22.41

Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es sind Bilder wie die aus Kiew, aus Charkiw, aus Mariupol und Berichte über die erschütternden Leichenfunde in Butscha, die uns be­troffen machen. Krieg in Europa, in einem Land, das nicht einmal 500 Kilometer von uns entfernt ist: Das hätte wahrscheinlich niemand von uns, vor allem im 21. Jahrhundert, tatsächlich für möglich gehalten, denn meine, unsere Generation kennt Kriegs­geschich­ten nur mehr aus Erzählungen unserer Großeltern und solche Bilder von Europa nur mehr aus Geschichtsbüchern.

Putin führt ein Regime der Politik der Ewigkeit. Mit diesem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erleben wir seit Februar aber eine brutale Zeitenwende. Russische Streitkräfte stellen sich bei ihrer Kriegsführung über die Gesetze des humanitären Völkerrechtes. Die Einhaltung des Völkerrechtes ist eine rote Linie, denn – wir haben es heute schon gehört – auch im Krieg gibt es Regeln, die zwingend zu befolgen sind: Regeln zu zulässigen Mitteln und Methoden der Kriegsführung, zur Behandlung ge­schützter Personen wie zum Beispiel verwundeter Soldaten und Zivilpersonen, zum Schutz von Sanitätsdiensten, Krankenhäusern, Schulen und humanitären Organisa­tio­nen.

Als militärisch neutraler Staat sind wir aber keinesfalls moralisch neutral, und es ist wichtig – auch wenn wir das heute schon oft gehört haben –, es zu wiederholen: Die Berichte des Moskauer Mechanismus dokumentieren unfassbare Verletzungen der Menschenrechte. Es gibt Beweise für Folter, für systematische Vergewaltigungen als Mittel der Kriegsführung und für willkürliche Hinrichtungen. Über Angriffe auf zivile Ein­richtungen wie Schulen und Krankenhäuser wird live vor Ort im Fernsehen berichtet. Der Expertenbericht der OSZE-Factfindingmission fand klare Muster von Verletzungen des humanitären Völkerrechtes. Es ist daher unsere Pflicht, die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes zu unterstützen und die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es gilt jetzt, Beweise systematisch, rasch und effizient zu sammeln und unabhängige internationale Ermittlungen einzuleiten. Das gilt selbstverständlich für beide Konflikt­parteien. Wir müssen uns auf bilateraler und multilateraler Ebene für die Einhaltung des Völkerrechtes und des Genfer Abkommens samt Zusatzprotokollen einsetzen und ein besonderes Augenmerk auf den Schutz der Zivilbevölkerung und der vulnerablen Grup­pen legen.

Aus diesem Grund hat Österreich gemeinsam mit anderen Staaten die Einleitung von Untersuchungen durch den Internationalen Strafgerichtshof beantragt und unterstützt diese finanziell. Es erfolgt die Entsendung von Justizexperten für diese Ermittlungen, und wir errichten auch diese Kontaktstelle bei Eurojust, die die Koordinierung und Zu­sammenarbeit zwischen den nationalen Justizbehörden unterstützen soll.

Die Menschen in der Ukraine kämpfen nicht nur, um ihr Land zu verteidigen, sie kämpfen auch, um ihre Freiheit und um Demokratie zu verteidigen. Für uns als Staatengemein­schaft muss es oberste Priorität sein, dass das Völkerrecht und seine Verpflichtungen eingehalten werden und dass wir Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht gemeinsam ahnden.

Gemeinsam haben wir den vorliegenden Antrag im Menschenrechtsausschuss einstim­mig angenommen. Ich bitte, diesen Antrag auch im Plenum gemeinsam einstimmig anzunehmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatterin ist nicht da.

Wie vereinbart verlegen wir die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Menschenrechte.