Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundes­mi­nister! Wir Freiheitlichen haben bereits mehrfach hier im Hohen Haus Anträge auf die Wiedereinführung von verpflichtenden Truppenübungen eingebracht. Diese wurden stets seitens ÖVP und Grünen entweder abgelehnt oder vertagt, wie auch letzte Woche wieder im Landesverteidigungsausschuss.

Die Abschaffung der verpflichtenden Truppenübungen seinerzeit im Jahr 2006 durch den damaligen ÖVP-Verteidigungsminister und – bald nicht mehr – Landeshauptmann Günther Platter war ein untaugliches Wahlzuckerl, welches dem Bundesheer nachhaltig geschadet hat. Mit dieser Aktion wurde ein permanenter Verfassungsbruch eingeleitet, da wir in der Realität kein Bundesheer mehr haben, welches nach den Grundsätzen eines Milizsystems eingerichtet ist. Sie wissen das ganz genau, Frau Bundesminister, denn Ihre Experten aus dem Generalstab sagen Ihnen auch ganz deutlich, dass wir unbedingt wieder verpflichtende Truppenübungen brauchen.

Daher stelle ich Ihnen die Frage:

171/M

„Aus welchen Gründen lehnen Sie die dringend notwendige Wiedereinführung von verpflichtenden Truppenübungen ab?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Herr Abgeordneter! Sehr geehrte Damen und Herren! Es steht außer Frage, dass die Miliz der integrale Bestandteil des österreichischen Bundesheeres ist, der es erst möglich macht, dass wir auch auf die dementsprechende Mannstärke von 55 000 kommen.

Ich persönlich glaube nicht, dass man die Probleme der Zukunft mit den Rezepten der Vergangenheit lösen kann, so wie Sie das angesprochen haben. Wir hatten in Zusam­menhang mit der Bekämpfung der Pandemie die Notwendigkeit, erstmalig die Miliz aufzubieten. Sie wissen, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir am Höhepunkt 8 000 Soldatinnen und Soldaten nicht zuletzt im Kampf gegen die Pandemie im Einsatz hatten.

Es ist ein Faktum, dass die Miliz mehr üben muss, das steht außer Frage, aber eines sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht, und das ist eine Verlängerung des Grundwehr­dienstes von sechs auf acht Monate, das würde dies nämlich implizieren.

Das darf uns aber nicht davon abhalten, dass wir die Miliz attraktiver machen. Das haben wir gemacht, mit der Möglichkeit, sich nach dem Grundwehrdienst drei Monate zu ver­pflichten, durchaus auch die eine oder andere Kaderanwärterausbildung zu machen, dadurch schon während des Grundwehrdienstes – auch an alle jungen Männer hier (in Richtung Galerie weisend) gerichtet – die Möglichkeit zu haben, tatsächlich auch gutes Geld zu erlösen, aber nicht nur das, sondern auch zu sehen, welch attraktiver Dienstgeber das Bundesheer ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Der angesprochene Funktions­dienst hat mit Miliz überhaupt nichts zu tun.

In § 79 Bundes-Verfassungsgesetz steht: „Dem Bundesheer obliegt die militärische Landesverteidigung. Es ist nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten“, und aus den parlamentarischen Materialien, den Erläuterungen geht eindeutig hervor, dass man darunter eine Miliz nach Schweizer Vorbild versteht.

Eine Miliz, die 16 000 angebliche Milizsoldaten hat, nämlich sogenannte befristet Beor­derte, die weder eine Uniform haben noch auch nur einen einzigen Tag üben, ist keine Miliz. Sie brechen damit wissentlich und vorsätzlich die Verfassung. Eigentlich müsste man den Verfassungsgerichtshof mit einem Gesetzesprüfungsverfahren befassen, damit festgestellt wird, dass der sechsmonatige Grundwehrdienst nicht verfassungs­konform ist. Würden Sie die Verfassung und den Milizgedanken ernst nehmen, dann würden Sie den Grundwehrdienst wieder auf acht Monate verlängern, nach dem alt­bewährten Modell 6 + 2.

Daher meine Zusatzfrage: Sie haben ja angekündigt, das zu prüfen. Mit welchem Ergebnis haben Sie die Wiedereinführung des Grundwehrdienstmodells 6 + 2 geprüft?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Herr Abgeordneter, Sie sind Jurist, ich bin Juristin, und ich gehe davon aus, dass Sie mir hier keinesfalls einen Verfassungsbruch vorwerfen würden. Reden Sie bitte auch nicht die Freiwilligen­meldungen für unsere neue Attraktivierung des Milizdienstes 6 + 3 schlecht! Das waren immerhin 1 500 Freiwilligenmeldungen, die eingegangen sind, die uns die Möglichkeit eröffnet haben, dass wir im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz die Grundwehr­diener nicht in dem Ausmaß, wie es in der Vergangenheit der Fall war, hinstellen mussten.

Sie wissen, sehr geehrter Abgeordneter, sehr geehrte Damen und Herren, dass uns natürlich die erste Aufbietung der Miliz eines gezeigt hat: wo wir nachrüsten, aufrüsten müssen, nämlich bei der Ausrüstung – das ist das angesprochene 200-Millionen-Euro-Paket für die Miliz. Sie wissen, dass allein im heurigen Jahr schon 50 Millionen Euro zugeflossen sind, wenn Sie an die Mobilität denken, wenn Sie an die Ausstattung denken, wenn Sie an die neuen Kampfanzüge denken, die bereits an die Milizsoldaten ausgeliefert worden sind.

Sie haben recht, wir müssen weiter an der Attraktivierung der Miliz arbeiten. Ein ganz großes Dankeschön an all diejenigen, die dies trotz der Herausforderungen der Ver­gangenheit tagtäglich tun, und insbesondere an diejenigen, die in den 13 Jägerkom­panieaufgeboten ihre Arbeit im Kampf gegen das Coronavirus gemacht haben!

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Frau Abgeordnete Deckenbacher. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Guten Morgen, Frau Bundes­minister! Der Präsenzdienst – und ich sage das heute, weil auch viele Schülerinnen und Schüler hier sind – soll für junge Menschen eine wertvolle und spannende Zeit und vor allem auch getragen von Kameradschaft und Einsatzfähigkeit sein.

Es gibt ja im Rahmen des Modells Mein Dienst für Österreich die Möglichkeit, dass Grundwehrdiener nach ihrem sechsmonatigen Grundwehrdienst freiwillig um drei Mo­nate verlängern können. Da gibt es finanzielle Anreize, aber auch eine Vielzahl von Ausbildungs- und Einsatzmöglichkeiten. Ich glaube, das hat sich auch in Zeiten der Pandemie sehr, sehr bewährt.

Meine Frage ist: Wie sehen Sie die Entwicklung dieses Modells Mein Dienst für Öster­reich?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Ich glaube, die Entwicklung, Frau Abgeordnete, ist durchaus positiv zu bewerten, wenn es 1 500 Frei­willigenmeldungen für diese Möglichkeit, sich drei Monate zusätzlich zu verpflichten, gibt. Wenn man dann noch Ausbildungen macht, dann werden es um 428 Euro mehr; um 628 Euro mehr, wenn man sich auch für die Miliz meldet – daher hat das sehr wohl etwas damit zu tun.

Ich glaube, wir dürfen nicht vergessen, dass unser gesamtes System des Bundesheeres darauf aufbaut, dass von den jungen Männern die Entscheidung getroffen wird, sich für das österreichische Bundesheer zu entscheiden. Heute sind wir wieder bei einer Angelobung – ich mache das jedes Mal und bedanke mich dafür.

Noch mehr müssen wir dafür werben, dass auch erkannt wird, welche Möglichkeiten, welche Berufsmöglichkeiten – für Frauen und für Männer, das ist auch nicht zu verges­sen – unser Ressort neben dem Grundwehrdienst bietet. Ich glaube, dass wir genau an dieser Attraktivierung, an diesen Möglichkeiten der Freiwilligkeit weiter ar­beiten müssen, denn wir stehen als Dienstgeber mit sehr vielen im Wettstreit, gerade in Aufgabenfeldern wie im Cyberbereich zum Beispiel, wo es so gut Ausgebildete gibt, wo wir uns eben besonders anstrengen müssen. Dieses Modell ist eine Möglichkeit, zu zeigen, wie vielfältig das österreichische Bundesheer ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Zorba. – Bitte.