Übergangspflege einzuführen. Dem wollen wir mit diesem Entschließungsantrag Ausdruck verleihen.

Ich darf dementsprechend den folgenden Antrag einbringen und verlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Förderung der Übergangspflege“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage für ein ‚Übergangspflege-Förderungsgesetz‘ zuzuleiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

- Rechtsanspruch auf eine rehabilitative Pflege und Betreuung von bis zu 12 Wochen (84 Tage) pro Kalenderjahr als Überbrückungshilfe nach der Akutbehandlung in einem Krankenhaus und vor der Entlassung nach Hause.

- Finanzierung durch den jeweiligen Sozialversicherungsträger, bei dem der Anspruchs­berechtigte sozialversichert ist.

- Inkrafttreten der Regelung bis 31.12.2022“

*****

Das ist nicht eine Erfindung von uns, sondern das haben bereits mehrere Bundesländer umgesetzt. Wir haben uns als Vorbild die niederösterreichische Landesregierung ge­nommen und uns das von dort entliehen, weil es auch wichtig ist, dass genau in dieser Phase, in der dieser Umbruch stattfindet und in der dieser Fonds entwickelt und etabliert wird, der Versorgungsauftrag von der öffentlichen Hand klar wahrgenommen wird. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

16.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Förderung der Übergangspflege

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 10) Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1290 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundes­gesetz über die Einrichtung eines Hospiz- und Palliativfonds und über die Gewährung von Zweckzuschüssen an die Länder zur finanziellen Unterstützung der Hospiz- und Palliativversorgung ab dem Jahr 2022 (Hospiz- und Palliativfondsgesetz – HosPalFG) erlassen sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden sowie über den Antrag 1484/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich (1332 d.B.) in der 143. Sitzung des Natio­nalrats am 24. Februar 2022.

Mit der Palliativ- und Hospizversorgung stehen alle anderen Pflegeversorgungsformen in einem engen Zusammenhang. Bei schweren Krankheitsverläufen gewinnt insbeson­dere die Übergangspflege nach einer medizinischen Behandlung im Krankenhaus eine immer größere Bedeutung.

Modelle der Übergangspflege werden in einzelnen Bundesländern, etwa Niederöster­reich angeboten:

„Übergangspflege ist eine rehabilitative Pflege und Betreuung von bis zu 12 Wochen (84 Tage) pro Kalenderjahr als Überbrückungshilfe nach der Akutbehandlung in einem Krankenhaus und vor der Entlassung nach Hause. Bei dieser Leistung steht die Therapie und Rehabilitation und weniger die Medizin im Vordergrund. Dadurch soll wieder ein selbstständiges Leben zu Hause (mit oder ohne Betreuung) ermöglicht werden.“

Übergangspflege für Hilfe suchende Personen kann in allen bewilligten stationären Pfle­geeinrichtungen nach § 49 i.V.m. § 47 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 angeboten werden. Ein Zuschuss zur Übergangspflege wird pro Anlassfall max. für 12 Wochen gewährt. Innerhalb eines Kalenderjahres ist ein weiterer Zuschuss nicht möglich. Die Zeiten eines Krankenhausaufenthaltes werden auf die 12 Wochen angerechnet und führen zu keiner Verlängerung. Ein Krankenhausaufenthalt mit einer Dauer von mehr als ca. 7 Tagen beendet die förderbare Übergangspflege.

Für die Inanspruchnahme von Übergangspflege muss die Hilfe suchende Person aus ihrem Einkommen 1/30 von 80% ihres monatlichen Einkommens sowie 1/30 von 100% der pflegebezogenen Geldleistungen (z.B. Pflegegeld) als Eigenleistung für jeden Tag bezahlen. Kommt es während des Aufenthalts zu einer Erhöhung des Pflegegeldes ist der gesamte Zeitraum mit der tatsächlichen Einstufung abzurechnen. Jänner 2021 Unter Einkommen ist das monatliche Nettoeinkommen zu verstehen. Einkommen ist grund­sätzlich jede regelmäßig zufließende Geldleistung (z.B. Rente, Pension, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Mieteinnahmen, Pacht...). Nicht zum Einkommen zählen Geldleistungen Sonderzahlungen, Familienbeihilfen, Studienbeihilfen. Das Einkommen von unterhaltspflichtigen Angehörigen bzw. das Vermögen der Hilfe suchende Person wird für die Berechnung der Eigenleistung nicht berücksichtigt. Bestehende Unterhalts­pflichten und laufende Zahlungsverpflichtungen werden bei der Bemessung der Eigen­leistung nicht berücksichtigt.

Quelle: Richtlinie Übergangspflege (gemäß § 19 NÖ Sozialhilfegesetz 2000)

In unserem Nachbarland Deutschland haben Versicherte Anspruch auf Übergangspfle­ge im Krankenhaus

Übergangspflege im Krankenhaus nach § 39e SGB V

Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung haben einen Anspruch auf eine „Übergangspflege im Krankenhaus“. Dies Leistung wurde mit dem Gesundheitsversor­gungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG), welches am 20.07.2021 in Kraft getreten ist, neu in den Leistungskatalog aufgenommen. Die Rechtsgrundlage für die Übergangspfle­ge im Krankenhaus ist § 39e Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Der Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus

Ein Anspruch auf die Übergangspflege im Krankenhaus besteht für Versicherte, für die im unmittelbaren Anschluss an eine Krankenhausbehandlung die erforderlichen Leis­tungen der

•     Häuslichen Krankenpflege,

•     Kurzzeitpflege,

•     Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder

•     Pflegeleistungen nach dem SGB XI

•     nicht oder nur unter erheblichem Aufwand erbracht werden können.

Die Übergangspflege wird in dem Krankenhaus erbracht, in dem die stationäre Kranken­hausbehandlung durchgeführt wurde.

Leistungsumfang

Der Anspruch auf die Übergangspflege im Krankenhaus besteht für längstens zehn Tage je Krankenhausbehandlung.

Im Rahmen des Leistungsanspruchs auf die „Übergangspflege im Krankenhaus“ werden die erforderliche

•     ärztliche Behandlung,

•     die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln,

•     die Aktivierung der Versicherten,

•     die Grund- und Behandlungspflege und

•     die Unterkunft und Verpflegung

•     übernommen.

•     Ebenfalls beinhaltet die Leistung das Entlassmanagement.

Zuzahlung

Wie für nahezu alle Leistungen der Gesetzlich Krankenversicherung ist auch für die Übergangspflege im Krankenhaus eine Zuzahlung vorgesehen. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen nach § 39e Abs. 2 SGB V vom Beginn der Übergangspflege an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 SGB ergebenden Betrag je Kalendertag an Zuzahlung leisten. Das bedeutet, dass je Tag 10,00 Euro zu zahlen sind. Der Zuzahlungsbetrag ist an das Krankenhaus zu entrichten.

Um hier allen Betroffenen in Österreich einen entsprechenden Zugang zu einem solchen Fördermodell zu ermöglichen, sollte eine bundeseinheitliche Regelung angestrebt wer­den. Aufbauend auf dem NÖ Modell sollte eine bundeseinheitliche Regelung Platz grei­fen. Zentrale Forderung ist ein Rechtsanspruch auf diese Übergangspflege und eine zeitnahe Umsetzung bis zum 31.12.2022.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage für ein „Übergangspflege-Förderungsgesetz“ zuzuleiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

-Rechtsanspruch auf eine rehabilitative Pflege und Betreuung von bis zu 12 Wochen (84 Tage) pro Kalenderjahr als Überbrückungshilfe nach der Akutbehandlung in einem Krankenhaus und vor der Entlassung nach Hause.

-Finanzierung durch den jeweiligen Sozialversicherungsträger, bei dem der Anspruchs­berechtigte sozialversichert ist.

-Inkrafttreten der Regelung bis 31.12.2022

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kugler. – Bitte sehr.