17.27

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Beim vorhergegangenen Tagesordnungspunkt hat man ja über die Kriegssituation in Europa gesprochen, bei diesem Tagesordnungspunkt geht es auch um Kriegsereignisse, die aber Jahrzehnte vorbei sind. Vielleicht kann uns das ein Beispiel sein, wie lange eine Gesellschaft damit zu tun hat, bis man Dinge über­winden kann, bis man miteinander reden kann.

Das, was wir heute beschließen, ist auch ein Zeichen. Nachdem es schon einen Ent­schließungsantrag von vier Parteien gegeben hat, beschließen wir heute den Bericht des Innenministers mit fünf Parteien. Das ist ein Zeichen, dass jahrzehntelange Aufbauarbeit und jahrzehntelange Verarbeitungsbemühungen – darf ich so sagen? – hier wirklich Platz gegriffen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich werde jetzt vieles aus dem Bericht des Innenministeriums zitieren. Das ist aber kein Bericht des Innenministeriums allein, sondern ein Bericht von 15 Experten, die sich mit der Aufarbeitung der Ustascha-Massaker und auch mit dem Gedenken an diese Ustascha-Mörder wirklich beschäftigt haben. Da wahrscheinlich vielen, die uns zusehen, nicht mehr so bewusst ist, worum es da geht, möchte ich ein paar Zitate bringen. Das erste Zitat ist: „Die Ustascha wollte mit Massenmord an SerbInnen, Jüdinnen und Juden sowie Romnia und Roma eine äußerst heterogene Gesellschaft ethnisch homogenisieren.“ – Solche Vorgangsweisen finden wir leider immer wieder.

Was war die Reaktion darauf? – Die findet sich auch gleich im Anschluss: „Bis in die Gegenwart präsent ist der Massenmord [...] jugoslawischer PartisanInnen an mindes­tens rund 60.000 [...] kroatischen und slowenischen Soldaten und Paramilitärs, mit diesen fliehenden ZivilistInnen [...], die sich im Mai 1945 nach Kärnten geflüchtet hatten und dort von der britischen Armee an Tito-Jugoslawien ausgeliefert wurden“.

Was wir da, glaube ich, sehr, sehr gut sehen, ist, dass von einem totalitären Regime ein Unrecht begangen worden ist, das von einem anderen Regime, das anders totalitär war, zu rächen versucht wurde. Jedes Regime findet für sich die Rechtfertigung, dass es ja im Interesse des Gesamtstaates, eines Volkes, einer Rasse oder vielleicht auch eines Geschlechts handelt. All das sind Morde, all das sind Kriegsverbrechen, und egal, von welchem Regime sie begangen werden, sie sind eindeutig zu verurteilen und durch nichts zu rechtfertigen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abgeordneten Brandstätter und Krisper.)

Da das kommunistische Regime in Jugoslawien alle Erinnerungen daran verboten hat, haben sehr schnell solche Gedenken an die Verbrechen, die an den Ustascha-Mördern begangen worden sind, in Österreich begonnen, schon 1953. Das ging eigentlich die Jahrzehnte über durch so bis herauf zur Zeit, als der Eiserne Vorhang gefallen ist. Dann hat eine politische Partei aus Kroatien das für sich in Anspruch genommen, instrumen­talisiert, um gleichzeitig damit auch in Vergessenheit geraten zu lassen, dass das Re­gime der Ustascha damals nämlich auch ein KZ gehabt hat, dass das Regime der Ustascha wirklich versucht hat, Teile der Gesellschaft auszuradieren. Das wurde einfach verleug­net. Bis es dann 2012 so weit kam, dass auch neonazistische Gruppen sich mit ange­schlossen haben. Und dann hat es nochmals eine Zeit gedauert, bis wir 2020 zu einer gemeinsamen Entschließung gekommen sind. Ich freue mich aber, dass es in den Jahrzehnten möglich geworden ist, dass wir zu einer gemeinsamen Entscheidung kommen, dass diese Verbrechen, die passiert sind, eindeutig verurteilt werden und dass Gedenken nicht missbraucht wird. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir hier zum Ausdruck bringen müssen. Gedenken darf niemals zur Rechtfertigung politi­schen Handelns verwendet werden.

Ich darf auch ganz klar allen ein Danke sagen, die sich dieser Angelegenheit ange-nommen haben. Ich habe heute schon mehrmals zu Kollegin Voglauer geschaut – Sie haben sich sehr darum gekümmert. Ich möchte auch Zitate aus den Medien bringen, die mir deswegen wichtig sind, weil sie auch die unterschiedliche Beleuchtung zeigen:  Die Grünen „kritisieren Bleiburg-Treffen“. Dann habe ich: „SPÖ-Schatz: ,Ustaša-Treffen in Bleiburg endlich ein für alle Mal untersagen‘“, und dann habe ich: „Bleiburg: Kirche mahnt zu Gedenken ohne Missbrauch“.

Alle meinen das Gleiche, aber alle haben eine andere Schwerpunktsetzung. Aber das, was wir, glaube ich, der Bevölkerung auch immer sagen müssen, ist, dass es darum geht, dass wir einen gemeinsamen Nenner gefunden haben. Wir halten uns an den Staats­vertrag: Kein Faschismus in Österreich, in keiner weiteren Form. Selbstverständ­lich werden solche Versammlungen in Zukunft untersagt, und das sichert dieser Bericht auch zu. Und Symbole, die von der Ustascha oder von nationalsozialistischen oder faschistischen Organisationen verwendet werden, dürfen in Zukunft niemals verwendet werden. Das ist die Einschränkung der Meinungsfreiheit, das ist die Einschränkung der Versammlungsfreiheit, die im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention, im Sinne unserer Verfassung geboten ist.

Als Verfassungssprecher ist es mir auch ganz wichtig, klar festzuhalten, dass ein solches Treffen nicht mehr stattfinden kann. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abgeordneten Brandstätter und Krisper.)

17.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte.