20.08

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die sich mit Geschichte auseinandersetzen und ver­suchen, Geschichte auch im Nachgang so objektiv wie möglich darzustellen. Wir wissen, dass es gerade uns in Österreich sehr, sehr schwerfällt, mit den schwarzen Kapiteln im 20. Jahrhundert umzugehen. Genau dieser Umgang mit unserer Zeitgeschichte braucht aber endlich Platz, um sich mit unserer Geschichte differenziert auseinanderzusetzen und das österreichische Werden und das Gewordensein zu bearbeiten.

Doch bis auf uns NEOS möchten alle übrigen hier in diesem Haus vertretenen Parteien der Geschichte diesen Platz nicht geben, und zwar im Haus der Geschichte Österreichs. Alle Parteien hier herinnen außer uns – ÖVP, SPÖ, die Grünen, sogar die FPÖ – waren bereits in Regierungsverantwortung, seit es dieses Haus der Geschichte in Österreich gibt. Der aktuellen SPÖ muss man allerdings zugutehalten, dass sie ihre Ansicht noch einmal ein bisschen abgeändert hat und dass sie jetzt, nachdem Kulturminister Drozda damals die Fläche für das Museum ja reduziert hat, mit uns gemeinsam im Ausschuss und heute einen Antrag auf ein eigenständiges Bundesmuseum eingebracht hat.

Es hat 2019 einen Evaluationsbericht gegeben, und bis heute ist nichts passiert. In diesem Bericht wurde klar aufgezeigt, was notwendig wäre und was es bräuchte, aber der einzige rote Faden in dieser Bundesregierung oder der schwarz-grüne Faden in dieser Bundesregierung meiner Meinung nach ist, dass man diese Entscheidungen eben nicht trifft und man nichts tut.

Die Standortfrage ist nicht geklärt. Es gibt eine mickrige Basisabgeltung, eine vernünftige Erhöhung derselben ist nicht geklärt. Ganz ehrlich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Was soll ein Museum mit 1,5 Millionen Euro im Jahr anfangen?

Nur zum Vergleich: Es gibt im Heeresgeschichtlichen Museum 72 MitarbeiterInnen – 72!

Ich glaube, man sollte sich überlegen, wie man damit in Zukunft umgehen will. Die beliebteste Entscheidung der Regierung – wir haben es heute schon ein paar Mal gehört – ist ja: Rein in die Schublade, Wiederschauen, in die Endlosschleife bringen, und das geht einfach nicht. Wir sind hier, um Entscheidungen zu treffen, und wir müssen auch für dieses Museum eine Entscheidung treffen.

Es ist wenig überraschend, dass unser Antrag, den wir gemeinsam mit der SPÖ einge­bracht haben, das letzte Mal einfach wieder schubladisiert worden ist. Direktorin Som­mer, ich war neulich bei ihr, ist wirklich sehr bemüht, in diesem Haus, das ihr zur Verfü­gung steht, etwas zu machen, aber es gibt weder Geld noch eine durchgängige Fläche. Sie können nicht sicher sein, ob sie nächstes Jahr noch dort sein werden, sie wissen es einfach nicht. Sie wissen auch nicht, ob sie nächstes Jahr noch Geld bekommen werden. So kann ein Museum nicht arbeiten, und es braucht endlich den Willen der Politik, diesen Zustand so zu verändern, dass dieses Museum existieren kann, und zwar gut existieren kann. Es braucht Eigenständigkeit, ein sinnvolles Budget und die Klärung der Frage des Standorts.

Es ist höchst an der Zeit, hinsichtlich dieses Museums eine Entscheidung zu treffen. Man kann auch hier herinnen eine Entscheidung treffen und Haltung zeigen. Deswegen stehen wir nämlich immer auf und setzen uns wieder hin. Es geht um eine Haltungsfrage: Will ich dieses Museum oder will ich es nicht?

Genau aus diesem Grund bringen wir NEOS heute noch einmal mit der SPÖ gemeinsam die­sen Entschließungsantrag zum Haus der Geschichte ein, und zwar mit folgendem Inhalt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zukunft des Haus der Geschichte Österreichs“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffent­lichen Dienst und Sport wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Bundes­museen-Gesetzes 2002 vorzulegen, mit der

- das Haus der Geschichte Österreichs den Status eines eigenständigen Bundesmuseums erhält

- die Basisabgeltung deutlich erhöht wird

- dem HdGÖ mehr Platz für seine wichtige Tätigkeit zur Verfügung gestellt wird.“

*****

Ich freue mich über breite Unterstützung. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Zukunft des Haus der Geschichte Österreichs

eingebracht im Zuge der Debatte in der 153. Sitzung des Nationalrates über den Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2397/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Die Pandemie ist nicht zu Ende – Kultur­hilfen sind weiter nötig“ (1433 d.B.) - TOP 10

Und wenn man nicht mehr weiterweiß, bildet man einen Arbeitskreis. Und diesen Arbeitskreis gab es auch, und zwar 2019 mit einem Expert*innenteam, das evaluierte, wie es mit dem Haus der Geschichte Österreichs (HdGÖ) nach Mai 2020 weitergehen soll. Doch von Seiten der Regierung ist seitdem leider nichts passiert und Papier ist bekanntlich geduldig. Es gibt weder Entwicklungen bei der Standortfrage, die nach wie vor ungeklärt ist und einen Vertrag mit dem KHM beinhaltet, der jährlich von Seiten des KHMs kündbar ist, noch bei einer vernünftigen Basisabgeltung, mit der das Team des Museums wirklich gut arbeiten kann. Die aktuellen 1,5 Mio. € im Jahr sind im Vergleich zu anderen Bundesmuseen sehr niedrig. Und genau da kommen wir zum nächsten Problem: Das HdGÖ ist immer noch in die Nationalbibliothek eingegliedert und kein eigenständiges Bundesmuseum.

Aber nochmal von Anfang an: Das momentane Schweigen der Regierung zum HdGÖ spiegelt sich auch im Regierungsprogramm wider. Das Museum wird mit keinem Wort erwähnt, obwohl seit 25. November 2019 die Evaluierung der von der ehemaligen Bundesregierung eingesetzten – Expert*innen mit klaren Empfehlungen vorliegt. Das HdGÖ ist seit 2000 in jedem Regierungsprogramm verankert gewesen. 2014 wurden unter dem damaligen Kulturminister Dr. Josef Ostermayer konkrete Pläne in der Neuen Burg präsentiert. 2015 wurde der Standort fixiert und 2016 die Eingliederung in die Österreichische Nationalbibliothek beschlossen. Seit der Eröffnung am 10. November 2018 gab es von Seiten des ehemaligen Kulturministers Gernot Blümel verschiedene Vorschläge hinsichtlich der Zukunft des HdGÖ. Minister Gernot Blümel und Natio­nalrats­präsident Wolfgang Sobotka wollten das HdGÖ ans Parlament anbinden und ließen diese Pläne unter dem Arbeitstitel "Haus der Republik" von eingangs erwähnter Kommis­sion evaluieren. Durch eine solche Konstruktion ist jedoch zu befürchten, dass das HdGÖ in seiner wissenschaftlichen Freiheit und Unabhängigkeit eingeschränkt wird. Darüber hinaus verfügt das Parlament im Gegensatz zum Kulturministerium über keine Museumsexpertise. Der fertige Bericht hält die Anbindung an den Nationalrat zwar für "gut geeignet", hat aber auch "Alternativen in Bundesverantwortung auf eigener ge­setzlichen Basis" diskutiert. Erstgereiht im Bericht der Expert*innengruppe war übrigens ein Neubau auf dem Heldenplatz.

Auch Anfang 2022 gibt es bei den Fragen des Standortes bzw. einer sicheren Finan­zierung noch keine Lösung für die Zukunft des HdGÖ. Darüber hinaus gibt Kulturminister Werner Kogler selbst in einer Anfragebeantwortung zu: „Das Expert:innenteam hat im Jahr 2019 einen Bericht erstellt, in dem insbesondere darauf hingewiesen wird, dass es neben der Eigenständigkeit des Hauses auch mehr Platz für den Betrieb des Museums und die Erfüllung seiner Aufgaben bedarf.“ (7184/AB) Jedoch gibt es bei den von Kogler angesprochenen beiden Punkten „Eigenständigkeit und mehr Platz“ bis jetzt keine neuen Ideen, Entwicklungen oder konkrete Gespräche. Sehenden Auges werden Prob­leme ignoriert und das große Schweigen hält an. Doch gerade demokratischen Ver­treter*innen sollten sich über die Bedeutung eines starken zeitgeschichtlichen Museums bewusst sein. Aus diesem Grund braucht es dringend Vorschläge, wie dem HdGÖ für seine wichtige Tätigkeit mehr Platz zur Verfügung gestellt werden kann, sei es in der Hofburg selbst oder durch einen Neubau, wie ihn auch die Expert*innenkommission angeregt hat. Notwendig sind nicht zuletzt Räumlichkeiten für größere Wechselaus­stellun­gen, die momentan zwar großartig umgesetzt, jedoch mit sehr wenig Platz aus­kommen müssen. Die aktuelle Planungsunsicherheit, gepaart mit der geringen Basis­abgeltung führen dazu, dass es sehr schwer ist, die Hauptausstellung immer wieder zu verändern und weiterzuentwickeln.

Nur ein starkes, unabhängiges, gut budgetiertes und eigenständiges HdGÖ kann sicher­stellen, dass unsere jüngste Geschichte differenziert aufgearbeitet und aufbereitet wird. Ein eigenständiges, mit mehr Budget und Platz ausgestattetes HdGÖ wäre ein wichtiges Signal, um zu zeigen, dass man die Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte Öster­reichs ernst nimmt. Die jüngsten, nicht vorhandenen Pläne der Regierung zeugen nicht davon, dass man sich dieses Themas wirklich annehmen will.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffent­lichen Dienst und Sport wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Bundes­museen-Gesetzes 2002 vorzulegen, mit der

•           das Haus der Geschichte Österreichs den Status eines eigenständigen Bun­des­museums erhält

•           die Basisabgeltung deutlich erhöht wird

•           dem HdGÖ mehr Platz für seine wichtige Tätigkeit zur Verfügung gestellt wird."

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig, Sie sind als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.