17.30

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die Frage, warum das Thema Kurzarbeit dem Gesundheits­ausschuss zugewiesen wurde, muss man weiter zurückverfolgen. Offensichtlich kann man im Arbeitsministerium keinen Kalender führen und hat daher nicht rechtzeitig er­kannt, dass die Kurzarbeitsregelung am 30.6. ausläuft. Man hat dann halt irgendeinen Ausschuss, der gerade tagt, genommen und hat die Arbeitsmaterie in den Gesundheits­ausschuss gekickt, wo dann der nicht zuständige Gesundheitsminister bei den Abgeord­neten gesessen ist, die fachlich auch nur teilweise aus diesem Ressort gekommen sind. Mein Anliegen, sowohl an den Sozial- und Gesundheitsminister als auch an den Arbeits- und Wirtschaftsminister, wäre es also, einmal das Kalenderführen mit den Mitarbeitern eine Runde zu üben. (Abg. Belakowitsch: Oder Termine!)

Es ist auch immer spannend, dass der frühere IHS-Chef Kocher nicht das Gleiche sagt wie der Arbeitsminister Kocher. Das ist nicht so tragisch wie beim Pühringer, der gleich­zeitig Seniorenbundobmann der Teilorganisation und Seniorenbundobmann des Vereins ist und eine gespaltene Persönlichkeit hat, sondern da ist es wenigstens nacheinander. Es ist aber auch nicht schön, weil IHS-Chef Kocher zur Kurzarbeit gesagt hat, dass diese auch „Strukturprobleme zudecken und zu negativen Beschäftigungseffekten führen“ kann. – Ja, das ist ja irgendwie logisch, wenn das so lange dauert. Das bestätigt auch AMS-Chef Johannes Kopf, der zu Recht darauf hingewiesen hat, dass die Kurzarbeit „notwendig, erfolgreich und teuer“ war, aber: „Wie jedes gute Medikament hat sie aber auch Nebenwirkungen. Vor allem bei längerer Dauer.“ Sie verhindert nötige Strukturan­passungen, weil man eh so weiterwurschteln kann, wie es immer war: Die Arbeitskräfte werden dort gehortet, wo sie nicht gebraucht werden und sind natürlich dann nicht dort, wo sie gebraucht würden. Das macht abhängig, und es besteht Missbrauchsgefahr, weil die Kurzarbeit sehr schwer zu kontrollieren ist.

Es zeigt sich jetzt – auch das Wifo hat das bestätigt –, dass im internationalen Vergleich die Kurzarbeitsregelungen in Österreich sehr großzügig waren, dass wir also den Be­trieben da mehr als andere Länder gegeben haben, und die genießen das natürlich. Nur haben wir inzwischen keinen Coronalockdown mehr, es gibt eigentlich keinen Grund für Kurzarbeit und – Kollege Koza hat schon zu Recht darauf hingewiesen – inzwischen kommt der Löwenanteil der Kurzarbeitenden aus der Warenerzeugung. Da geht es um Betriebe, die ihre Lieferkette nicht im Griff haben, die Probleme mit dem Nachschub ha­ben, und der Steuerzahler kommt jetzt für die Kosten auf, die diesen Betrieben entste­hen, weil sie ihre Lieferkette nicht im Griff haben. Wenn jemand also billigen Ramsch aus China einkauft und jetzt die Lieferkette nicht flutscht, weil Shanghai zu war, dann zahlt der Steuerzahler den Schaden. Wenn jemand in Europa teurer eingekauft hat und keine Lieferkettenprobleme hat, dann zahlt der Steuerzahler nichts. Das funktioniert also wirklich toll – gratuliere herzlich, toll haben Sie das hingekriegt!

Wirtschaftsbundgeneralsekretär Kurt Egger – auch hier im Haus – hat dann noch am 1. Juni darauf hingewiesen: Unter dem Titel „Mehr offene Stellen als Arbeitslose im Mai [...] 40.000 offene Stellen im Tourismus“ fordert Egger eine „Verdoppelung der Kon­tingente für Saisoniers im Tourismus als Sofortmaßnahme“. – So, und jetzt haben wir aber immer noch Kurzarbeit im Tourismus. Jetzt frage ich mich: Wie gibt es das? – Diese Leute würden an anderer Stelle gebraucht, die offenen Stellen im Tourismus haben sich in einem Jahr von 5 000 auf 16 000 erhöht – von 5 000 auf 16 000! Ich meine, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Da geben wir mit beiden Händen Steu­ergeld aus, während wir so viele offene Stellen wie noch nie haben. Wenn man diesen Betrieben nicht ihre Lieferkettenprobleme sponsern würde, wären diese Arbeitskräfte frei für Betriebe, die Arbeit haben. Und weil diese Betriebe, die Arbeit hätten, jetzt keine Leute bekommen, können sie ihr Angebot nicht ausweiten. Das heißt, die haben eine Angebotsverknappung, die der Staat produziert und damit wird die Inflation, die eh schon hoch ist, noch einmal zusätzlich befeuert. Die Kurzarbeit führt zu einer Angebotsverknap­pung, verstärkt diese und verstärkt also in dieser Form auch die Inflation – lauter kontra­produktive Maßnahmen.

Jetzt wird sich der Zuschauer, die Zuschauerin fragen: Warum macht man das dann? – Ja, weil die Sozialpartner die Pfoten drauf haben. Da können sie über Geld verfügen, und die Gewerkschaft sieht, was die Leute in dem Betrieb verdienen, und die Wirt­schaftskämmerer sehen: Ah, was zahlt der Mitbewerb?, und da wissen sie ganz viel. Und weil Wissen Macht ist und Geldverteilen Macht ist, bleibt dieses teure Spiel auf Kosten der Steuerzahler aufrecht. – Danke für nix! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Haub­ner: Schwacher Applaus!)

17.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.