11.02

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Da seuf­zen Sie! Sehr geehrter Herr Bundesminister! (Präsident Sobotka gibt das Glockenzei­chen.) Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Der Minister und der Klubobmann der ÖVP sagen, die kalte Progression wird zur Gänze abgeschafft. Ge­schätzte Zuschauer, wenn die ÖVP etwas sagt, sind Sie immer gut beraten, das Ge­genteil zu glauben, denn Werner Kogler hat heute Früh in der Pressekonferenz gesagt, die kalte Progression wird teilweise abgeschafft. (Beifall bei den NEOS.)

Das, was die Regierung Ihnen hier verkauft, ist ein – die Regierung nennt es so, das ist ehrlich von ihr – Geld-zurück-Paket. (Abg. Maurer: Also da soll der Spitzensteuer­satz ...!) Sie bekommen nämlich einen Teil dessen zurück, was Ihnen diese Regierung zuerst aus der Tasche gezogen hat, und zwar zwei Drittel. Man nimmt Ihnen 100 Euro, gibt Ihnen 66 Euro zurück und dann sollen Sie sich bitte artig bedanken. Wir als der Anwalt der Steuerzahler sagen: Wir wollen die restlichen 34 Euro auch haben! (Beifall bei NEOS.)

Diese Mogelpackung mit der Abschaffung der kalten Progression zu zwei Dritteln funk­tioniert super, denn in den letzten paar Jahren war die Inflation bei 1,5 Prozent, jetzt ist sie bei 8 Prozent. Sagen wir, sie pendelt sich bei 4,5 Prozent ein: Wenn man Ihnen zwei Drittel von den 4,5 Prozent Inflationswirkung zurückgibt, dann bleiben dem Finanzminis­ter immer noch 1,5 Prozent, die er früher auch schon gehabt hat. Für ihn ist es ein Null­summenspiel.

Das, was da kommt, ist vielleicht eine Verlangsamung des Abcashens durch die Regie­rung – eine Verlangsamung. Wenn Sie sich anschauen: Im Jahr 1992, vor 30 Jahren, war ein Durchschnittsverdiener in Österreich genau in der Mitte des 32-prozentigen Steuersatzes – genau in der Mitte! –, und heute, nach mehreren Steuerreformen und den größten Entlastungspaketen aller Zeiten, ist der Durchschnittsverdiener in Öster­reich im 42-prozentigen Steuersatz und wird Länge mal Breite abgecasht. Wenn so ein Durchschnittsverdiener 100 Euro Gehaltserhöhung bekommt, dann gehen davon 18 Pro­zent Sozialversicherung weg und noch einmal 42 Prozent Steuer. Es bleibt ihm davon nicht einmal die Hälfte. Wir – Sie! – besteuern die Durchschnittsverdiener als ob sie Groß­verdiener wären, und daran ändert sich auch in Zukunft nichts. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und da der Herr Minister sagt, wir machen das viel besser als die Schweiz, möchte ich Ihnen nur zwei Zahlen präsentieren: In der Schweiz ist die Steuerquote bei 27 Prozent, in Österreich beträgt die Steuerquote 44 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Gödl.) Ge­schätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Wo möchten Sie lieber Geld verdienen? In der Schweiz, oder - - (Abg. Pfurtscheller: Reden wir einmal über die Sozialleistungen ...!) – Ich weiß, es tut weh, Kollegin Pfurtscheller. Es tut weh, das weiß ich. (Abg. Pfurtschel­ler: Sagen Sie was zu den Sozialleistungen!) Die ÖVP hat immer genug Geld, bei Ihnen in Tirol sowieso, wo der Bauernbund sich 800 000 Euro, die ihm nicht zustehen, einnäht. Ich wäre besser ruhig da drüben! (Beifall bei den NEOS. Abg. Hörl: So ein Blödsinn! Reiß dich ein bisschen z’amm!)

Dann noch zum Märchen, das auch Kollege Schwarz wieder verbreitet hat: Wenn man die kalte Progression ganz abschafft, dann hat der Finanzminister keinen Handlungs­spielraum mehr! Sogar Prof. Badelt haben Sie das erfolgreich verklickert. Aber denken Sie doch einmal nach! Die Lohnsteuer, die Einkommensteuer ist ja nur eine von vielen Steuern, die Inflation bringt ja auch bei der Umsatzsteuer Milliarden hinein. Von der kalten Progression wird ja nur die Lohn- und Einkommensteuer zu zwei Drittel befreit (Zwischenruf des Abg. Deimek), aber das, was es bei der Umsatzsteuer zusätzlich he­reinspült, bleibt unberührt. Oder wenn die Grundstückspreise hinaufschnalzen – bei der Grunderwerbsteuer: Das alles geht an den Finanzminister – geben wir Vollgas! –, da wird nichts entlastet!

Und von wegen kein Handlungsspielraum: Da gibt es Handlungsspielraum ohne Ende. Ich warte, dass Sie die Steuerquote auf das Schweizer Niveau herunterdrücken! Was soll das, sich für so etwas selbst abzufeiern?! (Abg. Pfurtscheller: ... Sozialleistungen! Abg. Gabriela Schwarz: Und was ist mit den Sozialleistungen in der Schweiz? Kann man die auch vergleichen?!) – Ja, es tut sehr weh, insbesondere den Damen bei der ÖVP tut es weh. Ich verstehe das gar nicht. (Abg. Gabriela Schwarz: Du verstehst gar nichts!)

Noch etwas: Diese Reform hat keine Sofortwirkung für die Menschen, die arbeiten; für die, die Transferzahlungen bekommen schon, aber für die, die arbeiten, nicht. Das soll ja dann – angekündigt haben das schon Fekter, Grasser und Schelling, und jetzt kündigt es halt Brunner an, ich schau dann, was kommt – am 1.1.2023 kommen, und dann wer­den das WIFO und das IHS einen Bericht erarbeiten, und dann wird man auf Basis die­ses Berichtes entscheiden, wie viel denn zwei Drittel davon sind. Das kann man nicht ins Gesetz schreiben, wie viel zwei Drittel der Inflationsrate sind, dazu braucht man einen Bericht (Abg. Haubner – in Richtung Bundesminister Brunner –: Der kennt sich nicht aus!), und dann feiert man sich dafür ab, dass man Ihnen 100 Euro nimmt und 66 Euro zurückgibt, und das wird mit 500 Euro Helikoptergeld ergänzt.

Wissen Sie, Lagarde, diese furchtbare Frau in der EZB, hat das Helikoptergeld schon diskutiert, bevor die Inflation losgebrochen ist, weil sie die Inflation mit Helikoptergeld in die Gänge bringen wollte (Abg. Gabriela Schwarz: Das ist echt tief, Gerald!), und das macht jetzt die österreichische Bundesregierung: 500 Euro für alle, so kann man Inflation anheizen. Das können Sie perfekt, nur in diesem Amt sind Sie der Falsche. (Beifall bei den NEOS.)

11.06

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kopf. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Vielleicht kann der Kollege Kopf was zum Pflegegeld sagen, oder zu den Pensionisten! – Abg. Bernhard: Jetzt kommt eine feurige Antwort!)