12.31
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Frau Präsidentin! Frauen Bundesministerinnen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Liebe Europäerinnen, liebe Europäer! Natürlich haben wir uns diese Zukunftskonferenz anders vorgestellt, aber dann sind Krisen gekommen. Jean Monnet, der Gründervater, sozusagen der erste Kommissionspräsident, war auch Prophet. Er hat nämlich gesagt: Europa wird durch Krisen geschmiedet, und es wird die Summe der Lösungen sein, mit denen die Krisen überwunden werden. – Ein wunderbares Zitat.
Ein anderer, Robert Schuman in seiner berühmten Rede 1950, was hat er gesagt? – Europa wird durch konkrete Tatsachen wachsen, durch die Solidarität der Tat. – Das haben sie beim KGB nicht gelernt. Das hat Putin, der Kriegsherr, nicht gelernt, dass Völker zusammenarbeiten können, dass Europa dadurch wächst – durch die Solidarität der Tat. Das hat ihn überrascht, wie die europäischen Länder, die Länder der Europäischen Union zusammengestanden sind und wie die Menschen gesagt haben: Ja, wir werden der Ukraine gemeinsam helfen! – Das hat den Geheimdienstler überrascht, und es hat mich auch ein bisschen überrascht, wie gut es funktioniert hat, und ich bin so dankbar und wir können so vieles daraus lernen. Diese Solidarität der Tat, die wir begonnen haben, müssen wir jetzt gerade gegenüber der Ukraine fortsetzen.
Wir haben – und ich werde am Nachmittag noch einmal über die Ukraine sprechen – ja auch eine Delegation von Abgeordneten hier gehabt. Das hat mich beeindruckt, wie vor allem diese zwei jungen Frauen erzählt haben, dass sie jetzt in ihrem Land diese Demokratie aufbauen, jetzt noch, mitten im Krieg darüber reden, wie die Demokratie auch in der Ukraine besser funktionieren wird, als sie ohnehin schon funktioniert.
Eine hat erzählt, dass sie beim Europäischen Parlament ein Stage absolviert, also mitgearbeitet hat. Ich habe als junger Mensch in der Europäischen Kommission mitarbeiten dürfen, und da haben wir jungen Leute manchmal darüber geredet, dass unsere Väter möglicherweise aufeinander geschossen haben. Diese Menschen erleben aber gerade, dass auf sie geschossen wird. Deswegen ist die Solidarität der Tat so wichtig in der Ukraine, aber gerade auch bei uns in Österreich. Auch hier der Appell, bitte schön: Unterstützen wir die Menschen, die hier sind! Sie brauchen es und wir brauchen es, denn sie verteidigen auch gerade Europa. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Jeitler-Cincelli.)
Wichtig ist mir aber, dass wir natürlich auch Europa reformieren müssen. Ich habe heute ein Buch mitgebracht, das Sie eigentlich auswendig können sollten, jedenfalls die Regierungsparteien, das ist das Regierungsprogramm. (Der Redner hält ein Exemplar des Regierungsprogramms mit dem Titel „Aus Verantwortung für Österreich“ in die Höhe.) Da stehen sehr wichtige Sachen drinnen, nämlich „Abschaffung des Amtsgeheimnisses“ – ich glaube, da ist noch ein bissl was zu tun. Da stehen auch drollige Sachen wie „Mehr Transparenz bei Stellenbesetzungen“ – ich glaube, da sind wir noch nicht so weit. Aber – und jetzt wird es ganz ernst – es steht auch ein Satz drinnen, nämlich: Österreich wird sich bei der Konferenz für die „Annahme von Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit in zusätzlichen Bereichen (z.B. Außenpolitik)“ einsetzen.
Was passiert dann? – Die NEOS bringen einen Antrag ein, in dem sie genau diesen einen Satz sagen, nämlich: Beschließen wir doch, dass wir uns für Mehrheitsbeschlüsse einsetzen! Was passiert? – Grüne und ÖVP lehnen das ab. Wie ist das möglich? Wie kann man überhaupt etwas ablehnen, das im Regierungsprogramm steht? – Das ist übelste Missachtung des Parlamentarismus.
Ich möchte an dieser Stelle schon auffordern: Wenn wir in Europa Reformen wollen, dann sollten wir auch in Österreich darüber nachdenken, dass wir hier auch einiges zu tun haben. Dass vieles in diesem Land schiefgelaufen ist, das wissen wir, aber jetzt müssen wir wirklich darauf achten, den Parlamentarismus so zu achten, dass man wenigstens dem eigenen Regierungsprogramm zustimmt. (Beifall bei den NEOS.)
Noch etwas, weil das auch interessant ist und zum Thema Sicherheit beiträgt: Frau Bundesministerin Tanner hat in Amerika gesagt: Wenn das Völkerrecht verletzt wird, kann es keine Neutralität geben. – Jetzt möchte ich auch wissen: Was heißt das eigentlich? Diese Diskussion müssen wir bitte auch führen, verhindern wir sie nicht, Herr Bundeskanzler!
Eines noch, weil darüber geredet wurde: Europa ist wahnsinnig attraktiv. Natürlich kommen jetzt Russinnen und Russen zu uns. Die wollen dort nicht leben, die wollen nicht in einer Diktatur leben, die wollen den European Way of Life. Ja, das ist so, wie wir hier leben, nämlich in Freiheit, in Frieden, indem wir miteinander streiten, aber einander nicht bekämpfen – das ist so wesentlich –, indem wir diskutieren. Meine Kollegin Julia Seidl hat eben noch gesagt: Ja, auch diese Europagemeinderäte sind sinnvoll.
Es passiert so vieles. Machen wir es nur noch ein bissl besser, denn Europa kann noch besser werden! Darauf müssen wir aber setzen und den Menschen klar sagen: Nationale Lösungen von Klima über Industrie bis zu Fragen wie Gesundheit gibt es nicht mehr. Wir können es gemeinsam machen oder nicht. Bitte machen wir es gemeinsam! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Jeitler-Cincelli.)
12.36
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.