15.49
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Es ist bezeichnend, dass der Finanzminister zur Beantwortung dieser Dringlichen die Verteidigungsministerin als Begleitung mitnehmen muss. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS.)
Die wirtschaftliche Entwicklung setzt die Bevölkerung unter Druck. Das betrifft alle. Klubobfrau Meinl-Reisinger hat es schon geschildert: Die Menschen können richtig zuschauen, wie die Waren des täglichen Bedarfs teurer werden.
Das betrifft aber natürlich die Unternehmerinnen und Unternehmer genauso: höhere Einkaufspreise, gestiegene Energiepreise, gewaltige Lohnforderungen der Gewerkschaften und – seit Jahrzehnten bekannt – hohe Lohnnebenkosten, zu diesen gehören zum Beispiel auch die Wirtschaftskammerbeiträge. Aber damit nicht genug: Der Herr Bundesminister hat gesagt, man müsse der Frage der Teuerung auf allen Ebenen begegnen. In den Bundesländern ist das ganz, ganz wichtig, und darauf möchte ich Bezug nehmen.
Wie wir nämlich in Vorarlberg hören und sehen, werden die Unternehmer nicht nur von der wirtschaftlichen Situation unter Druck gesetzt, sondern auch vom ÖVP-Wirtschaftsbund und von Regierungsmitgliedern der ÖVP. Es gilt natürlich bei allem, was ich sage, die Unschuldsvermutung, es gilt aber auch die Unmutsverschuldung. (Beifall bei den NEOS.)
Sie werden unter Druck gesetzt, in einer Sinnloszeitung Inserate zu schalten und so Geld zur ÖVP zu schieben. Die Wirtschaftskammer schaltet Inserate in der Wirtschaftsbundzeitung und schiebt so Zwangsbeiträge zur ÖVP. (Abg. Hörl: Geh, Loacker!) Fachgruppen innerhalb der Kammer schalten Inserate in der Wirtschaftsbundzeitung, Franz Hörl, und schieben so Geld an die ÖVP. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) – Ja, das habt ihr in Tirol nicht so perfektioniert wie die Vorarlberger, aber mit dem Geldverschieben kennt ihr euch auch aus. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hörl: Aufpassen, gell!)
Medienberichten zufolge habe nicht nur Wirtschaftsbunddirektor Kessler, sondern auch Landeshauptmann und ÖVP-Chef Markus Wallner bei diesem üblen Spiel mitgemacht; so wird geschrieben. Und man weiß das in Vorarlberg: Wer nicht inseriert, bekommt seine Betriebsanlagengenehmigung nicht, bekommt seine Umwidmung nicht, bekommt seine Baugenehmigung nicht oder später oder halt mit mehr Auflagen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Weidinger und Hörl.) – Es gilt auch hier die Unschuldsvermutung. (Abg. Meinl-Reisinger: Schutzgeld!)
Nun, man könnte natürlich, anstatt mit Kammergeld in der ÖVP-Wirtschaftsbundzeitung zu inserieren, auch die Kammerbeiträge senken und so die Lohnnebenkosten runterdrücken, aber lieber schleust man das Geld in die ÖVP. (Beifall bei den NEOS.)
Es ist in Vorarlberg auch so normal, dass ein kleiner Wirtschaftsbundfunktionär in der Kammer 10 Prozent seiner Aufwandsentschädigung an den Wirtschaftsbund abdrückt. Allein das Abdrücken dieser 10 Prozent macht in der Miniwirtschaftskammer Vorarlberg 100 000 Euro im Jahr aus, und so wird das Geld immer schön in die ÖVP-Organisation gespült.
Nun zu diesem Millionengeschäft mit den Inseraten, das Geld in die Kassen bringt: Das geht seit Jahrzehnten so, und das weiß in Vorarlberg jeder, jeder und jede. (Abg. Hörl: Sie waren doch auch beim Wirtschaftsbund!) Jetzt gibt es aufgrund einer anonymen Anzeige eine Prüfung des Wirtschaftsbundes durch die Finanzbehörden. Das Finanzamt und die Staatsanwaltschaft sind gerade in einer Besprechung, was denn da alles zur Anklage kommen soll. Es geht um verdeckte Parteienfinanzierung, Steuerhinterziehung, aber auch um Untreue und Geldwäsche. Auch da gilt überall die Unschuldsvermutung, aber, Herr Nationalratspräsident, es ist nicht damit abgetan, zu sagen: Dann zahlen wir die Steuer halt nach! – Es geht auch um Untreue und Geldwäsche. (Beifall bei den NEOS.)
Da gibt es einen Korruptionsverdacht. Ja, es ist ein Verdacht, aber es ist ein ernster Verdacht und es geht nicht um Kleinigkeiten. Stellen Sie sich einmal vor: Dieser Wirtschaftsbund druckt eine Zeitung, die im Jahr 800 Inserate entgegennimmt – 800 Inserate! –, die Inseratsseite zu 3 000 Euro. 50 Seiten Inserate haben Sie in so einer Ausgabe drin, 50-mal 3 000 Euro also, und dafür haben die keine Umsatzsteuer eingehoben! Das muss einem Unternehmer, der vom Finanzamt geprüft wird, einmal einfallen, zu sagen: Ups, ich habe gedacht, ich muss keine Umsatzsteuer zahlen, ich mache ein Millionengeschäft und muss keine Umsatzsteuer zahlen! – So schön stellt man sich das bei der ÖVP vor. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Dann muss man mir erzählen, dass der frühere politische Direktor des Wirtschaftsbundes, Magnus Brunner, nichts gewusst hat und der frühere Büroleiter von ÖVP-Parteichef Sausgruber, Magnus Brunner, von alledem auch nichts gewusst hat und total überrascht ist, so wie viele Ostösterreicher davon überrascht sind. (Beifall bei den NEOS.)
Vorarlberg ist deswegen das sauberste Bundesland, weil am meisten unter den Teppich gekehrt wird, und damit kennt sich die ÖVP perfekt aus. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger. – Beifall bei den NEOS.)
Man muss sich das vorstellen: Die Landesräte, die der Wirtschaftsbund nominiert hat, haben Bargeld bekommen, um damit ihre Auslagen zu zahlen. Wenn Sie beim Landesrat in seinem Büro auf einen Kaffee eingeladen waren, hat angeblich der Wirtschaftsbund diesen Kaffee gezahlt. Bargeld: Landesrat Rüdisser hat seinen Chauffeur mit dem Auto von Bregenz nach Feldkirch geschickt, damit dieser dort 500 Euro in bar abholt und ihm nach Bregenz bringt. Ich meine, wir sind in einem Zeitalter, in dem es Banküberweisungen gibt. Man fragt sich, was mit diesem Bargeld alles gekauft wurde.
Herr Finanzminister, wie erklären Sie einem Unternehmer, dass er nicht einfach Bargeld aus der Kasse nehmen und damit irgendwelche Auslagen zahlen kann, für die er keinen Beleg hat? Ich frage mich sowieso: Wo kauft man Kaffee, ohne dafür einen Beleg zu bekommen? – Das schafft echt nur ein ÖVP-Landesrat! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Bösch.)
Weil es ja üblich ist, dass Wirtschaftsbundamtsträger Bargeld bekommen, muss ich schon fragen: Herr Minister, haben Sie vom Wirtschaftsbund für Ihre Auslagen auch pauschal Bargeld bekommen?
Die Vorarlberger Landtagsvizepräsidentin Monika Vonier hat das in der Landtagsdebatte am Montag schön zusammengefasst. Sie hat gesagt: Es wird alles in einen Topf geschmissen, Wirtschaftsbund, Wirtschaftskammer und ÖVP, und dann kommt ein giftiger Eintopf heraus. – Ich finde, sie hat recht. (Beifall bei den NEOS.)
Man muss sich das vorstellen: Da wird Geld aus der Kasse genommen, es wird aufgeschrieben: Spende Rotes Kreuz – und das Rote Kreuz sagt: Wir haben dieses Geld nie bekommen! (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ein Wahnsinn!) Jetzt frage ich: Wenn ein Mitarbeiter das bei mir macht – er nimmt Geld aus der Kasse, schreibt Rotes Kreuz drauf und das Rote Kreuz hat das Geld nicht bekommen –, was würde ich mit ihm machen? – Fristlose Entlassung, nicht wahr?
Es gibt aber keine fristlose Entlassung. Der Wirtschaftsbunddirektor ist noch nicht einmal gekündigt. Es wurde nur der Zeitung gesagt, der nächstmögliche Termin, zu dem eine Kündigung wirksam werden könnte, wäre der 31.12. Er ist aber noch nicht einmal gekündigt.
Wann kann man nicht entlassen? – Ja wenn Sie als Arbeitgeber es immer gewusst und geduldet haben! Dann können Sie keine Entlassung aussprechen. Also steht wohl im Raum, dass sämtliche Beteiligte immer gewusst haben, was da passiert, und es gutgeheißen haben. (Beifall bei den NEOS.)
Das ist das Problem: Da wird mit Steuergeld operiert, wir haben eine hohe Steuerlast, weil das politische System so viel Geld frisst, und dann wird es nicht einmal korrekt verwendet. Wenn der Wirtschaftsbund auf korrektes Steuerzahlen aufpasst, dann kann man gleich den Hund auf die Wurst aufpassen lassen. (Abg. Hörl: Hallo, hallo!)
Wissen Sie, es ist in Vorarlberg noch nie ein politisches Delikt angeklagt worden, die Staatsanwaltschaft Feldkirch hat noch nie einen ÖVP-Politiker wegen eines politischen Delikts angeklagt. Deswegen gibt es bei uns keine Korruption – das wird alles irgendwie eingestellt (Zwischenruf des Abg. Stocker), da gibt es vorauseilenden Gehorsam. Ich möchte wissen, wie der Minister sicherstellt, dass, wenn seine Behörde den Wirtschaftsbund prüft, da nicht in vorauseilendem Gehorsam ein bisschen ein Auge zugedrückt wird, sondern dass er mit der vollen Strenge des Gesetzes – wie jeder andere Unternehmer auch – geprüft wird, wenn er Geld einnimmt. – Wie stellen Sie das sicher, Herr Minister? (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stocker.)
Die Unternehmer stehen unter wirtschaftlichem Druck: hohe Energiepreise, hohe Löhne, hohe Lohnnebenkosten, hohe Großhandelspreise. Niemand braucht zusätzlichen Druck durch die Exponenten des Wirtschaftsbundes. (Beifall bei den NEOS.)
15.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gödl. – Bitte.