12.02
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Beschäftigten im Pflege- und Betreuungsbereich kriechen am Zahnfleisch. Die Pflegebedürftigen wissen nicht, wie es weitergeht, wenn man sich die Situation im Krieg, die Situation mit der Teuerung anschaut. Die Angehörigen der Pflegebedürftigen wissen nicht mehr, wie sie die Pflege organisieren sollen, ohne den Job zu verlieren. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Wenn ich dann höre, dass sich die Regierungsparteien herstellen – nachdem sie zwei Jahre während Corona nur geklatscht haben, angekündigt haben und im Endeffekt zwei Gesundheitsminister verbraucht haben – und heute sagen, dass sie die größte Pflegereform seit Jahrzehnten gemacht haben, so ist das eine Lüge (Abg. Gabriela Schwarz: Obacht!) und eigentlich der falsche Ansatzpunkt, das heute zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir stehen heute mit einer sogenannten Pflegereform da, weil der Herr Bundesminister – der dritte – erkannt hat, dass er nur überleben kann, wenn er schnell etwas macht. Er hat gesagt, dass die Geschwindigkeit für ihn wichtig war. Die Geschwindigkeit war für ihn wichtig, damit er weiterhin als Bundesminister diesen Bereich führen kann. Die Regierungsparteien hätten heute sicherlich nicht diese Pflegereform präsentiert. Das hat die letzten zwei Jahre nicht geklappt und das hätte auch heute nicht geklappt. Ich behaupte, dass diese Pflegereform – Frau Kollegin Maurer, Sie haben gesagt, dass das die größte Pflegereform der letzten Jahrzehnte sei – das größte Abtauschgeschäft zwischen zwei Parteien in einem Bereich ist – und das liegt uns heute vor.
Ich bin überzeugt, auch weil Kollege Wöginger nicht da ist (Abg. Zopf: Das ist eine Pflegemilliarde!), dass sich der Arbeitnehmerflügel der ÖVP in dieser Pflegereform jedenfalls nicht durchgesetzt hat. Kollege Kucher hat schon gesagt, dass Herr Hörl mit den Seilbahnen und vielleicht andere Wirtschaftstreibende diese Pflegereform bestimmt haben. (Abg. Gabriela Schwarz: So ein Blödsinn! – Abg. Michael Hammer: Das ist ein Blödsinn!) Was wurde denn nicht geändert, Kollege Hammer, was habt ihr nicht geändert? (Ruf bei den Grünen: Das ist doch lächerlich! Das ist wirklich peinlich!) – Durch die ÖVP ist es noch immer möglich, dass mit der Pflege in Österreich ein Geschäft gemacht werden darf. Ihr ermöglicht es immer noch, dass Privatinvestoren, Hedgefonds und auch Aktionäre im Pflege- und Betreuungsbereich derzeit die Gewinner sind. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Solange Sie das nicht ändern und solange Sie nicht die Gemeinnützigkeit in Österreich einführen, ist das weiterhin gegeben. Das ist die Handschrift der ÖVP, der Wirtschafts-ÖVP. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn sich der Arbeitnehmerflügel der ÖVP oder die Grünen mit ihrer früheren Vorgangsweise durchgesetzt hätten, dann wäre bereits heute umgesetzt, dass das Zeitguthaben bei Nachtdiensten – dieser Schutzmechanismus im Nachtschwerarbeitsgesetz – für alle gilt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ihr habt es wiederum nicht gemacht, obwohl es versprochen worden ist! Dann wäre auch umgesetzt, dass es eine Schwerarbeitspension für Pflege und Betreuung gibt. Niemand in diesem Saal kann mir sagen, warum ihr dazu nicht steht und die Bestimmung heute nicht endlich aufgenommen habt, dass auch die Pflege- und Betreuungskräfte als Schwerarbeiter in die Schwerarbeitsverordnung aufgenommen werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Ihr wollt den Menschen nicht helfen und ihr habt deren Sprache verlernt. Ich sage Ihnen offen und ehrlich, Frau Kollegin Zopf: Sie glauben, dass Sie die Sprache der Menschen kennen. (Zwischenruf der Abg. Zopf.) – Sie kennen sie nicht, Sie sind ganz weit weg davon! Ich zeige es Ihnen noch an einem Beispiel: Wenn Sie einen Ausbildungsbonus mit 600 Euro einführen, der keine Sozialversicherung, keine Existenzsicherung beinhaltet, und den Menschen sagen: Bitte geht in die Pflege- und Betreuungsberufe, wir brauchen euch dort!, dann passt das nicht zusammen. Sie lügen sich selbst an! Das stimmt nicht, Sie sind nicht am Puls der Zeit und Sie verstehen nicht, was die Menschen brauchen. (Abg. Gabriela Schwarz: Das Burgenland enteignet gerade alle Pflegebetreiber!)
Wir brauchen jetzt eine andere Handschrift. Herr Bundesminister, uns haben Sie an Ihrer Seite, aber Sie sind alleinstehend: Ich sehe, Sie sitzen da allein. (Abg. Loacker: Nein, er ist ja verheiratet! – Heiterkeit bei SPÖ, Grünen und NEOS.) Es ist auch der Bundesminister für Bildung nicht hier und auch kein Bundesminister für einen anderen Bereich, Sie sitzen alleine, aber ich bin überzeugt, dass Sie zumindest überleben wollen, und Ihr Überlebenswille ist die einzige Chance dafür, dass wir im Pflegebereich weiterkommen.
Wir von der Sozialdemokratie werden jedenfalls dieser Wirtschaftshandschrift im Pflegebereich nicht Rechnung tragen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.06
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist zu diesen Tagesordnungspunkten nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Die Abstimmung über diese Tagesordnungspunkte verlege ich an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.