10.38

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Kolleginnen und Kolle­gen, insbesondere die neuen auf der Regierungsbank! Ich möchte mit einem Dank beginnen und dem noch voranstellen, dass es, auch wenn wir oft – selbst in der Regie­rung – unterschiedlicher Meinung sind, in solchen Situationen nur richtig und wichtig ist, diesen Dank auch auszusprechen, auch wenn er die eine oder andere Minute der Redezeit kostet.

Das geht nämlich ein bisschen verloren, und wir sind an dieser Stelle schon oft dafür kritisiert worden – ich jedenfalls. Ich möchte es erst recht tun. Warum? – Die Zeiten sind in einer Art und Weise herausfordernd, wie sie es für viele Vorgängerregierungen nicht waren. Wenn man sich diese Amtszeit, die jetzt noch nicht einmal zweieinhalb Jahre dauert – zwei Jahre und vier Monate –, anschaut, dann sieht man, dass das auch Elli Köstinger und Margarete Schramböck betrifft. Die Pandemie ist gleich einmal um die Ecke gerauscht, und die damit verbundenen Schwierigkeiten auf den Weltmärkten, Stichwort Tourismus zum Beispiel, aber auch jüngst der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine haben gravierende Auswirkungen.

Jetzt sollten wir einmal dazu übergehen, Respekt vor dieser Situation zu haben, das heißt auch – es sind ja fast alle Fraktionen, die hier vertreten sind, schon in Regierungen gewesen –, Respekt vor der Aufgabe der Ausführung dieser Ämter zu haben, ohne wehleidig zu sein, Respekt vor dem Ringen um Entscheidungen zu haben und letztlich, und das ist doch der wichtige Punkt, auch den Respekt voreinander und füreinander aufrechtzuerhalten. Dafür werbe ich. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Und in diesem Sinne möchte ich mich bei Elli Köstinger (Zwischenruf des Abg. Hafenecker) für die harten Verhandlungen bedanken. Also wir haben es uns nicht leicht gemacht, ja, oft ist sie hier danebengesessen, und wir haben, nachdem sie das Amt niedergelegt hat – das hat sich dann verzögert –, auch länger telefoniert. Wir haben es uns nicht leicht gemacht! (Ruf bei der FPÖ: Wann treten Sie zurück?) Dass wir das hier nicht immer austragen, wird Sie nicht wundern – und trotzdem oder überhaupt: eine harte Verhandlerin für ihre Anliegen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Was mich schon positiv beeindruckt hat, ist ihr, Elli Köstingers, Kampf für faire Preise für die Bäuerinnen und Bauern und de facto gegen die Macht der Konzernzentralen in den Lebensmittelhandelsketten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das muss man einfach einmal anerkennen dürfen! Mir gefällt dieses Engagement, mir ist das – bei allen Unterschieden in anderen Angelegenheiten – wichtig. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es gab auch ein gemeinsames Projekt, das wir – nämlich das Ressort Elli Köstingers und das Vizekanzleramt, wenn Sie wollen – zustande gebracht haben (Abg. Hafenecker: Das wichtigste gemeinsame Projekt wäre ...!), nämlich die Einrichtung und die Durch­führung des Non-Profit-Organisationen-Unterstützungsfonds, wozu doch rundherum ausreichend gute Rückmeldungen da sind, sodass man das zumindest an dieser Stelle erwähnen und auch respektieren sollte. Halb Europa schaut sich an, wie das funktioniert hat, um selber gerüstet zu sein. Gerade in einem Land, in dem die Freiwilligenarbeit und das Ehrenamt immer so hochgehalten werden – zu Recht, meine ich; auch ich habe da dazugelernt –, sollte das nicht unerwähnt bleiben. Also, Elli Köstinger: Vielen Dank dafür! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Margarete Schramböck hat im Frühjahr und im Sommer 2020 sehr stark dazu beige­tragen, dass wir eine Investitionsprämie geschaffen haben, die einmal so etwas wie einen Öko-Keynesianismus erzeugt hat. Das ist der ÖVP ja vielleicht nicht immer ganz leichtgefallen, aber diese öffentlichen Investitionen, die wir gemacht haben, und vor allem auch die Anreize für private Investitionen mit der besagten Investitionsprämie, die zu einem guten Teil auf Ökologisierung und Modernisierung und Regionalisierung ge­setzt hat, sind eine starke Sache – und auch dafür: danke schön! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die Aufgaben für die neuen Kolleginnen und Kollegen hat der Herr Bundeskanzler ja schon beschrieben, ich möchte deshalb gleich einmal dazu überleiten, die Gesamt­situation noch einmal zu beschreiben und darüber zu sprechen, was wir uns gemeinsam vorgenommen haben. Jedenfalls war es gut, Herr Bundeskanzler, dass die ÖVP nach den Rücktritten sehr rasch gehandelt hat – wieder im Einvernehmen mit dem Bundes­präsidenten –, und deshalb, glaube ich, muss sich anschließend in der Debatte niemand aufregen, dass das Staatsschiff da unnavigiert geschlingert wäre – ich weiß ja schon, was in der Debatte kommt. (Abg. Rauch: Der Herr Bundeskanzler ...!) Das hat gut funktioniert. Ja, wir haben eine Fluktuation, gleichzeitig trifft uns dann aber die Aufgabe, dass wir das eben gut steuern, und mir scheint, das ist auch wieder gelungen. – Danke schön!

In diesen bewegten und turbulenten Zeiten sollten wir, glaube ich, einfach auch einmal so weit innehalten, um anzuerkennen, dass mehrere Krisen gleichzeitig aufeinan­der­treffen, und jede für sich hat eine Dimension, die es in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben hat. (Abg. Kassegger: Ihr braucht nicht glauben, ihr sollt tun! Ihr seid die Regierung! – Abg. Belakowitsch: Ihr habt die Krise verursacht!) – Das stellt uns – und zwar alle gemeinsam; wir sind in konstruktiver Absicht hier – natürlich alle vor eine gewisse Prüfung. Es geht um die Widerstandsfähigkeit, um unsere Anpassungsfähigkeit als Volkswirtschaft, aber eigentlich mehr noch als Gesellschaft. Deshalb trifft uns schon auch gemeinsam die Verantwortung, wieder Gemeinsames zu versuchen und etwas auf den Weg zu bringen.

Wenn, wie Bundeskanzler Scholz in seiner Rede im Deutschen Bundestag gesagt hat, der 24.2. eine Zeitenwende markiert – also ich würde das nur unterstreichen – und wenn der Grundbefund lautet, dass die Welt seitdem durchaus eine andere ist, dann wird auch die Politik noch einmal eine andere sein müssen (Abg. Matznetter: ... andere Regie­rung!) – sein müssen! Dazu ist es nicht schlecht, ein bisschen in die Analysefähigkeit zu investieren, und manchmal befremdet mich, dass der eine oder die andere so tut, als ob nach zwei Jahren Pandemie die Lieferkettenprobleme (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), die am ganzen Globus existieren, und dann der Kriegsausbruch mit allen Unsicherheiten und Engpässen keine Auswirkungen haben sollen.

Es würden fünf Faktoren eine Rolle spielen, Faktoren, aufgrund deren klar ist, dass es bestimmte Beschränkungen für Wirtschaft und Gesellschaft gibt. Einer davon ist im Übrigen die Inflation. Das ist recht einfach: Wenn viel Geld im Umlauf und die Nachfrage da ist, es aber laufend Beschränkungen in der Angebotskette gibt, dann ist eine Folge davon Inflation. Und jeder, der so tut, als ob man das einfach wegoperieren kann, der versteht es entweder nicht oder er meint es nicht gut – das muss einfach einmal gesagt werden (Beifall bei Grünen und ÖVP – Abg. Kassegger: Warum habt ihr für den ESM gestimmt?) –, sodass wir als Aufgabe ja die Abfederung und Milderung dieser Effekte vor uns haben – das im Übrigen tatsächlich gemeinsam mit Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforschern, mit den Sozialpartnern und auch mit Interessenvertretern etwa im Pensionistenverband und, und, und. Das wird gemacht.

Deshalb wird auch noch vor dem Sommer hier im Haus ein nächstes, ein drittes Paket vorgelegt, an dem wir uns ja dann alle – beziehungsweise vor allem auch Sie als Abge­ordnete sich – beteiligen können, und dann kann man ja schauen, welche Vorschläge helfen oder nicht helfen. Wir sind der Meinung, dass man das möglichst zielgerichtet und nicht mit der Gießkanne machen soll – das wird Sie nicht wundern. Jene sollen auch Lasten tragen – weil es nicht ohne Wohlstandsverlust für ein, zwei Jahre hinbringbar ist –, die das noch leichter tun können, damit es für die, die das nicht mehr können, nicht untragbar wird. Das ist eine Aufgabe. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Letzter Punkt: Wenn es schon eine Zeitenwende ist, dann ist es vor allem eine Zeiten­wende für die Energiewende. Kurzfristig müssen wir das tun, was der Herr Bundes­kanzler gesagt hat, und mit diesem heutigen Plan sind fünf Punkte adressiert, die ich jetzt nicht wiederholen will, bei denen wir entgegen allen Unkenrufen gut vorankommen und vor dem Zielpunkt der Europäische Union die Speicher anständig aufgefüllt haben werden – und das nicht einmal nur mit russischem Gas. Das ist nicht leicht in dieser Situation.

Letztlich geht es natürlich darum, dass wir jetzt alle Weichen stellen, um aus dieser Ab­hängigkeit herauszukommen. Energiepolitik ist mittlerweile Geopolitik, Sicherheitspolitik und vor allem Unabhängigkeitspolitik – das ist doch völlig klar! Wenn Sie so wollen, könnte man in Anlehnung an Adenauer sagen: Die Energiewende war zunächst – ich war selber ja als ganz Junger dabei – ein Traum von wenigen, dann wurde sie zur Hoff­nung von vielen, und mittlerweile ist sie eine Notwendigkeit für alle.

Jetzt müssen wir die Weichen stellen: kurzfristig absichern, weil wir nicht so schnell herauskommen, insbesondere aus dem Gas, und für die mittlere Frist raus aus diesen Abhängigkeiten, sodass sich die Vorhaben einer ökologischen Wirtschaftspolitik mit jenen einer Unabhängigkeits- und Sicherheitspolitik, wenn Sie so wollen, an dieser Stelle treffen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und wenn auch die Zeiten schwierig scheinen – ja, das ist so –, muss es doch trotzdem und gerade die Aufgabe von Abgeordneten, von Regierenden, am besten von den Gemeinderäten in den Kommunen bis eben hinauf zu jenen auf der Regierungsbank, also allen gemeinsam ein Anliegen sein, immer noch mit einem gewissen Optimismus und mit einem gewissen konstruktiven Zugang für das Beste zu arbeiten. Dazu laden wir Sie ein. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf mich recht herzlich für die Zeitdisziplin bedanken und darf auf unserer Galerie auch Fähnriche des österreichischen Bundes­heeres sowie aus Deutschland und der Schweiz herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.) Es ist ein schönes Bild, wenn die Galerie voll ist. – Herzlich willkommen!

Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Wöginger. – Bitte. (Ruf: Leichtfried! – Weiterer Ruf: Ich glaube, Leichtfried!) – Moment! Es ist so vereinbart, die normalen Klubrunden.