18.26

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanz­ler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in einer extrem ernsten Situation, und es ist auch keine normale Zeit. Das Land, von dem wir 80 Prozent unseres Erdgases be­ziehen, führt gerade einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Pipelines, aus denen wir unser Gas beziehen, gehen zumeist durch die Ukraine; links und rechts neben diesen Pipelines zerfetzen russische Bomben Kinderkörper, treffen Spitäler sowie Ge­burtskliniken und zerstören Wohnhäuser.

Niemand von uns, glaube ich, hat Lust, diesen Verbrechern auch nur einen Cent zu überweisen, aber die bittere Wahrheit ist, dass wir von diesen russischen Gasimporten abhängig sind. Wir können zumindest kurzfristig nicht auf sie verzichten. Mich schmerzt diese Abhängigkeit – und wie sehr das schmerzt, das spüren wir alle. Ich kann nur für mich und auch für meine Fraktion sprechen: Wir möchten diesen Schmerz, diese Ab­hängigkeit nie wieder spüren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wollen nicht mehr von russischen Gasimporten abhängig sein. Wir wollen auch nicht mehr weiterhin russisches Gas kaufen müssen. Also was tun? (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Natürlich haben wir jetzt die Verantwortung, kurzfristig unsere Gasimporte zu diversifizieren. Wir müssen uns andere Quellen anschauen. Wir müssen aber auch so ehrlich sein, zu sagen, dass uns das halt nicht viel weiterbringen wird. Es wird unsere extreme Abhängigkeit von russischen Importen mindern, wenn wir uns aber anschauen, aus welchen anderen Ländern diese Gasimporte kommen können, wenn wir uns an­schauen, wer die größten Gasreserven auf der Welt hat – Iran, Katar, Saudi-Arabien, Turkmenistan –, dann stellen wir fest, dass das auch nicht gerade nachhaltige Alternati­ven sind. Das heißt, wir müssen nicht nur raus aus russischem Gas, sondern wir müssen raus aus sämtlichen Gasimporten und auch aus sämtlichen Importen fossiler Energieträ­ger. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen langfristig wirksame Maßnahmen, wie zum Beispiel ein Wärmegesetz, mit dem wir den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen beschließen und rechtlich verankern. Wir wissen, jede Gasheizung, die wir heute tauschen, ist ein Schritt hin zu dieser Unab­hängigkeit. Wir brauchen dafür einen nationalen Kraftakt.

Eines ist aber auch klar – und wir haben uns darüber während der Genese dieses Ge­setzes unterhalten –: Wir werden das nicht von heute auf morgen schaffen. So sehr wir uns bemühen, wir werden auch nächsten Winter nicht auf Erdgas verzichten können. Wir haben daher eine Verantwortung für unser Land, damit wir für den Ernstfall, falls wirklich etwas passiert, falls Russland den Gashahn zudreht oder falls die Pipelines be­schädigt oder sabotiert werden, was in einem Krieg einfach der Fall sein kann, gerüstet sind.

Wir haben in den letzten Wochen sehr viel darüber diskutiert, dass die österreichischen Gasspeicher so leer sind. Das stimmt, wir haben einen Gasspeicherstand von ungefähr 15 Prozent, die sind leer. Es wurde nur sehr schnell auf die Politik gezeigt, auf die Bun­desregierung gezeigt, obwohl wir alle wissen, dass die Politik – im Gegensatz zur Lage beim Erdöl – derzeit kein rechtliches Instrument hat, selber Gas einzuspeichern oder irgendjemandem eine Gasspeicherung oder Gasspeicherstände vorzuschreiben. Leider wurde das in der Vergangenheit dem Markt überlassen, und bei den hohen Gaspreisen, die wir seit letztem Herbst haben, ist es kein Wunder, dass die Gasspeicherstände eben niedrig gewesen sind. Der Markt hat uns auch in dieser Krise wie so oft nicht weiterge­holfen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir müssen also alles dafür tun, damit Menschen in unserem Land keine Angst haben müssen, dass sie im nächsten Winter nicht mehr heizen können, weil uns schlicht und einfach das Gas ausgeht.

Daher beschließen wir heute eine nationale strategische Gasreserve, und ich bringe fol­genden Antrag ein, nämlich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Lukas Ham­mer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2359/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gas­wirtschaftsgesetz 2011 geändert wird, in 1392 der Beilagen.

*****

Der Antrag ist eingebracht und verteilt, ich werde ihn daher nur in seinen Grundzügen erläutern.

Mit dieser Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes beschließen wir den Aufbau einer na­tionalen strategischen Gasreserve. Die Austrian Gas Grid Management AG wird als Verteilergebietsmanager von der Republik Österreich mit dem Kauf und der Einspeiche­rung von mehr als 12 Terawattstunden Gas beauftragt. Das ist der Gasverbrauch in einem Wintermonat. Eingesetzt wird die Gasreserve wirklich nur im extremen Notfall, wenn es zu einem Energielenkungsfall kommt, kein Gas mehr fließt und wir sozusagen darauf angewiesen sind, dass wir über den Winter kommen. Das ist nicht zu verwechseln mit einer Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen, die auch verpflichtet sind, für ihre Kundinnen und Kunden ausreichend Gas zur Verfügung zu stellen.

Wir haben – das haben Kollege Kassegger und Kollege Schroll angesprochen – in dieser nationalen Gasreserve auch den Nationalrat eingebunden, nämlich insofern, als dass bei möglichen Anpassungen bei der Höhe der Gasreserve, aber auch bei Diskussionen über die Freigabe der Reserven der Hauptausschuss zu befassen und das hier auch mit Zweidrittelmehrheit zu beschließen ist. Es gibt auch einen Bericht, der jährlich erstellt und dem Nationalrat zugeleitet werden muss, in dem über die Verwendung und die Be­schaffung der strategischen Gasreserve zu berichten ist.

Die Bestimmungen zur strategischen Gasreserve werden in zwei Jahren evaluiert und treten grundsätzlich Ende September 2025 außer Kraft, aber der Hauptausschuss kann über die weitere Verwendung der Gasreserve entscheiden, also was dann damit pas­siert. Wir wissen, es gibt auch auf europäischer Ebene gerade intensive Diskussionen über europäische Regelungen. Wir gehen jetzt hier einmal in Vorleistung, aber wir wer­den das dann vielleicht auch an die europäischen Regelungen anpassen müssen.

Sie sehen es mir vielleicht an: Dieses Gesetz ist jetzt für mich kein Grund für einen gro­ßen Freudentag. Ich glaube, es ist eine Notwendigkeit, weil wir als Politik eine Verant­wortung für die Versorgungssicherheit unseres Landes haben, aber es ist kein Gesetz, das mir besonders große Freude bereitet. Besonders große Freude werde ich haben, wenn ich wieder hier stehe, bevor wir das Erneuerbare-Wärme-Gesetz beschließen werden, da dieses für mich so eine Art Mittelfinger für die russischen Kriegstreiber sein wird, mit dem wir ihnen signalisieren können: Wir werden euer Gas nicht mehr brauchen, wir werden euer Gas nicht mehr kaufen und wir werden eure Armee mit unseren Gas­rechnungen nicht mehr finanzieren! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 2359/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird (1392 d.B.) – TOP 30

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts 1392 d.B. wird wie folgt geändert:

1. Z 2 lautet:

„2. (Verfassungsbestimmung) Nach § 18 werden folgende §§ 18a bis 18d samt Über­schriften eingefügt:

„Strategische Gasreserve

§ 18a. (1) Der Verteilergebietsmanager wird zur Gewährleistung der Versorgungssicher­heit in den Marktgebieten gemäß § 12 Abs. 1 im Wege der Beleihung mit der Vorhaltung einer strategischen Gasreserve betraut. Die Vorhaltung erfolgt in Speicheranlagen, die für eine unmittelbare Ausspeisung in die Marktgebiete genutzt werden können. Die Vor­haltung für die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg kann auch in Speicheranlagen erfolgen, die an benachbarte Marktgebiete angeschlossen sind.

(2) (Verfassungsbestimmung) Die Höhe der strategischen Gasreserve bemisst sich nach der jeweils im Jänner an Netzbenutzer abgegebenen Gasmenge und ist bis zum 1. März für das folgende Gasjahr von der Regulierungsbehörde zu ermitteln und zu veröffentli­chen. Die Bundesregierung kann die Höhe der strategischen Gasreserve mit Verord­nung anpassen; dabei sind allfällige EU-weite Zielvorgaben für Speicherfüllstände und aktuelle Marktbedingungen zu berücksichtigen. Für den Fall einer Reduktion der Höhe der strategischen Gasreserve sind in die Verordnung auch Verfügungen über die darü­ber hinausgehenden bereits in Speicheranlagen vorgehaltenen Gasmengen aufzuneh­men. Die Verordnung kann nähere Vorgaben zu den Modalitäten der Beschaffung und der Freigabe der strategischen Gasreserve, etwa die zu kontrahierende Mindestausspei­cherrate aus den Speicheranlagen, enthalten. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates; dabei gilt Art. 55 Abs. 5 Bundes-Verfassungs­gesetz sinngemäß.

(3) Der Verteilergebietsmanager hat dem Nationalrat, der Regulierungsbehörde, der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie, der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie dem Bundes­minister für Finanzen jährlich spätestens bis zum 30. April einen Bericht über die Be­schaffung und Verwendung der strategischen Gasreserve vorzulegen und zu veröffentli­chen. Der Bericht hat insbesondere eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Aus­schreibungsverfahren gemäß § 18b Abs. 1 zu enthalten.

(4) Der Verteilergebietsmanager hat zum Zweck der ausschließlichen Wahrnehmung der Aufgaben gemäß den §§ 18a bis 18c eine hundertprozentige Tochtergesellschaft als Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen. Alle Rechte und Pflichten des Vertei­lergebietsmanagers im Zusammenhang mit der strategischen Gasreserve treffen aus­schließlich diese Tochtergesellschaft. Diese hat ihre Aufgaben unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auszuüben. Die Geschäftsanteile an der Tochtergesellschaft dürfen nicht veräußert werden.

(5) Die an dem Verteilergebietsmanager beteiligten Aktionäre und der Gesellschafter der gemäß Abs. 4 gegründeten Gesellschaft können weder direkt noch indirekt für Verbind­lichkeiten dieser Gesellschaft in Anspruch genommen werden, es sei denn, dass die Aktionäre oder der Gesellschafter die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft auf unredli­che Weise allein oder im Zusammenwirken herbeigeführt haben. Demgemäß gebührt den Aktionären des Verteilergebietsmanagers oder dem Gesellschafter der gemäß Abs. 4 gegründeten Gesellschaft aus Anlass einer allfälligen Liquidation weder ein Ge­winn aus den mit der Vorhaltung der strategischen Gasreserve in Zusammenhang ste­henden Tätigkeiten, noch haben sie einen allfälligen Verlust daraus zu tragen.

Beschaffung der strategischen Gasreserve

§ 18b. (1) Der Verteilergebietsmanager hat die strategische Gasreserve im Rahmen ei­nes marktbasierten, transparenten, nichtdiskriminierenden und öffentlichen Ausschrei­bungsverfahrens zu beschaffen; er ist auch Eigentümer der strategischen Gasreserve. Die strategische Gasreserve kann in mehreren Tranchen beschafft werden. Sie hat erst­mals zum 1. November 2022 oder im Falle von Umständen, die nicht im Einflussbereich des Verteilergebietsmanagers liegen, zum ehestmöglichen Zeitpunkt danach in vollem Ausmaß zur Verfügung zu stehen. Die Ausschreibungsbedingungen sind der Bundesmi­nisterin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und dem Bundesminister für Finanzen im Vorhinein anzuzeigen.

(2) Nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens gemäß Abs. 1 hat der Verteiler­gebietsmanager die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie und den Bundesminister für Finanzen unverzüglich über das Er­gebnis des Verfahrens zu informieren.

(3) Reduktionen der strategischen Gasreserve durch Freigaben gemäß § 18c sind so auszugleichen, dass die strategische Gasreserve jeweils zum 1. Oktober eines Jahres in vollem Ausmaß zur Verfügung steht. Die benötigten Gasmengen sind über die Gas­börse am virtuellen Handelspunkt oder im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens ge­mäß Abs. 1 zu beschaffen.

(4) Die mit der Erfüllung der im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben gemäß § 18a bis 18c verbundenen Kosten werden aus Bundesmitteln gedeckt. Die dafür benötigten Mittel werden vom Bund im Rahmen des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes zur Verfü­gung gestellt. Davon umfasst sind alle notwendigen und angemessenen Kosten für die Beschaffung der strategischen Gasreserve einschließlich Finanzierungskosten, Kosten für Speichernutzung, Systemnutzungsentgelte, operativem Aufwand, allfälliger Bewer­tungsgewinne und -verluste, Kosten im Zusammenhang mit § 18a Abs. 4 sowie allfälliger Verbindlichkeiten aus Gebühren, Abgaben und Steuern. Allfällige Erlöse und Verluste aus der Überlassung von Gasmengen an Marktteilnehmer, einer Reduktion oder Erhö­hung der strategischen Gasreserve sowie aus einer allfälligen Liquidation der strategi­schen Gasreserve sind dabei zu berücksichtigen. Dem Verteilergebietsmanager entsteht aus der Tätigkeit im Rahmen der Beleihung weder ein Gewinn noch ein Verlust.

(5) Der Bund stellt dem Verteilergebietsmanager die benötigten Mittel bedarfsgerecht unter Beachtung der Sicherstellung der nötigen Liquidität zur Verfügung.

(6) Der Verteilergebietsmanager hat gegenüber dem Bund jährlich bis zum 31. Jänner die Kosten gemäß Abs. 4 zu belegen. Die Angemessenheit der Kosten ist von einem von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen bestellten Wirt­schaftsprüfer zu prüfen. Unter- oder Überzahlungen sind spätestens bis zum 31. März des jeweiligen Jahres auszugleichen oder auf bestehende Forderungen anzurechnen.

(7) Die strategische Gasreserve ist dauerhaft mit dem Anschaffungswert zu bilanzieren. § 67 der Insolvenzordnung ist auf die gemäß § 18a Abs. 4 gegründete Tochtergesell­schaft nicht anzuwenden.

Freigabe der strategischen Gasreserve

§ 18c. (1) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kann die strategische Gasreserve im Rahmen einer Verordnung ge­mäß den §§ 5 und 26 des Energielenkungsgesetzes 2012 freigeben. Die Freigabe ist zu beenden, sobald die dafür maßgeblichen Umstände nicht mehr vorliegen.

(2) Soweit Marktteilnehmern Gasmengen aus der strategischen Gasreserve überlassen werden, erteilt der Verteilergebietsmanager dem Bilanzgruppenkoordinator die Anord­nung, diese gemäß § 87 Abs. 4 zu verwenden. Dazu hat der Verteilergebietsmanager eine Gebühr festzusetzen und zu verrechnen, die sich nach dem höheren der beiden folgenden Preise zuzüglich eines angemessenen Anteils an den sonstigen Kosten ge­mäß § 18b Abs. 4 bemisst:

       1.  der jeweilige Anschaffungswert der zugewiesenen Gasmengen, wobei die Gas­mengen mit dem höchsten Anschaffungswert zuerst heranzuziehen sind;

       2.  für das Marktgebiet Ost der Börsereferenzpreis (CEGHIX) des jeweiligen Gas­tags und für die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg der von der Erdgasbörse am vir­tuellen Handelspunkt des vorgelagerten Marktgebietes veröffentlichte mengenge­wichtete Preisindex des jeweiligen Gastags für Spotmarktprodukte.

Haftung

§ 18d. (1) Für die von Vorständen, Geschäftsführern oder Dienstnehmern des Verteiler­gebietsmanagers in Wahrnehmung der Aufgaben im Rahmen der Beleihung gemäß §§ 18a bis 18c wem immer in Vollziehung der Gesetze zugefügte Schäden haftet der Bund nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes. Der Vorstand, der Ge­schäftsführer oder Dienstnehmer haftet dem Geschädigten nicht.

(2) Hat der Bund dem Geschädigten gemäß Abs. 1 den Schaden ersetzt, kann er von den Vorständen, Geschäftsführern oder Dienstnehmern des Verteilergebietsmanagers Rückersatz nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes begehren.

(3) Unbeschadet des Abs. 2 hat der Verteilergebietsmanager dem Bund jene Leistungen, welche dieser in Erfüllung seiner Verpflichtung gemäß Abs. 1 erbracht hat, in vollem Umfang zu ersetzen.

(4) Soweit der Verteilergebietsmanager Leistungen an den Bund erbracht hat, geht der Anspruch des Bundes gegen die Vorstände, Geschäftsführer oder Dienstnehmer der Gesellschaft auf Rückersatz gemäß Abs. 2 auf die entsprechende Gesellschaft über.““

2. Nach Z 2 werden folgende Z 3 und 4 angefügt:

„3. (Verfassungsbestimmung) In § 169 wird nach Abs. 8 folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) (Verfassungsbestimmung) § 1, die §§ 18a bis 18d sowie § 171 Z 1a bis 1d in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2022 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. §§ 18a bis 18d sowie § 171 Z 1a bis 1d sind bis zum 30. Sep­tember 2024 im Sinne des § 18 Bundeshaushaltsgesetz 2013 zu evaluieren und treten mit Ablauf des 30. September 2025 außer Kraft. Festlegungen über die weitere Verwen­dung der strategischen Gasreserve hat die Bundesregierung mit Verordnung zu treffen. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates; da­bei gilt Art. 55 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz sinngemäß. Für den Fall einer Ver­äußerung sind die Erlöse daraus dem Bund umgehend zu erstatten.“

4. In § 171 werden nach Z 1 folgende Z 1a bis 1d eingefügt:

       „1a. hinsichtlich § 18a Abs. 2 und § 169 Abs. 9 die Bundesregierung;

       1b. hinsichtlich § 18a Abs. 3 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Bundesminister für Finanzen;

       1c. hinsichtlich § 18b Abs. 1 und 2 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Finanzen;

       1d. hinsichtlich § 18b Abs. 6 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen;““

Begründung

Die Invasion der Ukraine durch Russland führte zu einer nicht vorhersehbaren geopoliti­schen Krise und stellt eine potenzielle Bedrohung für die Gasversorgungssicherheit in­nerhalb der Europäischen Union dar. Im Einklang mit der Kommunikation der Europäi­schen Kommission (REPowerEU) wird mit den vorliegenden Änderungen eine nationale strategische Gasreserve eingeführt, um auch im Falle einer vollständigen Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland die Gasvorräte zu besichern und die Versorgungssi­cherheit für österreichische Endkund:innen weiterhin aufrecht zu erhalten.

Der Aufbau einer strategischen Gasreserve soll dazu dienen, die Resilienz der österrei­chischen Energieversorgung zu stärken, die Importabhängigkeit zu reduzieren und auch weiterhin ambitionierte klimapolitische Ziele zu verfolgen.

Zu Z 1 (§§ 18a bis 18d):

Die operative Abwicklung der Beschaffung und der Vorhaltung der strategischen Gasre­serve wird dem Verteilergebietsmanager im Wege der Beleihung übertragen. Dieser ver­fügt im geltenden Gas-Marktmodell als Systemoperator über eine Monopolstellung und nimmt ausschließlich die ihm per Gesetz übertragenen Aufgaben wahr. Dazu gehören etwa das Netzzugangs- und Kapazitätsmanagement, die Gasflusssteuerung sowie das Krisenmanagement in Engpasssituationen. Die ihm dabei entstehenden Kosten werden von der Regulierungsbehörde per Bescheid bestimmt. Der gesetzlich festgelegte Aufga­benbereich des Verteilergebietsmanagers wird nunmehr um die Abwicklung der strate­gischen Reserve erweitert, wobei die damit einhergehenden Kosten nach dem Kosten­deckungsprinzip aus Bundesmitteln bedeckt werden. Da es sich hierbei um eine Aufgabe im öffentlichen Interesse handelt, ist eine Überabgeltung der Aufwendungen gesetzlich ausgeschlossen; beim Verteilergebietsmanager (bzw. dessen Tochtergesellschaft, dazu sogleich) fallen weder Gewinne noch Verluste an. Um dies auch in der Abwicklung der Zahlungsflüsse zu gewährleisten, ist die Angemessenheit der Kosten darüber hinaus von einem Wirtschaftsprüfer zu prüfen.

Um eine rasche operative Abwicklung zu ermöglichen, hat der Verteilergebietsmanager eine Tochtergesellschaft zu gründen. Insoweit daher in den §§ 18a ff auf den Verteiler­gebietsmanager Bezug genommen wird, treffen alle Rechte und Pflichten, einschließlich der besonderen Haftungsbestimmungen, diese Tochtergesellschaft (§ 18a Abs. 4). Die Tochtergesellschaft wird sohin auch Eigentümerin der beschafften Gasmengen.

Die genaue Höhe der Reserve bemisst sich aus den jeweils im Jänner abgegebenen Gasmengen und wird im Sinne der Transparenz bis zum 1. März von der Regulierungs­behörde veröffentlicht. Für das Jahr 2022 ergibt sich ein Gesamtverbrauch im Jänner von 12,6 TWh. Die Höhe der Reserve kann mit Verordnung der Bundesregierung ange­passt werden. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates, welche in sinngemäßer Anwendung des Art. 55 Abs. 5 B-VG in Anwe­senheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilen ist.

Die Beschaffung der Gasreserve erfolgt im Rahmen eines marktbasierten, transparen­ten, nichtdiskriminierenden und öffentlichen Ausschreibungsverfahrens durch den Ver­teilergebietsmanager, wobei auch eine tranchenweise Beschaffung zulässig ist. Als Sek­torenauftraggeber kann sich der Verteilergebietsmanager auf die Regelung des § 178 Abs. 1 Z 26 Bundesvergabegesetz 2018 stützen.

Die Freigabe von Gasmengen aus der strategischen Gasreserve kann ausschließlich durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, In­novation und Technologie nach dem Energielenkungsgesetz 2012 erfolgen. Die tatsächliche Durchführung der Freigabe der Gasmengen obliegt in einem solchen Fall dem Verteiler­gebietsmanager, wobei sich dessen hoheitlicher Ermessensspielraum aus den in der Verordnung enthaltenen Vorgaben und Anweisungen ergibt.

Die Haftungsregelung in § 18d ist dem § 10 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung nachgebildet.

Der von Versorgern einzuhaltende Gasversorgungsstandard gemäß Art. 6 der Verord­nung (EU) 2017/1938 bleibt durch die strategische Gasreserve unberührt. Eine allfällige Überlassung von Gasmengen an Marktteilnehmer darf ausschließlich zum nach § 18c Abs. 2 zu ermittelnden Preis erfolgen, womit eine marktverzerrende Begünstigung von Empfängern gesetzlich ausgeschlossen ist.

Zu Z 2 (§ 169 Abs. 9):

Die Regelungen zur strategischen Gasreserve werden bis zum 30. September 2025 befristet und sind davor zu evaluieren. Für den Fall des Auslaufens der entsprechenden Bestimmungen ist durch Verordnung der Bundesregierung über die Verwendung der Gasreserve zu entscheiden. Diese Verordnung (wie jene nach § 18a Abs. 2) bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates, welche in sinngemäßer Anwen­dung des Art. 55 Abs. 5 B-VG in Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mit­glieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilen ist.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.