Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Guten Morgen, Frau Minis­ter! Frau Minister, ich freue mich – und Sie sich wahrscheinlich auch –, dass wir in den letzten Jahren im Bereich der angewandten Forschung stetig eine Steigerung erhalten haben: Das waren im letzten Jahr 7 Prozent, dieses Jahr sind es 34 Prozent, und ich glaube, das ist gerade in Zeiten wie diesen, in denen wir vor diversen Herausforderun­gen – Stichwort Klimawandel, Digitalisierung – stehen, wichtig, um den Forschungs-, In­novations- und auch Wirtschaftsstandort abzusichern.

Wir brauchen Schwerpunktsetzungen, aber ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir da eine gewisse Themenoffenheit, eine Technologieneutralität haben, dass wir den Unter­nehmen nicht überall vorgeben, wo sie forschen sollen, der Maßstab müssen vielmehr die Exzellenz und das Anwendungspotenzial sein.

Meine Frage lautet daher:

161/M

„Inwiefern beabsichtigen Sie die Themen Technologieneutralität und Themenoffenheit in den Forschungsförderungsprogrammen zu berücksichtigen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Vielleicht zuerst ganz allgemein, bevor wir dann auf die gezielten Förderungen eingehen: Also ja, wir beide teilen die Freude über die gestiegenen Budgets, das auf jeden Fall, weil Forschung, Innovation und Technolo­gieentwicklung eine fundamental wichtige Rolle spielen, aber – Sie kennen meine Mei­nung dazu auch schon – ich glaube nicht, dass Technologieoffenheit, Technologieneu­tralität, aber auch Technologieklarheit, die gerade auch aus der deutschen Autoindustrie gerade sehr intensiv eingefordert wird, sich in den unterschiedlichen Stadien unbedingt ausschließen müssen.

Es gibt in unterschiedlichen Stadien einer Technologieentwicklung schlicht irgendwann auch die Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen, damit sich die Wirtschaft orientieren kann. Ich bringe ein historisches und ein aktuelles Beispiel – historisch: Wir in Österreich haben uns sehr klar, sehr zielgerichtet gegen die Atomenergie entschlossen. Damit hat auch zu tun, dass wir jetzt einen hohen Anteil an Erneuerbaren haben.

Ein weiteres Beispiel ist Wasserstoff in den Autos. Wir haben zu einem bestimmten Zeitpunkt der Technologieentwicklung einfach die Entscheidung: Müssen wir zwei staat­liche Infrastrukturen aufbauen? – Das geht mit den öffentlichen Budgets nicht. Die Frage der Lademöglichkeiten ist zentral, das heißt, da stellt sich irgendwann die Frage nach Fokus, nach Entscheidung, um eben eine Entwicklung bestmöglich begleiten zu können, um eine volkswirtschaftlich sinnvolle Entscheidung zu treffen und auch eine klimapoli­tisch sinnvolle Entscheidung zu treffen.

Das heißt aber nicht, dass es nicht viele andere Bereiche gibt, in denen es völlig klar ist, dass grundsätzlich Technologieoffenheit besteht. Es gibt ja nach wie vor die FFG-Ba­sisprogramme – die sind absolut themenoffen, da können die Unternehmen zu allen Be­reichen forschen, zu denen sie möchten –, wir haben die Forschungsprämie als absolut offenes Instrument, aber – darauf aufbauend – zielgerichtete Förderungen haben wir versucht zu bündeln – auch in Clustern: Mobilitätswende, Kreislaufwirtschaft, Energie­wende –, und wir versuchen natürlich, kontraproduktive Förderungen, die unserem ge­meinsamen Ziel Klimaneutralität 2040 entgegenstehen, möglichst zu verhindern oder dementsprechende Kriterien anzulegen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Niss? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Ich meine, Österreich ist ein Exportweltmeister, und wir exportieren nicht nur in den europäischen Markt, sondern auch in den internationalen Markt. Dort hat man sich noch nicht so genau entschieden, in welche Richtung – weil Sie das mit der Mobilität angesprochen haben – es jetzt gerade geht; wir unterscheiden ja auch zwischen dem Pkw- und dem Lkw-Verkehr.

Die Wasserstoffstrategie – bei der die Industrie, glaube ich, sehr gut abgedeckt ist – wurde heute schon angesprochen, meine Frage daher: Inwiefern wird – in der For­schung, ich rede jetzt von der Forschungspolitik – Wasserstoff für Mobilität berücksich­tigt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Wir haben im Ipcei – den Important Projects of Common European Interest – 125 Millionen Euro für die Wasserstoffforschung bereit­gestellt – wenn alles gut geht, können wir auch bereits Ende des Jahres die Verträge mit den Unternehmen unterzeichnen –, und darüber hinaus gibt es sowohl bei den Basispro­grammen als auch im Programm Mobilität der Zukunft immer wieder Wasserstoffeinrei­chungen, und da liegt, wie Sie sagen, der Fokus auf Wasserstoff auf der langen Strecke. Das ist auch sozusagen die Nische, die wir im Mobilitätsmasterplan in der Mobilität auf der Straße sehen: lange Strecke, schwere Transporte.

Die Wasserstoffstrategie, die Sie auch wieder angesprochen haben, wird aber auch eine klare Priorisierung auf die Industrie haben, weil man da einfach die größten Mengen und auch die größte Planungssicherheit braucht, denn das sind Entscheidungen, die jetzt gefällt werden müssen, die aber auf Dekaden wirken.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Bevor ich die nächste Frage aufrufe, darf ich die Schülerinnen und Schüler der Bundes­handelsakademie Wien 10 recht herzlich bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Wir sind aktuell bei der Fragestunde, das ist noch nicht der normale Betrieb der Tages­ordnung. Frau Minister Gewessler stellt sich den Fragen der einzelnen Abgeordneten aus allen Parteien.

Als nächster Fragesteller ist Herr Abgeordneter Laimer an der Reihe. – Bitte sehr.