12.53

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Bild­schirmen! Hohes Haus! Während wir hier den Bericht der Volksanwaltschaft diskutieren und debattieren – auch den Bereich der präventiven Menschenrechtskontrolle, der ein eigener Berichtsteil ist –, werden in Österreich über 1 400 Menschen im Maßnah­men­vollzug festgehalten – gerade jetzt.

Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt, eigentlich ihrer Freiheit beraubt sind. Sie werden festgehalten wie Strafgefangene, obwohl sie keine Strafgefangenen sind, weil sie, was den Maßnahmenvollzug betrifft, in Behandlung sind – sei es, weil sie überhaupt unzurechnungsfähig waren, als sie eine Straftat begangen haben, und daher nicht als Straftäter gelten, oder sei es, weil sie aufgrund besonderer persönlicher Disposition, psychischer Erkrankung, Suchterkran­kung behandlungsbedürftig sind. Das sind also Patienten, und sie werden in Österreich wie Strafgefangene behandelt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits in zwei Urteilen – eines im Jahr 2015 und eines im Jahr 2017 –, in denen Österreich verurteilt worden ist, aus­gesprochen, dass Österreich die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt. Die Europäische Menschenrechtskonvention steht in Österreich im Verfassungsrang. Mit anderen Worten: Österreich verletzt immer noch tagtäglich hinsichtlich der im Maßnah­menvollzug festgehaltenen Personen die eigene Verfassung. Das ist ein vollkommen unhaltbarer Zustand, meine Damen und Herren! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Yildirim.)

Ich bin sehr dankbar, dass die Volksanwaltschaft das auch sehr deutlich ausspricht. Auch heute hat Volksanwalt Amon darauf hingewiesen, dass im Bereich des Maß­nahmen­vollzuges dringendster Handlungsbedarf besteht, und zwar auf drei Ebenen.

Erstens auf der gesetzlichen Ebene: In zwei Jahren habe ich bereits sieben parla­men­tarische Anfragen an die Justizministerin gerichtet: Wie schaut’s aus mit den Verbesse­rungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Maßnahmenvollzug? – Wir werden nur vertröstet: irgendwelche Diskussionen, irgendwelche Abstimmungen würden noch fehlen. Das ist nicht akzeptabel!

Das zweite Thema ist: Wie sind die Anstalten ausgestaltet, wie sind diese Kranken­einrichtungen ausgestattet und ausgestaltet, in denen diese Behandlungen stattfinden sollen? – Auch das entspricht bei Weitem nicht menschenrechtlichen Standards.

Das Dritte ist, dass die Feststellung, ob und inwieweit jemand überhaupt in den Maß­nahmenvollzug zu übernehmen ist, auf der Basis von Gutachten zu erfolgen hat und wir da riesigen Handlungsbedarf haben, was die Qualität der Gutachten betrifft. – Das heißt also: eine Riesenbaustelle für das Justizministerium!

Ich würde meinen – das Justizministerium hat gestern wieder sein Sommerfest gefeiert –, dass das Justizministerium eigentlich überhaupt nichts zu feiern hat, solange dieser Miss­stand im Bereich des Maßnahmenvollzugs nicht behoben wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Yildirim.)

12.57

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Totter. – Bitte.