15.39
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich möchte heute mit unserer Bundeshymne beginnen. Diese Bundeshymne enthält in ihrer zweiten Strophe eine Passage, in der unser Heimatland als „Vielgeprüftes Österreich“ bezeichnet wird. „Vielgeprüftes Österreich“ – vielgeprüft über viele Jahrhunderte, vielgeprüft über viele Generationen: durch Kriege gegen äußere Feinde, durch Kriege im Inneren, durch Unterdrückung der eigenen Bevölkerung, durch Phasen der Diktatur, durch Repression gegen die eigenen Staatsbürger, durch soziale Verwerfungen und durch Armut.
Ehrlich gesagt, ich war von Beginn an immer ein Kritiker dieser Regierungskonstellation, dieses seltsamen Gemischs, das man uns als Bestes aus zwei Welten verkaufen will, aber ich hätte nicht gedacht, dass diese Bundesregierung mit ihrem Wirken ab dem Jahr 2020 zu diesen historischen Prüfungen eine ganze Reihe von neuen und aktuellen schweren Prüfungen für dieses Land bereithält – zum Nachteil unseres Staatswesens und zum Nachteil unserer Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich habe gedacht, meine Damen und Herren vonseiten dieser Bundesregierung, dass Sie nicht so geschichtsvergessen sind. Ich hätte gedacht, dass Sie mehr aus unserer Geschichte gelernt haben. Sie, die Koalition, haben Hand in Hand zwei Jahre lang die Grund- und Freiheitsrechte in diesem Land zusammengestutzt, um sie letztendlich zu ignorieren. Sie haben den Souverän in diesem Land behandelt, als ob es Untertanen (Ruf bei der ÖVP: Was?!), als ob es Ihre Leibeigenen wären. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt hör aber auf! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie, meine Damen und Herren, haben die Freiheit durch Zwang ersetzt, Sie haben die Gesellschaft gespalten, Sie haben Druck auf die Menschen ausgeübt und Sie haben Ausgrenzung gelebt (Beifall bei der FPÖ) – und all das unter Zuhilfenahme von Milliarden von Euro, wo das dicke Ende – dass man das alles nämlich auch wird bezahlen müssen – und viele, viele Folgekosten erst hinterherkommen werden, und all das, was ich beschrieben habe, ohne einen einzigen positiven Effekt an der von Ihnen so bezeichneten Gesundheitsfront zu erzielen. – Das ist die Kurzfassung Ihrer Coronapolitik.
Zuletzt – gerade erst vor wenigen Tagen wieder – haben Sie die Positionierung und – worum es mir vor allem geht – die Akzeptanz und die Anerkennung Österreichs als eines immerwährend neutralen Landes in einer aus meiner Sicht unverantwortlichen Art und Weise ramponiert und verspielt. Sie haben ein Kapital, das Generationen über Jahrzehnte aufgebaut haben, mit einem Schlag verspielt. Auch da wird es eine ganze Reihe von Folgekosten – auf politischer Ebene – geben, die heute noch unabschätzbar sind, und all das haben Sie gemacht, ohne dadurch den geringsten Beitrag zu einer friedlichen Entwicklung in der Ukraine zu leisten. – Das ist die Kurzfassung Ihrer Sicherheitspolitik. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Heute gibt es wieder eine Regierungserklärung; ich weiß gar nicht, die wievielte das ist. Es ist im Grunde genommen egal, weil es immer nach dem gleichen Muster abläuft: Wieder einmal glauben Sie, dass Sie Ihr katastrophales Coronamanagement durch die Präsentation einer neuen Person, eines neuen Gesichts irgendwie verdecken und übertünchen könnten. Das ist der große Plan dahinter. Sie glauben, wenn Sie ein neues Gesicht in die Auslage stellen, dann haben die Menschen vergessen, was Sie ihnen zwei Jahre lang angetan haben – bis zur absoluten Perversion in Form der Impfpflicht.
Herr Gesundheitsminister, der Sie neu im Amt sind! Sie haben jetzt im Zusammenhang mit Corona eigentlich nur eine Aufgabe: endgültig Schluss zu machen mit diesem Impfzwang, ihn endgültig zu begraben und dieses Damoklesschwert in den Mistkübel der Geschichte zu schmeißen – dorthin, wo es hingehört! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie das mit diesen Personalrochaden so machen und wenn Sie darauf setzen, dass Sie das alles irgendwie übertünchen können, dann, sage ich Ihnen, ist das eine Beleidigung für die Intelligenz der österreichischen Bevölkerung. Und es ist eine Respektlosigkeit gegenüber der österreichischen Bevölkerung, wenn Sie umgekehrt hier und heute darauf setzen, dass die Bevölkerung nicht bemerkt, dass diese zur Schau gestellte Einigkeit, dass diese hier so offenkundig präsentierte Harmonie, dass dieses Bemühen um Stabilität, um Verantwortungsbewusstsein und um Kontinuität ja in Wahrheit überhaupt nichts anderes ist als die Angst vor dem Wähler, die Sie antreibt. Das ist das eigentliche Motiv und der Kitt dieser Koalition – neben dem, dass Sie sich gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen und einander mit Hass begegnen. Das ist die Wahrheit, die diese Koalitionsregierung zusammenhält (Abg. Hörl: Das ist die Wahrheit ...!), und, meine Damen und Herren, Sie sind bei dem Versuch ertappt, nur noch einmal Zeit für Ihre Flucht aus der Verantwortung zu gewinnen. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber der Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)
Herr Vizekanzler Kogler, der Anstand wäre längst zurückgetreten. Richten Sie bitte Ihrem Bundeskanzler, der so gerne von Haltung spricht, aus, Haltung bestünde darin, den Weg für Neuwahlen frei zu machen (Zwischenruf bei der ÖVP), weil in diesem Land einfach zu viel passiert ist, was nicht nur ich, sondern auch die Bevölkerung zu Recht für unverzeihlich halten.
Sie haben sich für einen anderen Weg entschieden: Sie haben sich dafür entschieden, weiterzupoltern und durch die Innen- und durch die Außenpolitik weiterzutorkeln. Das ist Ihr Ansatz, und so befinden wir uns dann immer wieder in der Situation, dass wir uns hier im Parlament mit Ihrem Schadenswerk auseinandersetzen müssen – so auch heute.
Damit komme ich zur Ukraine: Wissen Sie, für uns Freiheitliche ist es vollkommen klar, dass die kriegerische Aggression durch Russland keinerlei Akzeptanz finden kann und schärfstens zu verurteilen ist, aber ich ergänze etwas dazu, was Sie immer vergessen: Das muss auch für alle anderen militärischen Konflikte gelten, in denen eine Großmacht glaubt, mit ihrer militärischen Übermacht anderswo segensreich zu wirken – und in Wahrheit nur eine Spur der Verwüstung hinterlässt. Das habe ich von Ihnen noch nicht gehört. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Waffen sind niederzulegen – sofort! Das sind wir der armen Zivilbevölkerung schuldig, und das sind wir auch den Soldaten schuldig, die in diesem sinnlosen Krieg verheizt werden. Es kann nur eine Lösung geben, und diese Lösung muss am Verhandlungstisch und sonst nirgendwo erzielt werden. Und ich sage als Obmann der Freiheitlichen Partei auch, dass ich es für absolut notwendig halte, dass wir jede weitere Eskalation, jedes weitere Drehen an dieser Eskalationsspirale verhindern müssen, dass wir diese Spirale von Gewalt und Leid, von Elend und Tod, von Flucht und Vertreibung durchbrechen müssen, anstatt sie weiter anzuheizen (Zwischenruf des Abg. Brandstätter), weil der Krieg nur Verlierer kennt. (Abg. Meinl-Reisinger: Vor Putin in die Knie gehen! Das ist Ihre Politik!)
Meine Damen und Herren, jetzt sage ich Ihnen eines: Ich glaube, dass wir alle diese Positionen teilen – ich hoffe zumindest, dass Sie alle das unterschreiben können, was ich gesagt habe –, aber wenn das so ist, dann schließen sich daran ein paar Fragen an, die ich Ihnen stellen möchte.
Die erste ist: Was hat den Bundeskanzler dieser Republik geritten, was hat er sich dabei gedacht, als er in der ORF-„Pressestunde“, wo er sich sicherlich jedes Wort genau überlegt hat, unsere Neutralität als „aufgezwungen“ bezeichnet hat? Ich habe das gehört, ganz Österreich hat das gehört, und ich fürchte, dass man das in weiten Teilen der Welt ganz genau gehört hat (Abg. Meinl-Reisinger: Seit wann setzt sich die ...?), weil man in Zeiten wie diesen eben sehr genau hinhört, was Regierungschefs diverser Länder sagen. (Abg. Meinl-Reisinger: Das wird ja immer spannender! Kommunistenversteher! Die neue Rolle der ...!)
Diese aufgezwungene Neutralität, meine Damen und Herren – nur zur Erinnerung –, das ist jene Neutralität, von der es in Art. 1 Abs. 1 unseres Staatsvertrages (Abg. Meinl-Reisinger: UdSSR-Verherrlicher!), und ich glaube nicht, dass diese prominente Stelle Zufall ist, heißt, dass sie immerwährend ist und dass wir sie aus freien Stücken erklärt haben.
Bei dieser – Zitat Nehammer – aufgezwungenen Neutralität – Zitatende; Copyright Karl Nehammer, ÖVP, kann man sagen – handelt es sich natürlich um die militärische Neutralität Österreichs, denn alles andere hat er ja ohnehin schon vom Tisch gewischt. Jede andere und weiter reichende Interpretation von Neutralität ist ja aus Sicht der Österreichischen Volkspartei und dieser Regierung gar nicht mehr zulässig. Ich halte das für unverantwortlich, sage ich Ihnen gleich dazu, weil es nämlich suggeriert, dass man Kriege heutzutage nicht auch mit wirtschaftlichen Maßnahmen führen könnte. Davon wird vollkommen abstrahiert bei diesem seltsamen Neutralitätsbegriff, aber es geht offenbar um die militärische Neutralität, und diese militärische Neutralität ist laut Karl Nehammer eine aufgezwungene.
Jetzt frage ich Sie Folgendes, was den normalen Sprachgebrauch betrifft: Wann bezeichnet man denn etwas als aufgezwungen? – Man bezeichnet etwas als aufgezwungen, wenn man es nicht mag. Man bezeichnet etwas als aufgezwungen, wenn man es loswerden will. Man bezeichnet etwas als aufgezwungen, wenn man es irgendwie abwerfen möchte. Dann macht dieser Begriff Sinn. Sehen Sie, und da sind wir beim Punkt. Da sind wir bei dem Punkt, um den es der ÖVP in Wahrheit geht: Da sind wir bei dem Punkt, dass die ÖVP geglaubt hat, in diesen schweren Zeiten unserer Republik ihr eigentliches Ansinnen, nämlich einen Nato-Beitritt, vorantreiben zu können. Da sind wir bei des Pudels Kern, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Diese Nato war einmal ein Verteidigungsbündnis, damals, als es den Warschauer Pakt noch gegeben hat – das war sie –, aber sie ist in der Zwischenzeit etwas ganz anderes, sie ist ein strategisches Interventionsbündnis unter dem Kommando der Vereinigten Staaten von Amerika geworden. Die Österreichische Volkspartei hat geglaubt, jetzt diese schweren Momente unserer Heimat nutzen zu können, um unsere Söhne unter amerikanischem Kommando an alle möglichen Fronten auf diesem Globus zu schicken, denn irgendeinen guten Grund, um ein Land zu befreien, hat man vonseiten derer, die da geopolitische Spiele betreiben, bis jetzt noch immer gefunden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Jeitler-Cincelli schüttelt den Kopf und macht die sogenannte Scheibenwischerbewegung.)
Ihr Herr Khol hat es weiter vorangetrieben, Ihr Wehrsprecher hat es weiter vorangetrieben, und Sie sind dann erst zurückgerudert, als Sie gemerkt haben: Hoppala, das kommt aber nicht so gut an bei der österreichischen Bevölkerung! Dann haben Sie den Rückwärtsgang eingelegt – der nächste Salto rückwärts! –, und dann hat Karl Nehammer verkündet: Die Neutralität bleibt, die Debatte ist beendet! – Ja, meine Damen und Herren, diese Debatte, die im Übrigen niemand anderer angezettelt hat als dieser Karl Nehammer selbst, ist nicht beendet, wenn er sie für beendet erklärt, sondern sie wird dann beendet sein, wenn wir in diesem Land wieder eine glaubhafte Neutralitätspolitik machen und uns von Ihrer Eindimensionalität verabschieden. Dann wird die Debatte beendet sein, aber Sie sind die letzte Adresse in Sachen Glaubwürdigkeit (Abg. Gabriela Schwarz: Na da redet der Richtige! Da redet der Richtige!), wenn es um diese Reparaturarbeiten geht. (Beifall bei der FPÖ.)
Nächste Frage: Ich denke, dass man aus einer Neutralitätsposition heraus deeskalierend zu wirken hat. Jetzt frage ich diese Bundesregierung, ich frage den Bundeskanzler und den Vizekanzler: Ja, glauben Sie allen Ernstes, dass das deeskalierend ist, wenn Ihre politische Vertraute, Frau von der Leyen, ihres Zeichens EU-Kommissionspräsidentin, jetzt, in diesen Tagen mit der Ukraine über einen Beitritt zur Europäischen Union verhandeln will – und dann vielleicht noch Moldawien und Georgien gleich dazu im Gepäck? Glauben Sie, dass das klug und verantwortungsbewusst und vor allem deeskalierend ist?
Ich rede ja gar nicht davon, dass wir es da mit einem Land zu tun haben mit über 40 Millionen Einwohnern, mit einem Durchschnittseinkommen bei den Erwerbstätigen von 260 Euro im Monat mitsamt all den sozialen Verwerfungen, die das bringt. Ich rede nur von dem Konfliktpotenzial mit Russland, das die Verwirklichung solcher Überlegungen mit sich bringen würde, und ich glaube, dass es eine relevante Überlegung ist, sich diese Frage zu stellen.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich eines: Ich halte das, was Sie und von der Leyen da betreiben, für ein Spiel mit dem Feuer. Ich halte das für brandgefährlich. Es birgt die Gefahr, dass die gesamte Europäische Union und mit ihr auch Österreich in diesen Krieg hineingezogen wird, anstatt dass dieser Krieg so rasch wie möglich beendet wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Ist der Status der Ukraine als EU-Mitglied oder als Nato-Land oder als EU-Mitglied und Nato-Land aus Sicht Österreichs das wert? Ist es das tatsächlich wert, dieses Risiko einzugehen, und ist es aus Sicht der Europäischen Union dieses Risiko wert? (Abg. Meinl-Reisinger: Unfassbar feig!) Das frage ich Sie. Ich habe da meine Zweifel (Abg. Meinl-Reisinger: Unfassbar feig!), ich glaube es nicht, und Sie können mich gerne dafür verurteilen. (Abg. Meinl-Reisinger: Feig! Feig! Feig!) Ich sehe eine friedliche Zukunft (Abg. Meinl-Reisinger: Feig sind Sie! Feig und niederträchtig!) für die Ukraine in einer Brückenfunktion (Abg. Meinl-Reisinger: Verräter der Freiheit!) zwischen Ost und West. Ich sehe eine friedliche Zukunft (Abg. Meinl-Reisinger: Verräter unserer Werte!) in der Funktion eines neutralen Bindeglieds, weil das auch dasjenige ist, was am ehesten der historischen Entwicklung der Ukraine entspricht.
Jetzt bin ich wieder, Herr Bundeskanzler Nehammer, bei Ihrer aufgezwungenen Neutralität. Nehmen Sie Österreich her! Schauen Sie! Uns hat diese aufgezwungene Neutralität gutgetan, oder? Hat sich Österreich nicht mit dieser aufgezwungenen Neutralität in den letzten Jahrzehnten hervorragend entwickelt, zwischen zwei Blöcken? Haben wir nicht in Frieden und in Freiheit gelebt und Wohlstand generiert, den Sie gerade zerstören? (Abg. Steinacker: Zerstört der Herr Bundeskanzler?! So eine Falschbehauptung!) Das ist das Ergebnis Ihrer aufgezwungenen Neutralität. Sie sollten über dieses Modell auch einmal nachdenken.
Wenn Sie es mir nicht glauben, dann wird Ihnen vielleicht der Name Henry Kissinger etwas sagen. Henry Kissinger hat 2014 – und damals hat man über die Ukrainekrise im Zusammenhang mit der Krim diskutiert – gesagt (Abg. Meinl-Reisinger: Ist ja unfassbar!): Um zu überleben, darf die Ukraine „niemandes Vorposten sein“ – der ist wahrscheinlich auch feig, dieser Herr Kissinger, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, so wie Sie es mir vorgeworfen haben (Abg. Meinl-Reisinger: Sie sind auch feig!) –, „niemandes Vorposten“, weder des einen noch des anderen. Ich glaube, dass es genau darum geht, um dieses Überleben in Frieden und in Freiheit für die Ukraine, und dass es genau darum geht, um das Überleben in Frieden und Freiheit für Österreich und für die Europäische Union. (Beifall bei der FPÖ.)
Sehen Sie: Das wäre eine neutrale Position! Das wäre eine neutrale Position. Das wäre im Übrigen eine vernünftige Position, und es wäre auch eine mutige Position, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, einfach deshalb, weil ich nämlich glaube, dass es in der Zwischenzeit schon einigen Mut erfordert, der Europäischen Kommission zum Beispiel in Gestalt von Frau von der Leyen einmal auszurichten, dass es ein Akt der absoluten Verantwortungslosigkeit ist, jetzt Beitrittsverhandlungen zwischen der Ukraine und der EU aufzunehmen. Deshalb ist es mutig, aber ich habe nichts von Ihnen in diese Richtung gehört, keine einzige Silbe.
Ein letztes Wort noch zu den Sanktionen vor dem Hintergrund der dramatischen Entwicklung der Energiepreise, der Preise für Treibstoffe beziehungsweise Gas, die ja in der Zwischenzeit zum Luxusartikel geworden sind und wo noch eine Kettenreaktion in Gang kommen wird, wo die österreichische Bevölkerung die Zeche für Ihre Verantwortungslosigkeit wird zahlen müssen: Sie sagen jetzt wahrscheinlich: Gut, das ist der Preis, den man dafür zahlen muss, damit wir hier die Freiheit und die Menschenwürde verteidigen und damit wir Not und Elend abwehren. – Ich sage Ihnen: Sie zahlen gar keinen Preis, sondern die österreichische Bevölkerung bezahlt diesen Preis. Sie bezahlt diesen Preis, Millionen von Österreichern, die sich ihr Leben schon jetzt nicht mehr leisten können und die immer mehr unter Druck geraten angesichts der Energiepreise, der Lebensmittelpreise, die folgen werden, der Wohnkosten und so weiter und so weiter. Sie sollten nicht so leichtfertig mit Ihrem Sanktionsgetöse umgehen, sondern Sie sollten die Dinge hinterfragen.
Noch etwas: Wenn Sie schon behaupten, dass Sie aus hehren Motiven handeln, dann frage ich Sie schon: Was bitte haben Sie denn dann in den Vereinigten Arabischen Emiraten und was haben Sie denn dann bitte in Katar verloren? Das waren ja heute Ihre neuen Wunschlieferanten im Zusammenhang mit Erdgas. Ja, ist es Ihnen entgangen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate ein ganz enger strategischer Partner Russlands in dieser Region sind? Die sind auf Tuchfühlung mit den Russen. Also Sie sagen, mit den Russen geht es nicht, aber mit den besten Verbündeten der Russen in Gestalt der Vereinigten Arabischen Emirate geht es schon? Und ist es Ihnen entgangen – und da bin ich beim Weltfrauentag –, dass zum Beispiel die Scharia in diesen Vereinigten Arabischen Emiraten ein zentraler Baustein der Rechtsordnung ist? Ist Ihnen das alles entgangen? Ist Ihnen vonseiten der Grünen entgangen, dass Homosexualität nach den Gesetzen dieses Landes, das Sie jetzt als Wunschlieferanten bezeichnen, mit der Todesstrafe bedroht wird? – Und so weiter und so weiter, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Der zweite Wunschlieferant dieser Regierung, Katar, ist auch nicht viel besser – der nächste Verbündete Russlands in dieser Region! Hat man Ihnen das nicht gesagt, als Sie dort gewesen sind, dass es dort gar keine Parteien geben darf? So demokratisch sind die Herrschaften. Hat man Ihnen dort nicht gesagt, dass die Scharia auch dort ein zentraler Bestandteil der Rechtsordnung ist, dass wir beim Strafausmaß von der Todesstrafe abwärts bis zur Auspeitschung alles finden? Hat man Ihnen das nicht gesagt, dass ein Religionsaustritt dort als Kapitalverbrechen behandelt wird? Hat man Ihnen das nicht gesagt, dass Hausangestellte in Katar nicht als Menschen, sondern als Besitz behandelt werden, wie die Sklaven bei den Römern? Hat man Ihnen das alles nicht erzählt?
Ich sage Ihnen das nur deshalb, weil ich die Frage stellen muss: Diese beiden Länder liefern jetzt moralisch sauberes Erdgas? Oder wie ist das? Denn: Das russische Erdgas ist ja moralisch nicht sauber! Das aus Katar schon? Das aus den Vereinigten Arabischen Emiraten schon? Sehen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist die Heuchelei. (Beifall bei der FPÖ.)
Deshalb abschließend, meine Aufforderung: Hören Sie auf zu heucheln, hören Sie auf, eine Politik zu machen, die unser Heimatland Österreich und unsere Menschen gefährdet und gleichzeitig der Ukraine nicht nützt, weil es ihr keine ernsthafte und seriöse Perspektive bietet! In drei Worten, Herr Bundeskanzler: Treten Sie zurück – und nehmen Sie den Rest der Regierung gleich mit! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Martin Graf: In Venezuela könnte man auch Erdöl kaufen!)
15.59
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Sigrid Maurer. – Bitte sehr.