14.05
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ja, wenn sich die Reihen lichten, dann wissen wir, es geht um Gleichbehandlung.
Wir setzen uns im Gleichbehandlungsausschuss, wie der Name schon sagt, für die Gleichbehandlung von Geschlechtern ein, aber gerade im Gesundheitsbereich brauchen wir eine Ungleichbehandlung der Geschlechter, nämlich im medizinischen Bereich, und zwar sehr dringend. Männer und Frauen sind da anders zu betrachten und anders zu behandeln. Sie haben unterschiedliche Bedürfnisse, wenn es um medizinische Untersuchungen geht, wenn es um Diagnosen und Medikationen geht. Das haben meine VorrednerInnen auch schon sehr deutlich und ausführlich berichtet, aber das Thema Gendermedizin ist einfach größer als Herzinfarkte. Gendermedizin ist einfach nur ein Mosaikstein im ganz großen Bild der Gleichberechtigung der Geschlechter.
Im Jänner dieses Jahres hat auf Twitter unter dem Hashtag FrauenBeimArzt eine Debatte über Gewalterfahrungen im medizinischen Bereich begonnen, seien das sexuelle Übergriffe beim Zahnarzt, es wurde berichtet über Gewalt bei der Geburt, über verbale Beleidigungen und Demütigungen durch medizinisches Personal. Wenn Frauen dann diese Geschichten öffentlich machen, dann gelten sie als sensibel, als hysterisch und auch als weniger glaubhaft. Dabei ist ja längst erwiesen, dass wir Frauen eine deutlich höhere Toleranzgrenze bei Schmerzen haben; Kollegin Pfurtscheller hat das auch gut beschrieben, wir kurieren einen Männerschnupfen ganz nebenbei aus.
Das Ignorieren von Frauen und ihren Bedürfnissen ist aber nicht nur ungerecht, es ist im Gesundheitsbereich auch gefährlich, wenn gesellschaftliche Rollenbilder darauf Einfluss nehmen, wie Personen medizinisch behandelt werden. Hinzu kommt, dass die Gesundheit einer Person auch durchaus durch gesellschaftliche Faktoren beeinflusst wird. Frauen arbeiten tendenziell in schlechter bezahlten Berufen, sie werden auch im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen schlechter bezahlt. Diese Schlechterstellung hat dann natürlich auch mit dem Gesundheitsbereich, mit dem Gesundheitszustand unmittelbar zu tun, denn niedrige Einkommen von Frauen sind ja oft bedingt durch die ungleiche Verteilung von Carearbeit – Stichwort Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen – und daher auch auf gesellschaftliche Missstände zurückzuführen.
Das bedeutet, wer weniger Einkommen hat, weil er vor allem viel Carearbeit, unbezahlte Carearbeit leistet, hat dann auch weniger Möglichkeiten, sich um seine Gesundheit zu kümmern, und das sind dann meistens die Frauen.
Es zeigt sich also einmal mehr, dass es auch beim Thema Gesundheit, insbesondere bei Frauengesundheit einen sehr umfassenden Zugang braucht. Der Frauengesundheitsbericht, wie wir ihn heute beschließen werden, muss auch all diesen Aspekten Rechnung tragen, denn nur dann wird er auch einen Beitrag zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen leisten.
Ich möchte auch noch gerne ein Wort zu der aufkeimenden Abtreibungsdebatte sagen. Natürlich ist das ein Thema, das uns auch hier beschäftigt. Wir haben die Heartbeat Bill in Texas, wir haben seit wenigen Tagen ein De-facto-Abtreibungsverbot in Oklahoma, in Polen gibt es kaum Möglichkeiten oder eigentlich gar keine Möglichkeit mehr für Frauen, abzutreiben, auch nicht nach Vergewaltigungen, ganz im Gegenteil, Frauen sterben dort aufgrund missratener Eingriffe.
Das ist ein Thema, das natürlich auch nach Österreich kommt. Man braucht nicht zu glauben, dass das irgendwo anders stattfindet und wir uns hier nicht auch entsprechend und adäquat darüber unterhalten müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
14.08
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.