13.03

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus und vor den Bildschir­men! Werte Kolleginnen und Kollegen! 30 Jahre Streitbeilegung: Das führt – Kollege Gahr hat ja den historischen Hintergrund sehr gut dargelegt – zum Begriff der Schutz­macht. Österreich ist Schutzmacht. Das ist ein völkerrechtlicher Begriff, der bedeutet, dass Österreich über den völkerrechtlichen Vertrag, über das Gruber-De-Gasperi-Ab­kommen, wacht.

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen mit dem Begriff Schutzmacht im 21. Jahrhundert so geht. Ist er noch zeitgemäß? Was stellen wir uns unter einer Schutzmacht vor? – Tatsache ist jedenfalls, dass Südtirol als Gemeinwesen in diesen Jahrzehnten, eben seit dem Gruber-De-Gasperi-Abkommen, dem Ersten Autonomiestatut und dem Zweiten Autonomiesta­tut, eine hervorragende Entwicklung genommen hat. Man kann sagen, es ist erwachsen geworden – wenn Sie mir gestatten, dieses Bild zu gebrauchen. Wir Österreicher, die wir einmal diese Schutzmacht-/Elternfunktion gehabt haben, müssen heute schon sa­gen: Ja, okay, Südtirol ist erwachsen geworden!

Südtirol übertrifft in der Zwischenzeit die Schutzmacht in vielen Bereichen, was die Wirt­schaftskraft betrifft, was das Bildungswesen betrifft und auch, wenn Sie so wollen  weil das ja doch ein Parameter ist, der immer wieder in die politische Diskussion eingeführt wird , was den Bruttoglücksindex betrifft, wenn man diesen an der Suizidrate misst. Ich erwähne das deshalb, weil ja doch oft irgendwo argumentiert wird: Ja, wenn es den Leuten zu gut geht, dann werden sie irgendwie gern einmal depressiv! – Südtirol ist also das Gegenbeispiel. Südtirol hat eine prosperierende Wirtschaft mit sehr hohem Wohl­stand – höherem Wohlstand, als wir ihn in Österreich haben –, und trotzdem scheint es den Leuten auch psychisch und seelisch gut zu gehen. Das heißt also, wir bewegen uns mit Südtirol auf Augenhöhe, und ich denke, das steht Eltern gut an, wenn sie mit erwach­senen Kindern auf Augenhöhe kommunizieren und nicht nur irgendetwas hintranspor­tieren, sondern vielleicht auch etwas annehmen. Wir hätten bei Südtirol einiges anzu­nehmen.

Ich erwähne noch einmal das Bildungssystem in Südtirol, vor allem auch den Umgang mit der Sprache, mit Sprachen. Wichtig für das Wohlergehen, wichtig für den sozialen Zusammenhalt ist, dass wir uns verstehen. Wenn wir heute in Südtirol einkaufen gehen, sehen wir, wie junge VerkäuferInnen – das ist bewundernswert – umswitchen: Sie bedie­nen zuerst jemanden auf Deutsch, dann kommt die nächste Kundschaft daher, dann geht das auf Italienisch. Das sind die Elemente, die Wohlstand und die Wohlergehen bewirken, und da können wir uns einiges abschauen. Da können wir auch ein europäi­sches Bildungsmodell forcieren: wie gut es wäre, wenn man schon in der Elementarbil­dung die Muttersprache sowie neben der Muttersprache die Weltsprache Englisch und eine Sprache eines Nachbarlandes unterrichten würde.

Ja, so sieht es also in Südtirol grundsätzlich sehr gut aus, was nicht in Abrede stellen soll, dass natürlich die Autonomie, wie wir es heute schon mehrfach gehört haben, unter Druck steht, sowohl was die römischen Begehrlichkeiten betrifft, als aber natürlich auch als Folge der weitergehenden und hoffentlich bald wieder einen Schritt weitergehenden europäischen Integration. Natürlich, der Vertrag von Lissabon von 2007 hat einiges be­wirkt, andererseits aber: Ohne die europäische Einigung wird es nicht gehen.

Die Frau Bundesministerin hat dankenswerterweise die Transitproblematik sehr deutlich angesprochen. Diese werden wir rein in Südtirol oder auch in Nordtirol oder Österreich nicht lösen können. Das kann nur Europa leisten – wie es auch so ist, dass die Brenner­grenze, die heute schon apostrophiert worden ist, ja nicht dank der Nationalisten nördlich und südlich des Brenners aufgegangen ist. Wir haben das als Nordtiroler sehr gut erle­ben können, wie man am Brenner immer noch einen Pass herzeigen hat müssen, wie man die Währung in Lire wechseln hat müssen. Dass es gelungen ist, diese Grenze zu öffnen, das verdanken wir nicht diesen Nationalisten, sondern das verdanken wir der europäischen Einigung.

Das ist ein sehr großer Wert, das ist genau der Boden, auf dem das Erfolgsmodell Süd­tirol gewachsen ist und wachsen konnte, und das Rezept, das dort Erfolg bringend ange­wendet wird, ist eben jenes der Subsidiarität (Präsidentin Bures gibt das Glockenzei­chen): Das, was wir vor Ort machen können, machen wir vor Ort, was auf europäischer Ebene zu regeln ist, was auf staatlicher Ebene zu regeln ist, soll dort geregelt werden. So geht es den Menschen gut, und da können wir uns nur ein Beispiel nehmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.09

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.