15.40

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Der dynamische Blindflug gefällt mir ja, Kollege Loacker, das ist irgendwie eine besondere Zuschreibung. Ich möchte ernsthaft auf ein paar Argumente eingehen und dann unbedingt noch etwas zur Medikamentenabgabe sagen, da die Behauptung im Raum steht, wir hätten nicht mit der Sozialversicherung gesprochen. Das stimmt natürlich nicht, darauf komme ich zurück.

Zur Teststrategie, zum Testen: Es gibt ja da – wie soll ich sagen? – Zugänge von ganz links bis ganz rechts. Die einen sagen: Es ist viel zu wenig!, die anderen sagen: Es ist viel zu viel, man sollte überhaupt nicht mehr testen, denn was hat uns das alles ge­bracht? – Ich würde sagen, der Weg, der jetzt gegangen wird, ist ein Weg der Mitte, auch deshalb, weil – und damit bin ich beim Herbst, Kollege Loacker – wir ein Testsystem haben müssen, um es allenfalls wieder hochfahren zu können. Das heißt, man kann das nicht auf null herunterfahren, da wir sonst nicht in der Lage wären, im Herbst rasch zu reagieren. Das ist notwendig, das ist vorausschauend und das brauchen wir.

Im Übrigen hoffe ich, wir brauchen es nicht mehr, aber wir wissen nicht genau – da über­fragen Sie mich, wenn Sie von mir verlangen, dass ich das vorhersagen soll –, was im Herbst kommt. Da gibt es unterschiedliche Szenarien, das sagen auch die Expertinnen und Experten. Es kann sein, muss aber nicht sein, dass wir eine neue Virusvariante bekommen, von der wir heute nicht einmal wissen, wie sie sich verhält (Abg. Loacker nickt), wie ansteckend sie ist, welche Gefahren sie mit sich bringt im Hinblick auf Anste­ckung oder die Gefahr, hospitalisiert zu werden. Das ist eine der Möglichkeiten. Eine zweite Möglichkeit – das ist die wünschenswertere – ist, das Ganze wird endemisch und verhält sich wie eine normale Grippe. Dann wird das deutlich handhabbarer als bisher. Alle anderen Szenarien, nämlich dass es noch schwieriger wird, möchten wir uns nicht vorstellen, denn das hatten wir schon dreimal. Aber, und das ist der Punkt, wir haben es mit einer Situation zu tun, in der wir einen unterschiedlichen Instrumentenkoffer zur Ver­fügung haben, den wir zu Beginn der Pandemie entwickelt, aber weitgehend nicht ver­ändert haben. Das ist ein Problem, und das gebe ich zu.

Das heißt, wir müssen uns jetzt schon in Blickrichtung Herbst mehreres überlegen und vorbereiten, und zwar von den Dingen, die wir haben: Wie gehen wir mit der Impfung um? Was heißt das für das Impfregime? Wie verhält sich die ganze Angelegenheit, wenn eine vierte Impfung notwendig ist? Dazu sind die Erfahrungen aus anderen Ländern zu sammeln, unter anderem auch aus Israel, aus anderen Staaten der Welt, die auch for­schend tätig sind. Wie machen wir es mit dem Testen, und zwar sowohl in den Schulen als auch in der Gesamtbevölkerung, in Betrieben? Welche Testregime brauchen wir für welches Szenario?

Dritter Punkt: Medikation. Wir haben mit den Medikamenten ein neues Instrument zur Verfügung, das wir bisher nicht hatten – und das wirkt. Das ist ein zusätzliches Auffang­netz für besonders schwierige, problematische Pandemiesituationen. Gott sei Dank ha­ben wir es zur Verfügung, es wird uns helfen.

Der vierte Bereich ist der gesamte Bereich der Maßnahmen. Welche Maßnahmen kön­nen gesetzt werden? Wie gehen wir damit um, entlang des Grundsatzes: so wenig wie möglich, so viel wie notwendig!? Und jetzt sage ich Ihnen eines: Natürlich haben wir da in der Vergangenheit Instrumentarien entwickelt, die langsam und recht grobschlächtig waren. Das Virus hat sich in einer ziemlich großen Geschwindigkeit und auch Dramatik verändert, die Anpassung der Maßnahmen hat mit dem nicht Schritt gehalten, da wird hinzuschauen sein.

Was machen wir? – Wir schauen uns sehr genau an: Was hat die letzten beiden Jahre funktioniert und was nicht? Was ist gelernt worden? Was hat auch in unterschiedlichen Ländern funktioniert? (Abg. Belakowitsch: ... sinnlos!) Ich habe schon mehrfach gesagt, das Testregime in Wien ist ein gutes, hat funktioniert, in anderen Bundesländern haben andere Dinge funktioniert. Die sollte man mitnehmen. (Abg. Loacker: Was ist der Nut­zen?) Entschuldigen Sie, das Testsystem in Wien (Abg. Loacker: Nutzen?) hat von der Systematik her, wie es aufgesetzt ist, funktioniert. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Muchitsch.) Was wir jetzt gemacht haben, Kollege Loacker, ist, eine Anpassung vorzunehmen, was die Menge der Tests angeht, da wir natürlich wissen, dass wir nicht endlos Geld für das Testen ausgeben können. – So viel einmal dazu.

Die Geschichte mit der Medikation, dem Medikament Paxlovid: Es ist natürlich mit der Sozialversicherung gesprochen worden – das stimmt einfach nicht. Da hat es sogar ein zusätzliches Gesprächsangebot gegeben, das abgelehnt worden ist mit dem Hinweis, man habe keine Zeit. Das habe ich jetzt im Haus noch nachfragen lassen. Dieser Kontakt ist gesucht worden, und diese Gespräche haben stattgefunden.

Warum ist es Aufgabe der Sozialversicherung? – Die Sozialversicherung stand auf dem Standpunkt: Das geht uns nichts an, denn das ist keine Krankenbehandlung. – Was ist es dann? Es ist eine Krankenbehandlung! Wer dieses Medikament verschrieben be­kommt, unterzieht sich einer Krankenbehandlung, und die Krankenbehandlung ist eine Versicherungsleistung. Das ist originäre Aufgabe der Sozialversicherung.

Und zur Kostenübernahme: Die Sozialversicherung hat sich dadurch, dass der Bund das Medikament beschafft hat, unglaublich hohe Kosten erspart. Es wurde von Bundesseite beschafft, und jetzt geht es um den Vertrieb. Dieser wird abgegolten, das ist systemkon­form, das ist gerechtfertigt und jedenfalls auch, was die Kosten angeht, für die Sozial­versicherung leistbar. – Ich danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Grünberg. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.