13.21
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Wir haben in der vergangenen Fragestunde ja schon einige der Themen besprochen, deswegen werde ich mich jetzt auch im Sinne der Zeiteffizienz nicht wiederholen, aber eine grundsätzliche Bemerkung und zwei Kommentare zu einigen Ausführungen machen.
Wir drehen gegenwärtig wirklich an vielen Schrauben, an allen Schrauben, die uns zur Verfügung stehen, um die Versorgungssicherheit in Österreich zu gewährleisten, die Risikoabsicherung zu verbessern und vor allem auch die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Wir müssen uns auf jedes Szenario vorbereiten, also auch auf die Auswirkungen eines Lieferstopps, denn in einer kriegerischen Situation, wie wir sie jetzt sehen, wenn Russland in der Ukraine einen brutalen Angriffskrieg führt, gibt es eine Sicherheit, nämlich dass man kein Szenario a priori ausschließen kann. Genau für diese Vorsorge liegen Ihnen heute zwei Änderungen vor, nämlich zum Energielenkungsgesetz und zum Gaswirtschaftsgesetz, für die ich wirklich um Zustimmung werbe, und wenn ich die Redebeiträge aus der ersten Runde richtig interpretiere, dann freue ich mich schon vorab ein bisschen. Ich möchte Ihnen aber trotzdem erklären, was wir da vorhaben.
Im Energielenkungsgesetz geht es vor allem darum, Großabnehmer – also es wird primär, denke ich, für die wirklichen Großabnehmer im Gasbereich interessant sein – in die Lage zu versetzen, dass sie selbst für den Fall einer Lieferunterbrechung und einer Störung vorsorgen und entsprechend Gas einspeichern können. Deswegen sollen mit dieser Novelle die selbst eingespeicherten Mengen von Großverbrauchern vor mengenbezogenen Lenkungsmaßnahmen geschützt werden, solange es technisch im System möglich ist.
Das heißt zwei Dinge. Das heißt, wenn ein Industrieunternehmen jetzt Verantwortung übernimmt und selbst Gas beschafft und einspeichert, soll es sich dann auch auf diese geschützten Gasmengen verlassen können. Uns hilft es, als Volkswirtschaft Lenkungsmaßnahmen mit hohen Speicherständen möglichst lange vermeiden zu können. Der Industrie verhilft es zu mehr Sicherheit, zu mehr Resilienz. Wir sorgen mit einem guten Kompromiss – nämlich 50 Prozent der Menge, die für die Produktion notwendig ist – dafür vor, dass man eine Absicherung hat, es aber gleichzeitig nicht zum Horten von Speicherkapazitäten kommt. Ich denke also, wir haben da wirklich einen guten Kompromiss und einen sehr, sehr guten Vorschlag gefunden, um der Industrie mehr Sicherheiten bei der Einspeicherung von Gas zu geben.
Die zweite wesentliche Änderung im Energielenkungsgesetz betrifft den Ersatz von Vermögensnachteilen im Falle einer Energielenkung. Bislang gab es im Energielenkungsgesetz – Sie wissen, wir hatten in den Jahrzehnten der Zweiten Republik noch nie einen Energielenkungsfall – eine Entschädigungsregelung nur für Kohle und Erdöl. Wir werden jetzt eine Entschädigungsregelung vorschlagen, die in die gleiche Richtung geht, aber eben auch für Elektrizität und Erdgas gilt, um da gleichzuziehen und auch eine finanzielle Absicherung zu gewährleisten.
Ich möchte mich jetzt auch aus der Position des Ministeriums ganz, ganz herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit in den Verhandlungen bedanken. Es gab auch zu einem Wunsch der SPÖ eine Einigung, die noch eingefügt wurde und die ich sehr begrüße, nämlich dass diese Bestimmung zum Ersatz von Vermögensnachteilen noch evaluiert wird und dem Nationalrat auch berichtet wird.
Der zweite Teil ist das Gaswirtschaftsgesetz. Bei der vorgeschlagenen Änderung im GWG schaffen wir – Abgeordnete Graf hat es vorhin schon erklärt – eine weitere Möglichkeit, im Auftrag des Staates Gas zu beschaffen. Wir haben diese Möglichkeit bis dato nicht gehabt. Im Zusammenhang mit der strategischen Gasreserve ist es das erste Mal, dass wir das in Österreich tun können. Wir schaffen hier im GWG mit dem sogenannten Marketmaker eine weitere Möglichkeit. Wir können über den Bilanzgruppenkoordinator die Energieversorger mit der Vorhaltung und der Speicherung von Erdgas als Ausgleichsenergie im Gassystem beauftragen. Das heißt, die Gasunternehmen bekommen eine Abgeltung für die Vorhaltung, sie können das Gas aber, sofern wir es dann nicht als Ausgleichsenergie abrufen, auch selbst verwenden.
Wir orientieren uns da an der Vorgehensweise in Deutschland. Ich bin sehr eng in Abstimmung auch mit meinem deutschen Kollegen Robert Habeck, weil diese Versorgungsversicherung eine gute Variante ist, eine effiziente Variante ist, um im Notfall fehlende Gasmengen rasch bereitstellen zu können, und auch das leistet damit einen Beitrag zum Ziel der Bundesregierung, die Speicherkapazität bis zum Beginn der Heizsaison auf 80 Prozent zu füllen. Kommt es zum Engpass in der Gasversorgung, hat der Staat eben auch über die über die Versorgungsversicherung beschafften Mengen Zugriff auf Gasreserven; wird das Gas aber nicht benötigt, fallen umgekehrt für den Staat relativ geringe Kosten an.
Auch da ein großes Danke für die konstruktiven Vorschläge der Opposition. So wird durch einen Abänderungsantrag ergänzt, dass es für die Verordnung zur Festlegung des Einsatzes der Gasmengen und aller weiteren Bestimmungen einer Zustimmung des Hauptausschusses bedarf. Ich denke, das ist gut. Wir stellen auch mit dieser Maßnahme sicher, dass wir eine breite parlamentarische Grundlage für substanzielle Ausgaben und für eine umfangreiche Vorsorge, die der Staat setzt, haben.
Ich weiß – und ich danke auch da für das Verständnis –, dass wir in dieser außergewöhnlichen Situation unser Bestes tun, um schnell und gründlich zu handeln. Ich weiß auch, ich kann für die Verhandlungen mit dem Parlament nicht immer persönlich zur Verfügung stehen, aber mein Angebot besteht jederzeit und weiterhin, dass ich auch gerne persönlich für Nachfragen oder für Infos zur Verfügung stehe, wenn Sie das für sachdienlich halten.
Zu den Fragen noch aus der Debatte vorhin: Wir haben, gerade was die Gasspeicherung betrifft, jetzt wirklich – das war das Anliegen von Frau Doppelbauer – ein sehr umfangreiches Maßnahmenpaket verabschiedet, heute zur Beschlussfassung vorliegen beziehungsweise mit einem Antrag heute auch noch eingebracht, um wirklich die Gasspeicherstände auf das Niveau zu bringen, das wir für den nächsten Winter brauchen. Damit erfüllen wir auch die Voraussetzungen, die wir auf europäischer Ebene heute noch einmal beschlossen haben. Es gibt auch eine europäische Verpflichtung – sie muss noch formal durch die Beschlussfassung, aber es gibt eine vorläufige Einigung –, aber mit der Reserve, mit der Ausweitung der Reserve, mit dem Anschluss aller Speicher an das österreichische Marktgebiet, mit der Versorgungsversicherung, mit den Maßnahmen, die die E-Control setzen kann, mit der Use-it-or-lose-it-Regelung auch für die Gasspeicher haben wir jetzt wirklich ein Paket, das sicherstellt, dass wir mit besser gefüllten Speichern in den Winter kommen.
Das Ausstiegsszenario haben wir schon in der Fragestunde vorhin besprochen. Ich möchte nur noch einen Satz dazu sagen: Ja, auch die Alternativen zu russischem Erdgas sind fossiles Gas, sind aus Ländern, die nicht immer voll ausgebaute Demokratien sind, oder sind unter umweltschädigenden Bedingungen – Herr Kassegger hat darauf hingewiesen – gewonnen worden.
Was wäre aber die Alternative? – Die Alternative zum Ausstieg aus russischem Erdgas gibt es meiner Meinung nach nicht, denn die Alternative wäre, einem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine nichts entgegenzusetzen und dem unglaublichen Völkerrechtsverbrechen in Butscha einfach zuzuschauen. Deswegen ist die Konsequenz der Ausstieg aus den russischen Erdgaslieferungen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Eine gute Nachricht habe ich noch für Alois Schroll: 2022 wird sowohl für die Windenergie als auch für die Fotovoltaik ein Rekordjahr. Ich glaube, das sind gute Neuigkeiten für uns alle.
Ich bedanke mich herzlich für die Zustimmung zu diesen zwei Gesetzesvorlagen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.30
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Julia Elisabeth Herr. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.