10.51
Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Zu Beginn möchte ich meine schärfste Verurteilung des abscheulichen Angriffs- und Vernichtungskrieges Russlands gegen die Ukraine zum Ausdruck bringen. Ich möchte aber auf die Frage der Energieversorgung eingehen, und da muss ich ein bisschen weiter ausholen als bis zum 24. Februar, dem Beginn des Krieges, zurück.
Schon vergangenen Herbst, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, genau genommen schon über den gesamten Sommer 2021 hinweg hat sich abgezeichnet, dass auf den Strom- und Gasmärkten eine sehr bedenkliche Entwicklung im Energiebereich einsetzen wird. Es sind nämlich aufgrund der damals schon hohen Großhandelspreise für Erdgas die Speicher über den Sommer nicht gefüllt worden. Das hatte zur Folge, dass zu Beginn der Heizsaison die Speicher nur sehr, sehr gering gefüllt waren, circa zu 55 Prozent. Die Regierung hat unseren Hinweis auf die gefährdete Erdgasversorgung aber einfach ignoriert. Wir haben sehr, sehr oft darauf aufmerksam gemacht, und noch im Herbst, am 20. Oktober beim EU-Hauptausschuss – ich kann mich noch sehr gut erinnern –, hat der damalige Bundeskanzler Schallenberg gesagt, die Gasspeicher sind prall gefüllt. – Bei 55 Prozent von prall gefüllt zu sprechen ist sehr mutig.
Gleichzeitig haben sich an den Energiebörsen bereits im vergangenen Jahr dramatische Preisanstiege abgezeichnet und bemerkbar gemacht. Wieder haben wir darauf hingewiesen, dass diese Preise letztendlich bei den HaushaltskundInnen, bei der Wirtschaft und bei der Industrie sehr, sehr unsanft aufschlagen werden. Während sogar die EU-Kommission sehr schnell reagiert hat und zu einem EU-Energieministertreffen nach Luxemburg eingeladen hat, nämlich genau am 26. Oktober – Österreich glänzte durch Abwesenheit –, bei dem bereits eine Toolbox an Maßnahmen zur Verfügung gestellt wurde, hat unsere Regierung – damals auch Bundeskanzler Schallenberg – gesagt: Wir schauen genau und wir beobachten den Markt! – Ja, geschaut haben wir eh sehr lange. Viel zu spät, viel zu zaghaft und viel zu zögerlich sind dann heuer einzelne Maßnahmen angekündigt worden, und die meisten sind bis heute nicht umgesetzt.
Wir sind zu 80 Prozent – so stark wie kaum ein anderes europäisches Land – von russischem Gas abhängig, und wir haben in der Vergangenheit vom billigen und verlässlich gelieferten Gas aus Russland profitiert. Der Krieg in der Ukraine hat uns aber deutlich vor Augen geführt, dass diese Versorgung nicht selbstverständlich ist und dass sie auch einen sehr, sehr hohen politischen Preis hat. Wir sehen aber auch, dass diese Regierung nicht in der Lage ist, die drohenden Versorgungskrisen in den Griff zu bekommen: keine Strategie, kein Plan. Angeblich wurde heute einer vorgestellt – wir als Energiesprecher kennen ihn leider nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Erst auf Druck, geschätzte Frau Bundesministerin, meinerseits – ich habe am 24. Februar hier im Hohen Haus einen Entschließungsantrag eingebracht – wurde der Energielenkungsbeirat zu einem ersten Zusammentreffen am 1. März eingeladen. Zu dieser Sitzung möchte ich nicht sehr viel sagen. Es war mehr oder weniger eine Informationsveranstaltung. Die E-Control und die Erdgaswirtschaft haben uns berichtet, mehr war nicht zu erwarten.
Geschätzte Damen und Herren, jetzt, am Ende der Heizsaison, zu einem Zeitpunkt, an dem die Speicher wieder gefüllt werden, weil ja mehr Gas nach Österreich kommt, als jetzt verbraucht wird, hat man fast den Eindruck, es wird ein bisschen gesagt: Na ja, es ist eh alles in Ordnung, es passt alles! Gut gegangen, nichts ist geschehen! – So aber kann Politik nicht funktionieren, und so gefährden wir vor allem Österreich, seine Menschen, seine Industrie und seine Wirtschaft ganz massiv – und das ist auf das Schärfste zurückzuweisen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben vielleicht die aktuelle Heizperiode jetzt einmal hinter uns gebracht, aber wo ist der Plan für die kommende Saison?
Geschätzte Damen und Herren, den Plan zur mittelfristigen Sicherung der österreichischen Versorgung aufzustellen und die drohende Versorgungskrise in den Griff zu bekommen, das ist unsere große Frage. Man hat es jetzt am Beispiel Polens und Bulgariens gesehen: Heute um Mitternacht wurde die Versorgung eingestellt – und Sie, geschätzte Frau Bundesministerin, haben vorhin in einer Pressekonferenz gesagt, über die Versorgungsrouten Nord Stream und die Ukraine werde uneingeschränkt Gas geliefert. Man kann sich bei Präsident Putin aber nicht hundertprozentig sicher sein.
Ja, Sie haben es auch in Ihrer Rede angesprochen, geschätzte Frau Ministerin, Sie haben gesagt, wir müssten jetzt mehr oder weniger Gas geben. Ich kann dazu nur sagen: Diese Regierung ist der personifizierte Stillstand schlechthin. Ich sage Ihnen auch, warum: kein Klimaschutzgesetz seit 481 Tagen, kein Energieeffizienzgesetz seit 481 Tagen, kein Erneuerbare-Wärme-Gesetz – das schon lange angekündigt wurde –, keine Wasserstoffstrategie, keine Grüngasstrategie – nichts da; und kein einziger Euro aus dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist bislang geflossen. Neun Monate – Frau Ministerin, Sie haben es angesprochen, am 7. Juli haben wir es hier beschlossen –, 294 Tage ist nichts passiert. Wie wollt ihr denn den Ausbau der Erneuerbaren und somit die Abkehr von fossiler Energie voranbringen, wenn ihr all das nicht zusammenbringt? Macht endlich euren Job oder tretet zurück! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
10.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter zum Europäischen Parlament Vilimsky. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter. Die Redezeit beträgt auch für Sie 5 Minuten.