14.04
Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Selbstverständlich stimmen wir für diese Klarstellung und Verbesserung, was die Geräte betrifft, aber die Selbstbeweihräucherungen der Regierung lassen einen schon immer wieder erstaunt zurück, weil es natürlich nicht nur diese Nachbesserungen bräuchte, sondern man müsste an den Schulen auch den IT-Support ausbauen, und selbstverständlich bräuchte es auch endlich die verpflichtende digital-didaktische Fortbildung für alle Lehrkräfte im österreichischen Schulsystem – aber das ist ja nur ein Bereich.
Herr Bildungsminister, Sie sind jetzt mehr als 100 Tage im Amt und eigentlich nur durch Ihre Unauffälligkeit aufgefallen. (Beifall bei den NEOS.) Ihr Auftritt in der „Pressestunde“ lässt einen ratlos zurück. (Ruf bei der ÖVP: Wenn man sich nicht auskennt!) Wofür stehen Sie? Gibt es irgendein bildungspolitisches Anliegen, das Sie haben, oder irgendein Thema, für das Sie brennen?
Wir können nicht so weitermachen wie bisher, ich glaube, das ist uns in den letzten zwei Jahren sehr bewusst geworden. Die Pandemie wäre ja schon genug gewesen, aber jetzt haben wir einen Krieg mitten in Europa, verbunden mit unfassbarem Leid und vielen Millionen Flüchtlingen, die auch zu uns kommen. Wir brauchen einen Investitions- und einen Reformboost im Bildungsbereich und endlich mutige Menschen, die diesen auch angehen können. Es geht um nichts weniger als um die Chancen für alle Kinder hier in Österreich.
Ich beginne mit dem Elementarbereich: Die Jüngsten brauchen endlich die beste altersadäquate Bildung. Die Eltern brauchen endlich genug vorhandene Plätze, damit sie beide arbeiten gehen können, wenn sie das wollen. Bis heute gibt es von dieser Bundesregierung keinen langfristigen Plan, und genau Sie als Bildungsminister, gemeinsam mit der Familienministerin, müssten hier einen Plan vorlegen, damit wir endlich wissen, wohin die Reise überhaupt geht. Es kommt aber einfach nichts!
Zur Schule: Herr Bildungsminister Polaschek, werden Sie endlich konkret! Wie wollen Sie den Anteil von jenen Jugendlichen, die nicht sinnerfassend lesen können, verringern? Wie attraktivieren Sie den LehrerInnenberuf, damit motivierte Pädagoginnen und Pädagogen in diesen Beruf gehen und vor allem auch motiviert bleiben? Was tun Sie dagegen, dass Bildung in Österreich nicht mehr davon abhängt, in welches Elternhaus man hineingeboren wird? Und vor allem: Wann kommt die groß angekündigte Lehrplanreform? – Es kommt einfach nichts! Von Ihnen kommt nichts, und die Grünen machen bei allem mit.
Wenn Sie etwas nicht genau wissen oder nicht zu allen Themen Antworten haben, dann ist das auch keine Schande, das ist normal, aber dann muss man Expertise einholen, man muss Leute mit einbinden, die sich in den verschiedensten Bereichen auskennen. Laden Sie zu einem Bildungskonvent ein, zu dem Sie Menschen, Experten aus den verschiedensten Lebensbereichen, einladen und vor allem solche Leute einladen, die sich nicht fürchten, wenn ihnen Gegenwind entgegenbläst, die sich trauen, über Reformen, die dringend notwendig wären, zu diskutieren! Ja, diese Veränderung mag vielleicht ein schmerzvoller Kraftakt sein, aber es ist ein Kraftakt, der sich lohnen wird, weil er für Kinder und Jugendliche gesetzt wird.
Wir brauchen kluge Köpfe, junge Menschen mit Herz, Hirn und Verstand. Wir brauchen Menschen, die sich vor Herausforderungen nicht fürchten. Wir brauchen Menschen, die auf das Leben vorbereitet sind. Wir brauchen Menschen, die die Unsicherheiten und Widersprüche von heute aushalten können und dafür Lösungen suchen. Und wir brauchen vor allem Menschen, die für sich und auch für andere Verantwortung übernehmen. All das brauchen wir dringend, vor allem auch vor dem Hintergrund von Tausenden Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine, die in Österreich Schutz suchen.
Mit einem Bildungsminister, der weiterhin nur auf Tauchstation ist, werden wir das leider nicht schaffen. Daher bringe ich heute folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildung für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, werden aufgefordert, umgehend und in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern ein gesamtstaatliches Vorgehen im Bildungsbereich für geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche zu erarbeiten und vorzulegen, das den Schulstandorten ermöglicht, flexibel auf die aktuelle Notlage reagieren zu können:
- die bundesweite Einstellung ukrainischsprachiger Pädagog_innen bei gleichzeitiger Unterstützung des gesamten Lehrpersonals,
- die Ausweitung des Förderstundenkontingentes auf aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche,
- die Unterstützung und Ausweitung ukrainischer Samstagsschulen und von ukrainischem Online-Unterricht durch das BMBWF, sofern vorhanden,
- die Übernahme des Mehraufwandes durch den Bund,
- die rasche Aufnahme in den Regelunterricht, um die soziale Integration von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine zu beschleunigen.“
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(Beifall bei den NEOS.)
14.09
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Bildung für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine
eingebracht im Zuge der Debatte in der 147. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1362 d.B.):
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts geändert wird (1366 d.B.)– TOP 11
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erschüttert seit rund einem Monat die Weltöffentlichkeit. Während in der Ukraine Menschenleben, Infrastruktur und zivile Einrichtungen nachhaltig zerstört werden, sind bereits mehrere Millionen Menschen aus ihrer Heimat geflüchtet und haben in den europäischen Nachbarstaaten Schutz gesucht. Diese wiederum stehen geeint und solidarisch hinter der Ukraine und nehmen Geflüchtete auf bzw. unterstützen sie bei der Weiterreise. Laut Migrationsforscher Gerald Knaus ist das jedoch erst der Anfang, denn Putins Art der Kriegsführung ziele genau auf solche Fluchtbewegungen ab, um Europa zu destabilisieren.1 Bedenkt man, dass innerhalb der wenigen Wochen seit Kriegsausbruch bereits mehr als doppelt so viele Menschen in die EU geflüchtet seien, als im gesamten Jahr 2015, werden die Dimensionen dieser wahrscheinlich größten Fluchtbewegung seit dem 2. Weltkrieg deutlich - allein in Österreich werden in den nächsten Wochen bis zu 200.000 Geflüchtete erwartet.
Wie viele Schulkinder unter den Geflüchteten sind, lässt sich zwar zurzeit noch nicht abschätzen, in Wien alleine besuchen laut Medienberichten jedoch bereits Mitte März rund 800 Schüler_innen aus der Ukraine Wiener Schulen.2 Der unkomplizierte und rasche Zugang zum Bildungssystem für geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine ist durch eine EU-Richtlinie gesichert. Darüber hinaus gilt es jedoch auf nationaler Ebene weitere Schritte zu setzen, um den betroffenen Kindern und Jugendlichen den Einstieg in den neuen Schulalltag möglichst reibungslos zu gestalten. Ein wesentlicher Schritt ist die Einstellung ukrainischsprachiger Pädagog_innen. Wien hat hier z.B. bereits mit rund 40 Personen Kontakt aufgenommen und auch die anderen Bundesländer müssen hier rasch die notwendigen Schritte setzten. Auch flexible Lösungen wie z.B. der bedarfsorientierte Ausbau der ukrainischen Samstagsschulen oder die Ausweitung des Förderstundenkontingentes auf ukrainische Kinder und Jugendliche sind in einer solchen Notlage anzudenken. Im Sinne der sozialen Integration sollten die Kinder und Jugendlichen möglichst rasch in Regelklassen mit deutschsprachigen Schüler_innen integriert werden. Eine weitere Möglichkeit bietet der durch ukrainische Schulen bereitgestellte Online-Unterricht, der sofern vorhanden, durch das BMBWF unterstützt und ermöglicht werden kann. Gleichzeitig gilt es, das durch die Corona-Pandemie bereits belastete Lehrpersonal bei diesen Vorhaben entsprechend zu unterstützen und ausreichend psychologische Betreuung für die geflüchteten Kinder und Jugendlichen bereitzustellen. Viele Kinder und Jugendliche werden hoffentlich bald wieder in ihre Heimat und zu ihren Familien zurückkehren können. Doch auch für sie und v.a. für diejenigen, die dauerhaft in Österreich bleiben werden, ist eine unmittelbare Integration in das österreichische Bildungssystem und ein strukturierter Tagesablauf von Beginn an von großer Bedeutung für ihren zukünftigen Lebensweg.
1 https://kurier.at/politik/ausland/krieg-in-der-ukraine-experte-mahnt-bessere-vorbereitung-auf-fluechtlinge-ein/401937676
2 https://www.derstandard.at/story/2000134170275/ukrainische-schuelerzuflucht-auf-der-wiener-schulbank
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, werden aufgefordert, umgehend und in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern ein gesamtstaatliches Vorgehen im Bildungsbereich für geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche zu erarbeiten und vorzulegen, das den Schulstandorten ermöglicht, flexibel auf die aktuelle Notlage reagieren zu können:
• die bundesweite Einstellung ukrainischsprachiger Pädagog_innen bei gleichzeitiger Unterstützung des gesamten Lehrpersonals,
• die Ausweitung des Förderstundenkontingentes auf aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche,
• die Unterstützung und Ausweitung ukrainischer Samstagsschulen und von ukrainischem Online-Unterricht durch das BMBWF, sofern vorhanden,
• die Übernahme des Mehraufwandes durch den Bund,
• die rasche Aufnahme in den Regelunterricht, um die soziale Integration von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine zu beschleunigen. "
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Als Nächster hat sich der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister Polaschek.