18.22
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Aus zwei mach drei: Das ist das, worüber wir heute hier reden. Statt dass man nach dem 18. Geburtstag nur zwei Jahre Zeit hat, hat man in Zukunft, wenn man ein staatenlos in Österreich geborenes Kind war, drei Jahre Zeit, die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Das klingt jetzt nach ganz, ganz wenig, bedeutet aber so unglaublich viel. Staatsbürgerschaft bedeutet nicht nur Zugehörigkeit und Identität, sie bedeutet auch Schutz durch den Staat.
Wir haben das jetzt in den beiden Krisen sehr stark zu spüren bekommen und mitbekommen – ob es im Rahmen der Pandemie gewesen ist, als österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zurückgeholt werden mussten, als alles gesperrt war, als überall die Flüge ausgefallen sind, oder auch jetzt in der Ukrainekrise, indem geschaut wird, dass man die österreichischen Staatsbürger wieder hierherbringt.
Es bedeutet so unglaublich viel, einem Staat anzugehören – und da werte ich noch gar nicht, welchem; wir reden vom österreichischen Staat, aber einem Staat anzugehören. Die Staatsbürgerschaft eines Staates zu haben ist unglaublich wertvoll für jede einzelne Person. Trotzdem gibt es immer noch so viele Menschen, die staatenlos sind, das heißt, die keine Staatsangehörigkeit haben. Das wird von der Staatengemeinschaft bekämpft. Es gibt zahlreiche Übereinkommen zur Bekämpfung von Staatenlosigkeit, und dazu gehört vor allem auch, dass man Staatenlosigkeit generell verhindert.
Grundsätzlich erwirbt man die Staatsbürgerschaft mit der Geburt. Ob man die Staatsangehörigkeit aufgrund der Staatsangehörigkeit der Eltern bekommt oder jene des Staates, in dem man geboren wird, hängt vom jeweiligen Recht ab, aber grundsätzlich erwirbt man die Staatsangehörigkeit durch Geburt. Wenn man aber keine Eltern hat, die einem dieses Recht verleihen, und nicht in einem Staat zur Welt kommt, der einem das Recht durch Geburt verleiht, hat man keine Staatsbürgerschaft, kann man auch keine haben und ist von Geburt an staatenlos.
Genau um diese Gruppe geht es. Es geht um Kinder, die in Österreich geboren werden und deren Eltern staatenlos sind. Das sind Kinder, die hier in Österreich aufwachsen, die in Österreich zur Gesellschaft gehören, die hier in den Kindergarten, in die Schule gehen, eine Ausbildung machen – und dennoch nicht dazugehören. Nicht nur gehören sie nicht zu den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, sie haben auch keine andere Staatsangehörigkeit, sie gehören auch nicht zu dieser Gruppe, zu jener Gruppe oder zu der Gruppe, sie gehören einfach nirgends dazu, und das ihr ganzes jugendliches Leben lang.
Wenn sie dann mit 18 Jahren die Möglichkeit haben, selbst, im eigenen Namen die Staatsbürgerschaft zu beantragen, dann müssen sie das – wie es auch meine Vorrednerin gesagt hat – zuerst einmal wissen. Es besteht nämlich ein unglaubliches Unwissen darüber, nicht nur bei den betroffenen Personen selbst, sondern auch bei den entsprechenden Behörden, und da sehe ich uns als Staat, uns als Gesellschaft in der Verantwortung, auf dieses Recht aufmerksam zu machen.
Was wir hier machen, ist ein wirklich kleiner Schritt, nämlich diese Zeitspanne zu verlängern, die junge Menschen ab dem Zeitpunkt ihrer Volljährigkeit haben, wenn sie anfangen, den Führerschein zu machen, sich Dokumente zu besorgen und sich überhaupt einmal über ihre Rechte und über die Möglichkeit der Einbürgerung Gedanken zu machen. Sie haben dadurch ein Jahr länger Zeit, um auf all das draufzukommen, um die notwendigen Behördenwege zu erledigen, um diesen Antrag überhaupt zu stellen.
Aus meiner Sicht ist das ein erster kleiner Schritt, den wir gehen müssen, und es gibt noch viele weitere, denn grundsätzlich fängt es schon damit an, dass eigentlich rund um Österreich kaum ein Staat eine Einbürgerung unter 18 Jahren nicht ermöglicht. Auch da müssen wir uns etwas überlegen, auch da müssen wir schauen: Wie können wir da vorankommen? Wie können wir verhindern, dass Kinder aufwachsen, die keine Staatsbürgerschaft haben, die aber unsere Staatsbürgerschaft haben könnten, weil sie eigentlich zu uns dazugehören, weil sie eigentlich Teil unserer Gesellschaft sind, weil sie aufwachsen wie Kinder, die die österreichische Staatsbürgerschaft haben, die überhaupt irgendeine Staatsbürgerschaft haben.
Darum ist es ein solch großes Problem. Stellen Sie sich vor, die Kinder wollen an einer Schulveranstaltung teilnehmen, im Rahmen derer sie eine Staatsgrenze überschreiten müssen: Die staatenlosen Kinder müssen zu Hause bleiben. Es gibt immer wieder Situationen im Leben dieser Kinder, in denen ihnen vor Augen geführt wird, dass sie nicht dazugehören. Diese Situation müssen wir bekämpfen, müssen wir verändern.
Das hier ist ein wichtiger, ein sehr, sehr wichtiger Schritt für die Betroffenen, aber auch für Österreich. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
18.28
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für innere Angelegenheiten.