Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Ministerin, Versorgungssicherheit ist unser oberstes Ziel, und der Schlüssel zur Unabhängigkeit sind unsere erneuerbaren Quellen. Mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – Sie haben es vorhin schon erwähnt – haben wir den ersten Schritt gesetzt und wollen bis 2030 zusätzlich 27 Terawattstunden erzeu­gen. Die Erweiterung der Netze ist aber die Grundvoraussetzung dafür, dass wir den erzeugten Strom auch ins Netz bekommen. Wir hören, der Fotovoltaikausbau geht zügig voran, schreitet auch voran, aber wir müssen die erzeugte Fotovoltaikenergie auch in die Netze bringen. Es bestehen große Herausforderungen beim Netzausbau, und den Netzausbau brauchen wir dazu eigentlich. Da stellt sich für mich die Frage:

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„Wie können Sie gewährleisten, dass die für den Ausbau der Erneuerbaren Energien nötigen Verteilernetze rechtzeitig genehmigt werden können?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Derzeit hat Österreich ein sehr hohes Niveau an Versorgungssicherheit, auf das wir stolz sein können und das wir erhalten wollen, nämlich eine Ausfallsicherheit von 99,9 Prozent im Elektrizitätssektor. Um dieses Niveau auch zu halten, sind, wie Sie richtigerweise sagen, der Ausbau und die Optimierung der Stromnetze auf allen Ebenen ein wichtiges Instrument. Für eine bessere Netzplanung setzen wir überall dort an, wo wir das auf Bundesebene können.

Das heißt, wir haben im EAG verbindliche Ziele und jährliche Mindestvolumina verein­bart. Das erleichtert die proaktive und vorausschauende Netzplanung. Wir arbeiten am österreichischen Netzinfrastrukturplan, an dem vor allem hinsichtlich der großen Erzeu­gungs- und Verbrauchszentren – denken wir an große industriell geprägte Regionen – gearbeitet wird, um so auch die übergeordnete Netzinfrastruktur daran zu orientieren. Auf Verteilnetzebene sind wir allerdings meistens im Bereich der Länderzuständigkeit. Das betrifft auf der einen Seite die Raumordnung – wo kommen die Erneuerbaren hin? –, das betrifft auf der anderen Seite die Bauordnung – gibt es Vorschriften zu Fotovoltaik­pflichten im Neubau, auf Industriedächern et cetera?

Was das Thema der Verfahren betrifft, haben wir mit den ExpertInnen aus den Ländern, aber auch der Wirtschaftskammer schon Beschleunigungsmöglichkeiten besprochen. Auch da wollen wir jene Maßnahmen, die wir auf Bundesebene umsetzen können, ra­schestmöglich umsetzen. Wir sind da auch im Dialog mit den Bundesländern, da diese im Zuge der Verfahren für die Genehmigung der Verteilnetze Verantwortlichkeiten ha­ben. Wie so oft haben wir diesbezüglich geteilte Zuständigkeiten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Die EU-Kommission hat gestern den Plan Repower EU präsentiert, der unter anderem Vorschläge und Richtlinien zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren gerade zum Ausbau der erneuerbaren Energien vorsieht. Welche Beschleunigungsmaßnahmen zum Ausbau der Erneuerbaren planen Sie für Ös­terreich?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Die Kommission hat gestern tatsächlich ein wichtiges, zeitgemäßes und beachtliches Paket geschnürt, ein Paket, das zusätzliches Geld bereitstellt, damit wir uns alle schneller aus der russischen Abhängigkeit lösen können. Da sind 195 Milliarden Euro zusätzlich bis 2027 vorgesehen. Die EU hat bei den Zielen zum Ausbau der Erneuerbaren nachgeschärft: 45 statt 40 Prozent Erneuerbare, 13 statt 9 Prozent Energieeffizienz, Solaranlagen in Europa bis 2028 verdoppeln, 10 Mil­lionen Tonnen mehr Wasserstoff und vieles mehr.

Zur Verfahrensbeschleunigung hat die Kommission – und das ist gut, das brauchen wir auch in Österreich – Energieraumplanung als zentralen Hebel erkannt, sprich die Länder sollten sogenannte Go-to-Areas für Renewables ausweisen, und an diesen vorgeprüften Standorten soll es dann im Genehmigungsverfahren Erleichterungen geben, weil ja für die Go-to-Areas für Renewables schon eine strategische Umweltprüfung zu erfolgen hat. Danach soll es dann auch im Genehmigungsverfahren schneller gehen, und ich denke, das ist ein richtiger Ansatzpunkt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Lit­schauer. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Es ist schon einiges angesprochen worden. Der Netzausbau beschäftigt uns ganz intensiv. Ich komme aus Niederösterreich, wir haben damit zu kämpfen gehabt, dass wir gewisse Widmungszonen verloren haben, aber in den letzten Jahren haben sich vor allem die Beschwerden darüber gehäuft, dass der Netzausbau zu langsam ist und in den nächsten Jahren noch beschleunigt werden muss – auch das wurde schon thematisiert.

Ich glaube, es gibt noch einen ganz wichtigen Punkt. Wir haben ja teilweise starke Netze, auch in Niederösterreich. Jetzt zeigt sich, dass Windkraft die Netze zwar nutzt, aber gleichzeitig könnten sie auch für Fotovoltaik genutzt werden, denn da wird nicht zeit­gleich Strom eingespeist. Da, glaube ich, braucht es auch noch Planungen, wie wir diese Netze, die es schon gibt – um nicht nur auf den Netzausbau zu schauen –, besser nutzen können. Daher lautet meine Frage: Wie sehen Sie da die Möglichkeiten in den Bundes­ländern, diese Netze besser zu nutzen und den Ausbau in den Bundesländern voranzu­bringen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr, sehr hilfreich ist natürlich – das war auch die Frage, die jetzt auf EU-Ebene relevant ist – die Energieraumplanung. Wenn die Länder bereits die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen haben – das ist eben zum Beispiel die Energieraumplanung, die die entsprechenden Kapazitäten für die Erneuerbaren vorsieht –, dann geht es schneller, dann können die Netzbetreiber frühzeitig darauf reagieren, frühzeitig ausbauen. Natürlich betrifft es auch die Raum- und die Bauordnungen im engeren Sinn. Ich habe vorhin schon Fotovoltaikverpflichtungen erwähnt, zum Beispiel beim Neubau oder bei Gewerbegebieten, da gibt es sicher Opti­mierungsmöglichkeiten.

Was die Verfahren betrifft, ist aus der Arbeitsgruppe, die Vorschläge für die Novelle des UVP-Gesetzes entwickelt hat, schon auch eindeutig herausgekommen: Wir haben einen Handlungsbedarf bei der Ressourcenausstattung bei Genehmigungsbehörden, aber auch bei der Bereitstellung von Sachverständigen, weil alleine ein paar Monate warten zu müssen, um einen Sachverständigen zu bekommen, beinhaltet schon ein Verzöge­rungspotenzial. Bundesländerübergreifende Sachverständigenpools wären da vielleicht nicht simpel, aber eine deutliche Beschleunigung.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Schroll. – Bitte.