17.26
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Vorsitzende! Herr Vizekanzler! Werte Minister und Ministerinnen! Frau Staatssekretärin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Am Frauentag über den Ukrainekrieg zu diskutieren ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach. Auf der anderen Seite hängt das ja alles zusammen. Jede und jeder will frei, selbstbestimmt, ohne Gewalt in Frieden leben, und das betrifft Frauen, die von diesem Krieg betroffen sind, ganz besonders.
Krieg ist nämlich Krieg, um das grundsätzlich festzustellen, genauso wie ein Mensch ein Mensch ist. Mir ist es wichtig, auch hier heute festzuhalten, dass die Kriegstreiberei immer, ausnahmslos zu verheerenden Folgen führt, zu Flucht, Gewalt, zu Verbrechen. Wer glaubt, dass wir mit rein militärischer Aufrüstung Frieden schaffen, der hat die Lehren aus dem Kalten Krieg nicht gezogen. (Beifall bei den Grünen.)
Es ist wichtig, dass wir heute hier einen weiteren Antrag der beiden Regierungsparteien beschließen, der ganz klar die Aggression Russlands verurteilt, in dem wir uns ganz klar solidarisch mit der Ukraine erklären, der ganz klar Schutz für alle verfolgten Menschen einfordert und ganz klar festhält, dass wir weiterhin mit unseren internationalen und europäischen Partnern und Partnerinnen Russland gegenüber Position beziehen werden.
Ich möchte deshalb nicht wiederholen, was hier alles heute schon an Willensbekundungen politischer Natur gesagt worden ist. Ich möchte stattdessen die Zeit nutzen, um diesen Ukrainekrieg in einen politischen, in einen außenpolitischen, friedenspolitischen Kontext zu setzen.
Die Weltordnung ist ins Wanken geraten, hören wir des Öfteren, und ja, die Weltordnung wird durch diesen Ukrainekrieg nie wieder die gleiche sein. Was wir aber heute nicht hören, ist, wie das alles zusammenhängt. Diejenigen, die heute Putin verurteilen, sagen, wir hätten das schon viel früher machen sollen, übersehen aber gleichzeitig, welche Netze es sind, welche Verbündeten es sind, welche Unterstützung es ist, die es Putin überhaupt erlaubt, so zu agieren.
China, das sich des Völkermords innerhalb seiner eigenen Grenzen schuldig gemacht hat, wird ganz genau beobachten, wie sich die westliche Welt im Hinblick auf die russische Bedrohung positioniert. China wird ganz genau beobachten, was wir jetzt unternehmen, denn das, was in der Ukraine jetzt festgesetzt wird, wird für ganz Europa schlagend werden. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Wir, die internationale Gemeinschaft, erleben diese Weltgeschichte gerade in einem sehr konzentrierten Beschleunigungsmodus, Demokratie gegen Autokratie, offene gegen geschlossene Gesellschaft, multilaterale, auf dem Völkerrecht basierende Weltordnung gegen eine Weltunordnung, in der allein die Macht des Stärkeren zählt.
Wenn wir jetzt human sind und wenn wir jetzt Humanität einfordern, dann dürfen wir nicht vergessen, dass auf den griechischen Inseln die Menschen weiterhin leiden, dann dürfen wir nicht vergessen, dass Putins Bomben in Syrien die gleichen sind wie jetzt in der Ukraine und dass Mensch Mensch und Krieg immer Krieg ist! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Eines noch, was in der gesamten Debatte und auch in diesen sehr klaren Verurteilungen Russland gegenüber übersehen wird: Wir übersehen die Rolle des Westbalkans, wir übersehen die Rolle von China und wir übersehen die Rolle des Südkaukasus.
Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Vučić hat in Serbien seine Medien die Fakenews, die Putin verbreitet, drucken lassen, und es gab dort Massendemonstrationen, bei denen der Krieg gegen die Ukraine gutgeheißen wurde. Dodik, der sagt, Srebrenica war kein Völkermord, hat sich mit Lawrow, mit dem russischen Außenminister, zwei Tage nach Kriegsbeginn ausgetauscht. In Bosnien sind bald Wahlen, und wenn wir übersehen, wie all diese despotischen Autokraten rund um Russland Putin nicht nur die Hand reichen, sondern diesen unterstützen, dann werden wir sehr von einem verheerenden Dominoeffekt überrascht sein, der jetzt einsetzen wird und der dann womöglich tatsächlich nicht mehr aufzuhalten ist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
In diesem Sinne: Ja, verurteilen wir weiterhin diesen Krieg! Ja, stehen wir human zu unserer Verantwortung, Menschen zu helfen, die jetzt vor diesem Krieg flüchten, aber übersehen wir nicht, dass Putin Rückendeckung hat und wir in Europa, wenn dieser Krieg am Balkan ankommt, dem nicht nur vollkommen ausgesetzt sind, sondern nichts mehr tun werden können.
In diesem Sinne ein Appell an das österreichische Parlament, im Zuge der Debatte weiter zu blicken als nur nach Kiew, weiter zu blicken als nur nach Moskau! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.)
17.32
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Eva Maria Holzleitner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.