10.14

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Auch an die Schulklasse: Herzlich willkommen! Seien wir doch einmal ehrlich – wie bereits von meinen KollegInnen hier ausgeführt –: Das ist keine Reform! Das ist maximal eine Ankündigung einer Reform.

Es fehlen unfassbar viele Aspekte, die dazu beitragen würden, dass es wirklich eine Reform werden würde – große Brocken fehlen. Am Ende des Tages muss man aber sagen, dass der gelernte Österreicher und die gelernte Österreicherin ja schon wissen, dass Reformankündigungen in Österreich meistens in einem Reförmchen mit einem kleinen Miniinhalt enden, und schlussendlich werden manchmal auch Pakete zugestellt, in denen kein Inhalt ist.

Kommen wir zu den offenen Baustellen. Pflegelehre: Vorgeschlagen wurde dieses Modell von einem – ich glaube, dem vorvorletzten – Gesundheitsminister und von einer Wirtschaftsministerin, die aktuell auch nicht mehr im Amt ist. Man kann gerne nachlesen: Das Echo zu diesem Vorschlag war nicht gerade großartig, man hat sich in der Praxis nicht sehr darüber gefreut. Sie haben diese schlechte Idee behalten, sie soll große Veränderungen bringen. (Zwischenruf bei den Grünen.) Wenn man aber über den Tellerrand schaut und sieht, was in der Schweiz passiert, wo es so ein ähnliches Modell gibt: Dort hören nach fünf Jahren, nach dem Lehrabschluss, 20 Prozent der Aus­ge­bildeten sofort wieder auf. Ich bin mir nicht sicher, ob diese 20 Prozent, die aufhören, wirklich ein Zeichen dafür sind, dass das ein Erfolgskonzept ist – ich glaube nicht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Sieber: 80 Prozent bleiben ...!)

Sie gehen jetzt her und bringen 16-Jährige in die Krankenhäuser und Altenheime, in einer Situation, in der sowieso schon Personal fehlt. Wer soll sich denn bitte um diese Lehrlinge kümmern? Wer soll sie denn ausbilden? Wer soll sie sich denn an die Seite nehmen und ihnen dabei helfen, diese Ausbildung schlussendlich zu absolvieren? – Sie machen es für die aktuellen Pflegekräfte noch schwieriger, als es eh schon ist, weil man ja nicht verleugnen kann, dass es einfach zu wenig Pflegekräfte gibt. Sie gehen jetzt her und stellen da noch einmal Jugendliche hin und sagen: Ach, das passt schon, die werden sich quasi schon selber ausbilden! – Das kann nicht funktionieren. Das funktioniert in anderen Bereichen auch nicht. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

Zur Aufwandsentschädigung: Sie lassen sich für eine Reform feiern – ich weiß ehrlich gesagt wirklich nicht, wofür Sie sich abfeiern lassen, aber Sie lassen sich abfeiern, das ist ja Ihr gutes Recht, das kann man ja machen –, aber am Ende des Tages schaut halt nicht so viel heraus. Aufwandsentschädigung von 1 500 Euro im vierten Lehrjahr – hurra! –: Wo kommt denn das Geld her? Ist das im Ausbildungszweckzuschuss drinnen? Haben Sie mit den Betreiberinnen und Betreibern in den Ländern und Gemeinden ge­sprochen, ob sie dieses Geld verfügbar haben? – Ach so, man hat ja noch nicht darüber geredet, weil man ja erst jetzt darüber sprechen muss, welche der Reformen, die man neulich angekündigt hat, tatsächlich umsetzbar sind.

Schulversuche in den Regelbetrieb nehmen: Ja, es gibt Schulversuche, die funktio­nieren. Das können wir auch unterstützen, das passt. Sie aber gehen her und machen sieben verschiedene Ausbildungsschienen. Anstatt das System zu vereinfachen, machen Sie es komplizierter. Am Ende des Tages haben wir dann also irgendwie sieben parallel laufende Ausbildungen. Das ist unglaublich kompliziert, es ist unglaublich unbeweglich, und das eigentliche Problem wird aus unserer Perspektive nicht gelöst.

Sie haben das Thema Bund-Länder-Gemeinden-Strukturen: Da ist nichts passiert. Es ist kompliziert, es ist unbeweglich. Wir brauchen aber doch eine flächendeckende Strategie.

Das sind die großen Brocken, die man hätte angehen sollen. Man hätte sich um die 24-Stunden-Betreuung kümmern sollen, meine sehr verehrten Damen und Herren, um Scheinselbstständigkeiten. Es ist nicht verpflichtend, dass diese Betriebe ein Qualitäts­siegel erwerben. Es ist nicht einmal klar, wie sich die Familien das finanzieren sollen, weil es faktisch am Hauptproblem scheitert, nämlich: Es ist kein Pflegeberuf. Was haben Sie gemacht? – Nichts. Gibt es einen Vorschlag? – Nein.

Ganz ehrlich, diese Marketingblase halte ich für unnötig. Man macht einfach eine Werbe­kampagne und sagt: Oh, das ist jetzt ein großes Ding und da ist viel drinnen!, aber Fakt ist, dieses Paket wurde leer zugestellt. Herr Gödl, das ist nämlich genau das. Sie haben vorhin angemerkt, dass die Taskforce Pflege diesen Leistungskatalog hat. – Ja, stimmt. Den sollte man sich anschauen. Man sollte auch für die Zukunft schauen, dass man einen Personalschlüssel hat, mit dem man mit den Ländern und den Gemeinden in Ver­handlung gehen kann, und dann schauen, dass man genug Personal hat. Dafür muss man sich aber trauen, einen Personalschlüssel aufzustellen, diesen dann mit Wirkungs­zielen versehen und schauen, was man erreicht hat.

Beim Thema Pflege lernt man nur eines – schlussendlich finde ich das sehr interessant, weil das ja, ich habe es vorhin erwähnt, eine alte Idee von MinisterInnen ist, die nicht mehr da oder nicht mehr im Amt sind, und die Regierung beherrscht es ja eigentlich normalerweise ganz gut, Ideen und Anträge zu kübeln, anscheinend aber nicht eigene. Ich glaube, Sie haben sich nicht getraut, diese Idee, die nicht nachhaltig wirken wird, sondern ganz im Gegenteil die Situation verschlimmert, zu kübeln. Das finde ich schade.

Wir werden beobachten, was schlussendlich herauskommt, und freuen uns, wenn wirk­lich eine Reform daraus wird. – Ich glaube nicht daran. (Beifall bei den NEOS.)

10.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich darf mich recht herzlich bei Herrn Bundesminister Rauch dafür bedanken, für die Aktuelle Stunde zur Verfügung gestanden zu sein.