17.21

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Wir haben heute schon gehört: Vorarlberg ist überall. Überall dort, wo die ÖVP an der Macht ist, werden nach Gutsherrenart Inserate in Millionenhöhe verteilt und wird Gefälligkeitsjournalismus erwartet. Wir haben von Agenturen gehört, die gegründet werden, um Kick-back-Zahlungen zu erhalten und Geldflüsse zu verschleiern. Es ist eine sehr lange Liste und sie lässt sich auch noch sehr lange weiterführen.

Ich komme jetzt zu einem ganz aktuellen Punkt, nämlich dem Postenschacher und der Unterbringung von eigenem Personal an den Schalthebeln der Republik, in dem Fall bei der RTR. – Was ist die RTR?, fragt sich vielleicht der eine oder andere hier. – Die RTR ist die Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH, das ist eine staatliche Einrichtung. Sie erfüllt gesetzliche Aufträge im Zusammenhang mit der Regulierung, der Entwicklung und der Förderung von Märkten für Medien, Telekommunikation und Post. In dieser RTR ist auch der Fachbereich Medien angesiedelt. Dort werden in einer sehr großen Eigen­verantwortung Medienförderungen verwaltet. Wir sprechen von 90 Millionen Euro pro Jahr, die quasi freihändig vergeben werden können.

Jetzt braucht dieser Bereich Medien einen neuen Geschäftsführer oder eine neue Ge­schäftsführerin, und es braucht auch ganz dringend in dieser Behörde eine Person an der Spitze, die die großen Herausforderungen der Medienpolitik kennt, die auch einen kompetenten Sparringpartner für Politik und Medien darstellt, die die RTR als echtes Dienstleistungsunternehmen positioniert. Was sie nicht braucht, ist eine Person, die aufgrund einer Postenbesetzung der ÖVP an die Spitze kommt.

Die ÖVP sieht diese Jobdescription ein bisschen anders – übrigens aber auch wie die SPÖ vor fünf Jahren, auch damals wurde der Erstgereihte übergangen. Diesmal wurde übrigens diese Person, die sich wieder beworben hat, nicht einmal zum kommissionellen Hearing eingeladen, man hat sie vorher schon aussortiert.

Diese Kommission, die dann darüber entscheidet, wer diesen wirklich wichtigen medien­politischen Posten bekommt, ist geheim. Mir liegt die Liste vor, sie liest sich wie das Who’s who der Wiener ÖVP. Wir hätten als Leiter der Kommission Albert Posch vom Verfassungsdienst; er war zuvor Kabinettschef bei Blümel. Wir haben Sektionschef Brünner, ebenfalls mit einem beruflichen Werdegang in diversen ÖVP-Ministerien. Wir haben Sektionschefin Humer, sie leitet die Sektion VI im BKA, das ist Familie und Jugend.

Sie fragen sich vielleicht, was die Sektionsleiterin für Familie und Jugend mit der Besetzung der Geschäftsführung einer Medienbehörde zu tun hat. Ich frage mich das auch. Ich weiß es nicht. Die einzige Qualifikation, die man bei Humer feststellen kann, ist, dass sie ÖVP-Bezirksrätin war und es übrigens damals bei ihrer Ernennung als Sektionschefin auch schon große Aufregung darüber im Familienministerium gab und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses auch einen Brief an Van der Bellen geschrieben haben. – Meine Damen und Herren, das ist die Kommission, die diesen wichtigen Posten besetzt.

Parallel dazu werden auch die Beiräte für die RTR ernannt. Die Aufgabe der Beiräte ist, dass sie Empfehlungen für diverse Förderungen abgeben. Diese Empfehlungen sind nicht bindend. Die Geschäftsführung kann dann trotzdem ganz alleine entscheiden, wie die 90 Millionen Euro pro Jahr vergeben werden.

Ja, wer sitzt denn jetzt und auch zukünftig in den Beiräten für die Empfehlungen für Medienförderungen? – Da hätten wir Sophie Ernest, sie leitet das Friedrich Funder-Institut – das ist die Journalistenausbildung der Parteiakademie der ÖVP –, in dem der Nachwuchs für die eigenen Parteimedien gezüchtet wird. Sie war auch schon Sprecherin von Blümel, als dieser Medienminister war. Wir haben Amra Ducic, sie ist Leiterin der Abteilung Digitale Kommunikation im BKA, zuvor war sie ebenfalls Sprecherin einiger ÖVP-Minister. Ebenfalls Mitglied des Beirats: Michael Ulrich, Pressesprecher von Finanzminister Brunner, früher auch Pressesprecher der ÖVP. – Meine Damen und Herren, was hat der Pressesprecher des Finanzministers im Beirat für Medienförderung zu suchen? – Ich weiß es nicht. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich meine, das Finanzministerium ist in letzter Zeit ja auch nicht gerade elegant auf­gefallen – Stichwort Beinschab-Tool, Stichwort Fakeumfragen, Stichwort sinnentleerte Kampagnen für noch nicht beschlossene Steuerreformen. Auch die Grünen bekommen übrigens ihre zwei Beiräte – da bleibt nur: sehr koalitionär und auch sideletterisch.

Statt also endlich wichtige medienpolitische Weichenstellungen vorzunehmen, statt sich endlich um ein neues ORF-Gesetz zu kümmern, statt endlich einen Plan für die Zukunft der „Wiener Zeitung“ vorzulegen, statt sich endlich um eine ordentliche Presse- und Medienförderung zu kümmern, statt endlich dieser Inseratenpolitik einen Riegel vorzu­schieben, macht man die gleiche, alte Politik. – Und es ist euch völlig egal, was die Menschen sagen. Das ist euch doch völlig egal! (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Es ist euch wurscht, ob Österreich in diversen Rankings und Indizes immer weiter zurückgereiht wird (Abg. Meinl-Reisinger: In Richtung Ungarn!), es ist wurscht, ob es sich um das Ranking der Pressefreiheit handelt, um den Demokratieindex, um den Korruptionsindex – es ist euch völlig wurscht. Ihr benehmt euch wie diese Band auf der Titanic, die fröhlich ihrem Untergang entgegenfidelt, aber was ihr nicht seht: Ihr nehmt Österreich, die Demokratie und die Medienfreiheit mit in diesen Untergang, und das ist dramatisch. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Bravo!)

Zu guter Letzt: Wenn noch ein Funken Restanstand, meinetwegen auch bei ÖVPlern, auf Gemeinde- oder Landesebene anklopft, dann folgt ihm! Es ist auch noch im hohen Alter möglich, ein anständiges Leben zu führen. (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit bei Abgeordneten von NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Dieser Appell gilt auch Ex-Landeshauptmann Pühringer, der – das möchte ich ab­schließend schon noch mitgeben – ein bemerkenswertes Interview in der „Oberöster­reichischen Rundschau“ gegeben hat. Er meinte nämlich darin allen Ernstes, der Seniorenbund hätte das Geld gar nicht gebraucht. Man hätte nämlich noch aus den vorigen Jahren Rücklagen gehabt, weil man weniger ausgegeben hat. (Abg. Meinl-Reisinger: Wirtschaftspartei!) Das ist unfair, das ist unsolidarisch. Was heißt denn das für all die NPOs, die keine gut ausgestattete Partei im Rücken haben? Das ist eine Schande und eine Frechheit!

Merkt euch: Man kann auch noch im hohen Alter ein anständiges Leben führen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Plakolm. – Bitte.