16.48

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, jetzt ist schon wieder etwas passiert. Ein Skandal der ÖVP jagt den nächsten. Es ist fast wie im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, nur, dass dieser Film lustig ist. Ich meine, Ihre Skandale wären auch unterhaltsam, wären sie nicht so traurig. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was man sagen muss, ist nämlich, dass die Partei, die ÖVP, die es nicht schafft, einen korrekten Finanzbericht an den Rechnungshof zu schicken, seit Jahren für das Finanz­ministerium, für unser aller Steuergeld zuständig ist, sehr geehrte ZuschauerInnen auch zu Hause.

Selbst der unabhängige Rechnungshof glaubt nicht mehr daran, dass eben diese ÖVP-Rechenschaftsberichte korrekt sind, und schickt jetzt den Wirtschaftsprüfer. Das hat es überhaupt noch nie gegeben, das ist ein erneuter historischer Tiefschlag. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Da jagt ja einer den nächsten. Wenn ich jetzt anfange, aufzuzählen, werde ich gar nicht mehr fertig.

Was wir in dieser Regierungsperiode schon alles hatten! Dass das erste Mal gegen den amtierenden Kanzler ermittelt wird – ÖVP-Kanzler, muss man dazusagen –; dass es zum ersten Mal Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt und auch im Finanz­ministerium gibt; dass zum ersten Mal der Bundespräsident einen Minister de facto dazu zwingen muss, seine Arbeit zu machen, weil er sich weigert, dem Untersuchungs­ausschuss Akten zu schicken, und die Aufklärung verhindert – auch historisch einmalig –; dass zum ersten Mal mit Steuergeld aus dem Finanzministerium de facto Parteiumfragen finanziert worden sind – unser Steuergeld für Parteizwecke, auch historisch einmalig!

Die Liste geht weiter und weiter und weiter: So sind jetzt in Vorarlberg wahrscheinlich ebenfalls Millionen Euro nicht rechtmäßig versteuert worden, sondern in die Taschen der ÖVP gewandert. Ja, Wirtschaftspartei: In die eigenen Taschen wirtschaften Sie mit unse­rem Steuergeld! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn sich jetzt ÖVP-Organisationen auch noch aus einem Topf für Coronagelder für Organisationen bereichern (Zwischenruf des Abg. Höfinger), dann versteht das nie­mand mehr. (Abg. Ottenschläger: Hätten wir das Hotel zusperren sollen und die Leute auf die Straße setzen?) Während auf der einen Seite die Menschen nicht mehr wissen, wie sie sich die Energie und die Mieten und so weiter leisten können, bereichern Sie sich in Millionenhöhe! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ottenschläger: Hätten wir das Hotel zusperren sollen? Wollen Sie, dass die Leute auf der Straße sitzen? Gratuliere, SPÖ!)

Es geht weiter und weiter, und ich habe deswegen auch etwas mitgebracht, denn ich will letztlich auf zwei Punkte hinweisen, dass die in dieser Debatte nicht untergehen.

Erstens: Das ist alles schon lange kein Einzelfall mehr, das hat System in der ÖVP. Sie sagen dann immer, Sie haben auch jetzt wieder erklärt: Nein, das ist alles gar nicht so, da gibt es immer Ausreden und Hin und Her. (Beifall bei der SPÖ.) Allein von den letzten Finanzministern wird gegen fünf ermittelt. Was heißt da Einzelfall? Ich habe etwas mitgebracht: die Truppe der ÖVP. (Die Rednerin hält eine Tafel in die Höhe, auf der Sebastian Kurz, Gernot Blümel, August Wöginger, Thomas Schmid und weitere Per­sonen abgebildet sind.) All das sind Personen, die entweder Mandatare, Mandatarinnen oder MitarbeiterInnen der ÖVP sind, gegen die gerade ermittelt wird (Ruf bei der FPÖ: Grauslich!) – und ehrlich, wir waren froh, dass alle auf das Plakat gepasst haben, denn wenn es so weitergeht, brauchen wir demnächst ein 16-Bogen-Plakat, weil die Truppe oder die Familie, wie es Thomas Schmid genannt hat, so groß ist. (Beifall bei der SPÖ. – Die Rednerin lässt die Tafel wieder sinken. – Abg. Kickl: Das muss man länger halten!)

Ich habe mir aufgeschrieben, weswegen denn da überall ermittelt wird: wegen Amts­missbrauchs, Verdachts der Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Untreue, unerlaubter Vorteilsnahme, Falschaussage, Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses. (Abg. Gahr: Alles eingestellt!) Die Liste ist unglaublich lang, übrigens ist auch der Herr Natio­nalratspräsident mit drauf, der sieht da aber auch überall kein Problem – also Einzelfall ist schon lange vorbei!

Der zweite Punkt, den man in dieser Geschichte betonen muss, vor allem für die Zu­schauerinnen und Zuschauer, ist eigentlich der zentralste: Für wen wird da Politik gemacht? – Erstens: für die ÖVP, für die eigenen Taschen, das haben wir schon gehört; aber zweitens: für die befreundeten Sponsoren und Sponsorinnen natürlich. Jetzt prüft eben auch der Rechnungshof, ob da alle Spenden, alle Sponsorings korrekt gemeldet wurden und so weiter. Na, wessen Sponsoring wird denn das sein? Geht es da um das Sponsoring der alleinerziehenden Bürokauffrau, der am Ende des Monats so viel überbleibt, dass sie sich denkt, sie spendet es jetzt an die ÖVP? (Heiterkeit bei Abge­ordneten der SPÖ.) 30 Prozent der Menschen müssen gerade Schulden machen, um sich das Leben leisten zu können. Nein, da geht es um die Sponsorings der befreun­deten Millionäre, Millionärinnen, der Erben und Erbinnen, der befreundeten Unternehmen und so weiter – und die erwarten sich natürlich etwas im Gegenzug für diese Spende.

Das ist ja der demokratiepolitische Skandal an dieser ganzen Geschichte: wenn gegen Spende dann Politik gemacht wird, wenn in der Politik auf einmal der entscheidet, der das dickste Geldbörsl hat! Wir können das durch den Untersuchungsausschuss auch mittlerweile schon klar sagen, wir können belegen, dass in der Republik eine Spende geflossen ist und danach für den Sponsor Politik gemacht wurde. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ja das Problem!

Damit komme ich schon zum Abschluss: Deshalb muss die ÖVP ganz klar in Opposition geschickt werden, und immer mehr Menschen begreifen das auch, weil niemand will, dass so mit dem eigenen Steuergeld umgegangen wird. Da haben wir uns etwas Bes­seres verdient. – Vielen Dank. (Die Rednerin stellt die Tafel erneut auf das Rednerpult. – Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

16.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Tun Sie das bitte runter! (Die Tafel wird von einer Bediensteten der Parlamentsdirektion entfernt. – Unruhe im Saal.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Ruhe, der Anstand spricht!)