15.43
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister aus Graz! Wir kennen uns ja schon seit 30 Jahren von der Universität Graz. (Bundesminister Polaschek: 30 Jahre!) Ich sage jetzt nicht zu viele Jahre, weil uns das älter macht. (Abg. Gabriela Schwarz: Schon passiert!) Der Herr Bundesminister war nämlich damals noch als Assistent der Betreuer meiner Doktorarbeit am Institut für Rechtsgeschichte. Also wir kennen uns wirklich schon sehr, sehr lange.
Zur Evaluierung der Pandemiemaßnahmen: Ich bin selbst seit 20, 25 Jahren an Hochschulen, Universitäten und Fachhochschulen als Vortragender tätig. Da brauche ich nicht viel zu evaluieren, um ganz klar folgende Hypothese aufzustellen, nämlich dass Distancelearning, E-Learning, Distanzunterricht natürlich niemals den Präsenzunterricht qualitativ gleichwertig ersetzen können, aber sehr wohl komplementär zum Präsenzunterricht ihre guten Dienste leisten können. Das hat aber in den letzten Semestern auf den Universitäten nur sehr eingeschränkt stattgefunden – womit ich bei dem Punkt bin, den ich eigentlich ansprechen will, nämlich den Tagesordnungspunkt: Antrag des Kollegen Graf hinsichtlich einer Beendigung des 2. COVID-19-Hochschulgesetzes.
Der ursprüngliche Antrag von uns war ja so gedacht, dass dieses Sondergesetz mit Ende des Wintersemesters 2021 außer Kraft treten sollte. Ich sage bewusst Sondergesetz. Wenn jetzt das Argument kommt: Nein, nein, das können die Universitäten im Rahmen ihrer Autonomie regeln!, dann sage ich Ihnen, das hat mit Autonomie nichts zu tun, sondern das ist ein Sondergesetz, das den Universitäten – ich sage es jetzt einmal flapsig – die Lizenz für teilweise absurde Regelungen gibt. Jede Universität kann sich selbst sozusagen austoben, wenn es darum geht, Studierende von der Universität fernzuhalten.
Auch hier ganz allgemein: Das, was über diesen gesamten Coronamaßnahmen der Bundesregierung schwebt, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit teilweise massiven Einschränkungen von Grundrechten. Und in diesem konkreten Fall geht es um das Grundrecht auf Bildung, das in vielen Fällen leider auf Grundlage dieser sondergesetzlichen Ermächtigung stark eingeschränkt wurde. Ich weiß nicht, warum diese Regelung sinnvoll sein soll, Frau Kollegin Kuntzl. Wir sehen das nicht so, sondern eben als Lizenz für absurde Regelungen.
Ich darf Ihnen ein paar Beispiele geben, was den Wildwuchs auf den verschiedenen Universitäten betrifft. Da macht jede Universität, was sie will. Die WU Wien zum Beispiel wollte grundsätzlich eine 2G-Regelung einführen. Erst als Verfassungsrechtler, aber auch die Studentenschaft aufgezeigt haben, dass das vielleicht Probleme mit eben diesem Grundrecht auf Bildung geben könnte, ist man zurückgerudert. Noch absurder die Medizinische Universität Wien, die eine 1G-Regelung einführen wollte, sogar eine verschärfte 1G-Regelung, also dreifach geimpft, und zwar nicht nur für Ausbildungsstätten, in denen Arbeit am Patienten stattfindet, sondern auch für ganz „normale“ – unter Anführungszeichen – Lehrveranstaltungen im Hörsaal. Anstatt diese absurde Regelung einfach zurückzunehmen, hat man sich damit beholfen, dass man gesagt hat, wir kontrollieren das einfach nicht, wobei man hört, dass sehr wohl punktuell trotzdem kontrolliert wird. Das heißt evidenzbefreite Willkür und Chaos auf Grundlage dieses Sondergesetzes, und das wollen wir nicht. Deswegen halten wir natürlich unsere Forderung, dieses Sondergesetz aufzuheben, weiterhin aufrecht.
Es gibt aber auch gute Beispiele: Die Universität Wien hat sämtliche G-Regelungen mit Beginn des Sommersemesters aufgehoben.
Ich möchte mit den Worten des neuen Gesundheitsministers Johannes Rauch schließen, der das sehr ähnlich sieht. Ich zitiere aus einem Interview in der „Presse“ vom 29. Jänner: „Und dann sind da noch die demokratiepolitischen Dinge: Die Corona-Sondergesetze haben es ermöglicht, im Erlassen von Verordnungen, im Fassen von Beschlüssen Abkürzungen zu nehmen. Ich mag nicht, dass wir uns daran gewöhnen. [...] Als nächster Schritt sollten die Sonderbestimmungen für Legislative und Exekutive außer Kraft treten. Regierungen und Parlamente auf allen Ebenen müssen wieder in den verfassungsrechtlichen Normalbetrieb zurückkehren.“
Fangen wir doch bitte gleich mit diesem Sondergesetz an! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
15.48
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Blimlinger. – Bitte sehr.