15.32

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! (In Rich­tung des den Saal verlassenden Bundeskanzlers Nehammer:) Ich möchte auch erklären, warum der Bundeskanzler gerade den Saal verlässt: Der Kiewer Bürgermeister hat bereits mehrmals versucht, ihn dringend telefonisch zu erreichen. (Abg. Belakowitsch: Natürlich! – Oh-Rufe bei der SPÖ.) Wenn Sie das anzweifeln, dann entbehrt das für mich jeder Grundlage, und ich verstehe das Raunen überhaupt nicht.

Wir wissen, dieser 8. März, dieser Internationale Frauentag ist dieses Jahr geprägt von Bildern von Frauen, die mit ihren Kindern gemeinsam auf der Flucht sind, die ihre Heimat verlassen, die Ukraine, wo seit 13 Tagen Krieg herrscht, die flüchten müssen, ihre Män­ner, ihre Brüder, ihre Väter zurücklassen müssen. Es ist ein Krieg, auf den die Welt mit großer Besorgnis blickt, der uns alle fassungslos macht; und ich möchte schon eines dazusagen: Genauso mutig wie die Frauen, die ihre Heimat jetzt verlassen, obwohl sie das nicht möchten, sind auch die Russinnen, die gegen den Krieg in ihrem Heimatland demonstrieren und dadurch wirklich arge Repressalien zu befürchten haben. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Wir erleben gerade mit knapp zwei Millionen Menschen, die auf der Flucht sind, die größte Fluchtbewegung nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Österreich hat von Beginn an Stellung bezogen, und der Bundeskanzler hat es klargestellt: Österreich war neutral, Österreich ist neutral und Österreich wird neutral bleiben. Es gibt keine Debatte um die Neutralität!

Wir sind stolz auf dieses Österreich, das diese Stellung bezieht, und wir sind auch stolz darauf, dass wir in der Vergangenheit immer wieder Brückenbauer waren und auf Diplo­matie gesetzt haben. Wien ist Heimat vieler internationaler Organisationen. Wien war immer ein Ort des Dialogs, und die Diskussion über eine Frage im Zusammenhang mit der Neutralität, die sich nicht stellt, ist völlig verzichtbar.

Und noch etwas: Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie haben gesagt, der Wehrsprecher hätte sich gänzlich anders geäußert. Da möchte ich Sie schon korrigieren: Er hat die Neutralität an sich überhaupt nicht in Zweifel gezogen, nur damit das auch einmal klar ist. Es ging um die Verteidigungsfähigkeit, nicht aber um die Neutralität. Diese ist ihm genauso wichtig wie uns allen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was Österreich immer ausgezeichnet hat, war das große Maß an Hilfsbereitschaft. Ich erinnere an 1956: Ungarn, 1968: Tschechoslowakei, 1991: Jugoslawien, und die Bilder von 2015 sind Ihnen und uns noch gut in Erinnerung. Was jetzt passiert, ist ganz klar: Innerhalb weniger Tage wurden ganze Lkws voller Hilfsgüter gepackt, es wurde gespen­det. Ich bitte Sie an dieser Stelle auch: Vergessen Sie nie den Appell des Österreichi­schen Roten Kreuzes, spenden Sie auch jetzt Blut!

Ich glaube, dass diese unglaublichen Zeichen von Solidarität und Hilfsbereitschaft in diesen Zeiten wichtiger denn je sind. Ich möchte auch die Gelegenheit nützen, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Außenministeriums zu bedanken, die es zum Beispiel geschafft haben, eine kleine, junge Eisenstädter Familie, knapp bevor das Wohnhaus, in dem sie zwei Wochen lang untergekommen war, bombardiert wurde, noch aus Kiew herauszubringen, und das mit Unterstützung der ungarischen Botschaft. Das war ein Konvoi, der vier Tage lang 1 600 Kilometer unterwegs war; Checkpoints, Reifen­pannen, Angst – und letztendlich ein gutes Ende. Die Familie ist wohlbehalten in Eisen­stadt angekommen. Danke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch danke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ungarischen Botschaft, die diesen Konvoi orga­nisiert und durchgeführt haben. Köszönöm szépen! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Weil mir das auch in den sozialen Medien aufgefallen ist: Allen österreichischen Jour­nalistinnen und Journalisten, die aus dem Kriegsgebiet berichten, aus Russland und auch aus der Ukraine, gebührt unser tief empfundener Respekt. Abwertende Bemerkun­gen in sozialen Medien sind absolut verzichtbar und völlig unangebracht.

In meiner letzten Rede habe ich hier an dieser Stelle für erhöhten Schutz von Jour­nalis­tinnen und Journalisten, ähnlich dem Gesundheitspersonal während der Pandemie, ap­pelliert. Ich finde es – und da möchte ich mich dem Vizekanzler vollinhaltlich anschließen – absolut irrsinnig, dass in Österreich Ministerinnen und Minister Personenschutz brauchen, dass ein Gesundheitsminister mit einer kugelsicheren Weste im Auto herumfahren muss. Wo kommen wir denn da bitte hin? Das ist so etwas von nicht vorstellbar in unserer Welt! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Es beginnt mit Kleinigkeiten wie damit, dass mir, wenn ich sage, die Journalistinnen und Journalisten brauchen mehr Schutz, ein Kollege ausrichtet: Na, a bissl was müssen s’ schon aushalten! – Meine Damen und Herren, was heißt „a bissl was“? Gewalt, egal, ob verbal oder brachial, ist abzulehnen, in jeder Form, in der sich diese Gewalt äußert! Da gibt es nichts zu diskutieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Nach dem Appell nach mehr Respekt und Toleranz noch ein Appell: Verwenden Sie bitte im Zusammenhang mit der Pandemie und den Coronamaßnahmen nie wieder die Wörter Zwangsregime und Diktatur! – Das ist letztklassig. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Es tut mir leid, Herr Gesundheitsminister, dass ich als Gesundheitssprecherin der ÖVP so spät zu Ihnen, zum Thema komme. Ich möchte mich, auch im Namen unseres Sozial­sprechers und Klubobmanns August Wöginger, auch bei Ihrem Vorgänger für die immer wirklich wertschätzende Zusammenarbeit auf Augenhöhe herzlich bedanken.

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Sie haben es gesagt: Die Pandemie wird uns noch begleiten, wir sind noch lange nicht am Ende, und Sie wissen, dass wir ein wirklich dickes Regierungsprogramm mit ganz wichtigen Themen haben, die eine Herausforderung bleiben: die Gesundheitsversorgung der ländlichen Bevölkerung, der Facharzt beziehungsweise die Fachärztin für Allgemeinmedizin; mein persönlich beson­ders großes Anliegen, die psychische Gesundheit, wo wir erste Dinge bereits auf den Weg gebracht haben. Ich glaube, dass wir gemeinsam sehr, sehr viel schaffen können und auch schaffen wollen, und ich freue mich wirklich sehr auf die Zusammenarbeit. Herzlich willkommen in unserem Kreis! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte aber, um den Kreis am Internationalen Frauentag zu schließen, zu einer Frau kommen, deren Bedeutung auch nach so vielen Jahren noch ungebrochen ist: Bertha von Suttner hat 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis erhalten. Sie hat damals bei der Übergabe des Nobelpreises sehr, sehr viele Dinge gefordert, die nach wie vor nichts an Brisanz und wirklicher Ausdrucksfähigkeit verloren haben: Schiedsgerichtsverträge, um die Konflikte zwischen Staaten mit friedlichen Mitteln beizulegen, eine Friedensunion aller Staaten, die jeden Angriff eines Staates gegen einen anderen mit gemeinschaft­licher Kraftaufwendung zurückweisen müsste, und eine internationale Institution, die als ein Gerichtshof im Namen der Völker das Recht vertrete.

Darum schließe ich mit dem Titel des wohl bekanntesten Werks dieser Pazifistin, Autorin und ersten Frau, die einen Friedensnobelpreis erhalten hat: „Die Waffen nieder!“ – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kickl. – Bitte, Herr Klubobmann, das Wort steht bei Ihnen.