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Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Liebe ÖVP! Ich beginne in Zeiten wie diesen mit einem Hoch auf die soziale Gerechtigkeit in Österreich. Das ist es, was es braucht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: ... Mitgliedsbeiträge raufschnalzen! Sehr sozial! – Abg. Michael Hammer: Was ist das außer einer leeren Floskel bei Ihnen?!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben die höchste Teuerung seit 40 Jahren in Österreich (Abg. Michael Hammer: Da wird aber der Rathausplatz beben bei so einer Rede!), eine durchschnittliche Mehrbelastung für die Familien, für die Menschen von 1 400 Euro. Das ist eine Menge Geld.
Kann die Regierung etwas dafür? – Nein, Sie haben völlig recht, nicht unmittelbar! Aber könnte sie gegensteuern? – Ja, jedenfalls, aber sie tut es nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das tut sie! 4 Milliarden Euro! – Zwischenruf des Abg. Zarits.)
Die Frage ist schon: Seit über sechs Monaten steigen die Sprit- und Energiepreise. Wie lange wollen Sie noch zusehen? Die Frage ist schon: Wie lange wollen Sie noch irgendwelche Scheindiskussionen führen, um zu verschleiern, dass Sie nichts tun? Und wie lange – auch wenn Sie es abstreiten – wollen Sie Millionen von Menschen alleine im Regen der Teuerung stehen lassen?
Die Schlangen vor den Sozialmärkten werden immer länger, dort sind Sie offenbar nicht und sehen das nicht. Auch immer mehr Vollzeit arbeitende Menschen in Österreich, Pensionistinnen und Pensionisten, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, können sich das Leben im Zuge dieser Teuerung immer weniger leisten. Sie haben gesagt, die Menschen in Österreich sollen keine Existenzängste haben. – Sie haben Existenzängste! Auch uns schreiben mittlerweile Hunderte, oft Tausende, vor allem Pensionistinnen und Pensionisten. Und eine hat kürzlich geschrieben:
Wir haben unser Leben lang hart gearbeitet, wir haben immer unseren Beitrag geleistet, und jetzt sind wir auf das Geld unserer Kinder angewiesen, damit wir die Heizrechnungen zahlen können. Wissen Sie eigentlich, wie sich das anfühlt? – Zitatende.
Das zu lesen, liebe ÖVP, das tut weh! Diese Menschen bitten uns inständigst um Hilfe. In dieser Situation ist der Plan der Bundesregierung offenbar, flotte Sprüche zu machen – der Vizekanzler am Wochenende, der von einer „Hysterie“ gegen die Teuerung gesprochen hat, Richtung Opposition gerichtet. Der Plan ist auch ein Schweigen und eine Abwesenheit des Bundeskanzlers in dieser heiklen Zeit. Der Plan ist offenbar die Aufforderung eines ÖVP-Finanzministers an die Gewerkschaften unseres Landes, sich bei den Löhnen der Menschen in dieser Situation zurückzuhalten. – Nein, liebe Gewerkschaften, ihr müsst auf der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kämpfen. Danke dafür! (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist die Antwort dieser Bundesregierung auf die Hilferufe aus der Bevölkerung. Offenbar haben Sie keine Ahnung. Offenbar haben Sie komplett den Kontakt zu den Menschen, zu deren Problemen verloren, und eines sollten Sie jetzt tun – der Bundeskanzler und der Vizekanzler sind leider nicht da –: Sie sollten nicht in Ihren Büros im 500. Arbeitskreis sitzen, sondern Sie sollten eines machen: in einen Supermarkt gehen, dort zur Kassa gehen und den Menschen dort erzählen, was Sie uns gerade erzählt haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie sollen von fehlender sozialer Gerechtigkeit oder Treffsicherheit reden, von der Hysterie, die angeblich hinter diesen Teuerungshilferufen steht. Und dann hören Sie den Menschen zu, was die Ihnen auf Ihre Argumente antworten. Bitte tun Sie aber eines nicht: Der Vizekanzler ist bekannt dafür, dass er gerne Schmähs macht, ja, aber halten Sie die Menschen nicht am Schmäh, denn dafür ist diese Situation viel zu ernst, sie ist alles andere als lustig! (Beifall bei der SPÖ.)
Es wäre ehrlicher, liebe Regierung aus Türkis und Grün, es ganz einfach auszusprechen, wie es ist: Sagen Sie, dass Sie es nicht schaffen, dass Sie es nicht können und dass Sie es nicht wollen!
Ja, und dem Vizekanzler sollte man ausrichten, dass er sehr flott mit seinen Sprüchen ist, aber er sollte das nicht nur gegenüber der Opposition sein, sondern er sollte sich irgendwann auch einmal bei seinem Koalitionspartner ÖVP durchsetzen, der seine Strategie offenbar gewechselt hat. Zuerst war das Motto, die Grünen ins Leere laufen zu lassen, jetzt ist das Motto: Zeigen wir die grüne Justizministerin einmal an, geben wir es der Gewessler im Untersuchungsausschuss! – So etwas nennt man Regierung. (Abg. Hanger: Haben Sie Angst vor den SPÖ-Chats? Das ist keine Anzeige ...!) Beenden Sie dieses Trauerspiel an Planlosigkeit, an Tatenlosigkeit! Mit diesem Chaos verunsichern Sie die Menschen in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)
Flotte Sprüche und die 25. Überprüfungskommission werden den Menschen nicht helfen. Der Vizekanzler hat angekündigt, er geht bei der Mehrwertsteuerbefreiung von Lebensmitteln mit. (Abg. Kickl: ... ihr Koalitionspartner!) Machen wir heute die Probe aufs Exempel: Stimmen Sie unserem Antrag zu, liebe Grüne, so wie es Ihr Vizekanzler angekündigt hat! Lassen wir den Kaviar weg, den braucht niemand, da haben Sie völlig recht, der ist nicht in unserem Antrag drinnen, aber werden Sie endlich tätig! (Beifall bei der SPÖ.)
Werden Sie endlich tätig und handeln Sie! Und werden Sie auch bei der Preiskontrolle tätig, denn auch die ist in diesem Zusammenhang notwendig. Passen Sie die Pensionen auf das tatsächliche Ausmaß dieser Inflation an und bereichern Sie sich nicht auf Kosten der Österreicher und Österreicherinnen an dieser Teuerung! Machen Sie endlich Politik für die Menschen in diesem Land, liebe Bundesregierung! Reden Sie sich nicht heraus, sondern handeln Sie und tun Sie! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
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