11.42

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die NEOS haben es in der Aktuellen Euro­pastunde ausgesprochen: Europa muss raus aus Öl und Gas. Das Thema ist recht interessant, weil die NEOS eigentlich total unklare Aussagen tätigen. Einerseits wollen Sie, dass wir ein Embargo aussprechen, dass kein Geld mehr nach Russland fließen soll, ande­rerseits sagen Sie aber, ein Importstopp ist total kritisch. Sie sollten eigentlich den Men­schen draußen sagen, was Sie wirklich wollen. Unklare Aussagen bringen gar nichts, das Thema ist viel zu wichtig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Man sollte sagen: Es kann keinen Importstopp geben. Das muss ganz klar ausge­sprochen werden. Das wäre hochgefährlich für Österreich, das muss man klar sagen. Es kann auch nicht sein, dass wir durch ein Embargo eine kritische Situation in Österreich bekom­men, womit wir Massenarbeitslosigkeit verursachen. Niemand will eine Rezession. Das sollten Sie den Menschen auch klar sagen.

Wir sollten auch bitte nicht so naiv sein, zu glauben, dass, wenn wir ein Embargo aus­sprechen, Russland seine Meinung ändern wird. Russland – das bestätigt auch der Experte Mangott – hat unlängst auch gesagt, dass es seine Meinung nicht ändern wird. Das sollten wir auch klar aussprechen.

Zur Kritik meines Kollegen Lukas Hammer von der Regierungskoalition muss ich jetzt auch einmal klar aussprechen, dass ich es hier nicht so stehen lassen kann, dass sich Österreich in den letzten 20 Jahren in eine Abhängigkeitsfalle begeben hat. Wir müssen einmal Klartext reden: Was gab es denn für Alternativen? – Atom: Das wollten wir nicht und das wollen wir auch heute nicht. Was gab es für eine weitere Alternative? – Kohle: Diese ist umweltschädlicher als Gas. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Man muss auch dazusagen: Es waren die vorangegangenen Regierungen, die die derzeiti­gen grünen Kilowattstunden auf den Weg gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Welche Alternativen hat es denn damals für Österreich gegeben? Welche hätten die Grünen vorgeschlagen? – Ich darf daran erinnern, wenn ich einen Rückblick mache: Wasserkraft. Wie viele Demonstrationen hat es gegen Wasserkraft gegeben? – Nicht eine, mehrere.

Österreich hat sich dafür entschieden, einen Weg zu gehen, um den Standort und die Arbeitsplätze abzusichern, um damit eben auch wirtschaftlichen Erfolg zu sichern und das Sozialsystem zu ermöglichen, das wir heute haben.

Zu Kollegin Herr von der SPÖ: Du stehst hier und sagst: Raus aus Gas!  Ich glaube, es ist noch nicht klar, welches Volumen das für Österreich bedeutet. Wir brauchen derzeit 96 Terawattstunden Gas in ganz Österreich. Wenn ich das jetzt bildlich darstellen darf: Das entspricht 96 Donaukraftwerken à la Freudenau oder, um es anders darzustellen, das würde bedeuten, wir brauchen 12 800 Windräder mit je 3 Megawatt. (Zwischenruf der Abg. Herr.) Ich weiß nicht, ob das bewusst ist: Wir haben derzeit 1 307 Windräder, mit dem EAG werden wir 1 408 Windräder bauen. Das heißt, es fehlen noch 10 000 Wind­räder. Ich weiß nicht, wie du dir vorstellst, dass wir komplett raus aus Gas gehen. Das funktioniert nicht. Das kann nicht funktionieren. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Herr.)

Wir sollten das alles realistisch betrachten. Wir können nur etwas bewegen, wenn wir realistisch sind. Das kann nicht nur ein Weg sein, das müssen mehrere Wege sein. (Zwischenruf der Abg. Herr.) Wir haben jetzt schon unterschiedliche Wege von unter­schiedlichen Kollegen beschrieben bekommen. Für mich ist ganz wesentlich, dass wir einen Weg finden, der machbar und auch realistisch ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Da kommen wir jetzt auch zu der Frage: Was ist machbar? Was ist realistisch? Alter­native Energiepartner zu finden ist ein realistischer Weg. Es ist auch wichtig, dass wir Norwegen weiter aktivieren und mehr Gas bekommen. Ein weiteres Thema ist die Eigenproduktion. Das ist auch machbar. Beim Thema, die erneuerbare Energie auf den Weg zu bringen, muss ich schon sagen, dass man realistisch sein muss, denn wenn wir bei diesem erneuerbaren Weg die Versorgungssicherheit nicht mitdenken und die Netze nicht stabilisieren, wird uns das auch nicht weiterbringen, liebe Kollegen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was die erneuerbare Wärme betrifft, haben wir sehr differenzierte Meinungen – wir haben sie heute schon gehört. Wir reden dabei von 900 000 Gasheizungen und 520 000 Ölhei­zungen. Ich darf jetzt eine Zahl nennen: Auch wenn wir im Jänner 2022 den Ausbau gestartet haben, werden wir bis 2040 die Gasheizungen, die Thermen und die Ölhei­zungen nicht ausbauen können. Das schaffen wir nicht. Wir müssten jetzt täglich 213 Anlagen ausbauen. Wie soll denn das bitte funktionieren? Und vom Gasherd habe ich noch gar nicht gesprochen. Ihr redet von der Wärme – was ist mit dem Gasherd? Haben wir dann den Gasherd und die Wärme erneuerbar? Was soll das sein? (Abg. Herr: Das steht im Regierungsprogramm!)  Es steht drinnen, dass das im Neubau nicht eingebaut werden darf. Wir müssen aber auch klar sagen: Womit sollen die Leute heizen?

Eine weitere Möglichkeit, die noch gar nicht angesprochen worden ist, ist das Potenzial erneuerbarer Abwasserenergie. Diese ist in der EU bereits anerkannt, in Österreich wird noch gar nicht beziehungsweise ganz wenig davon gesprochen. Es freut mich auch – ich kann mich an Zeiten erinnern, als beim Biogas immer das Thema war, es sei teuer und wir wollen es eigentlich nicht mitfinanzieren –, dass wir auch beim Biogas voran­kommen. Wir sollten uns alle möglichen Technologien offenlassen und keine Technolo­gieverbote aussprechen. Es ist ein weiter Weg, und den können wir nur gehen, wenn wir auch machbare Lösungen finden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter des Euro­päischen Parlaments Schieder. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter. Das Wort steht bei Ihnen.