13.43
Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Bundesminister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, das Thema Tierschutz bewegt. Es bewegt nicht nur die Konsumentinnen und Konsumenten, es bewegt vor allem die Bäuerinnen und Bauern. Ich bringe euch jetzt ein Beispiel: Ein guter Freund aus meiner Nachbargemeinde hat letztes Jahr in einen Schweinemaststall investiert – nach den aktuell geltenden Regelungen mit den Vollspalten – und kalkuliert, dass der Stall in 20 Jahren abbezahlt ist. Gäbe es keine Übergangsfristen, das sage ich in aller Deutlichkeit, dann würde das nicht passieren. So, wie der Lebensmitteleinzelhandel es macht, alle sieben Jahre eine neue Filiale irgendwohin stellen, das funktioniert da nicht. Da braucht es längere Übergangsfristen.
Noch ein Beispiel, eines, das wahrscheinlich jede und jeden in Österreich betrifft: ein neues Auto zu kaufen. Sie schaffen sich das Auto an, und dann – stellen Sie sich vor! –, fünf Jahre später wird der gesetzliche Rahmen verändert, dieses Auto wird verboten, und Sie, meine Damen und Herren, müssen sich ein neues Auto kaufen. – Das geht sich nicht aus. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, ihr werdet verstehen, dass ich in diese allgemeine positive Stimmung heute nicht ganz einstimmen kann, aber als Demokrat nehme ich diesen großen Konsens zur Kenntnis und dieses neue Tierschutzgesetz akzeptiere ich, weil – und das sage ich in aller Offenheit – es in einigen Punkten durchaus Verbesserungen mit sich bringt und auch halbwegs verträgliche Übergangsfristen beinhaltet.
Jetzt aber zu einem anderen Punkt – und da sei ganz klar festgehalten: es gibt drei Gruppen, die Bäuerinnen und Bauern, den Handel und die Industrie und die Konsumentinnen und Konsumenten –: Wir schaffen da für genau eine Gruppe eine Verpflichtung, nämlich für die Bäuerinnen und Bauern, und für die anderen beiden haben wir die tobenden Appelle. Das stimmt mich bedenklich.
Nehmen wir doch Rücksicht auf die hervorragende Qualität der österreichischen Produkte! Unterstützen wir die bäuerliche Produktion durch den Kauf dieser Produkte! Sichern wir damit auch die Lebensmittelversorgung in Österreich und verhindern wir den Import von Billigfleisch, produziert nach niedrigsten Tierschutzstandards! Vielleicht gehört sogar gesagt: Schauen wir, dass wir diese billigen Lebensmittel aus dem Ausland aus den Supermarktregalen verbannen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Kollege Amesbauer hat gesagt, er hat das Tierschutzvolksbegehren unterschrieben. Mein Wunsch, nein, ich fordere sogar jeden auf, der das unterschrieben hat: Damit seid ihr auch verpflichtet, die österreichischen Produkte zu kaufen – also nicht nur etwas unterschreiben und etwas fordern und dann nicht danach handeln, denn das funktioniert nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)
Und eine Bitte an alle hier: Reden wir mit den Bauern und nicht über die Bauern! Glaubt mir, in den letzten Tagen, Wochen, Monaten sind viele Zuschriften gekommen, ich habe mit vielen Bäuerinnen und Bauern geredet: Sie haben Sorgen, sie haben Ängste, wenn nicht sogar Existenzängste.
Ich möchte hier eine große Bitte, einen Appell an alle aussprechen, die mitgeholfen haben, dieses Paket so zu verhandeln, und vor allem auch an die NGOs, und zwar ihre Positionen zu nutzen, den Handel und die Konsumenten in die Pflicht zu nehmen. Das ist wahrscheinlich in Zeiten der hohen Inflation etwas schwierig oder eine große Herausforderung, aber mehr Tierwohl braucht auch mehr tatsächliche Abgeltung für die Bäuerinnen und Bauern, denn sonst funktioniert das nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Eines möchte ich hier klarstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil gerade in den letzten Wochen und Monaten die Schweineproduzenten durch zum Teil einseitige Publikationen als Tierquäler dargestellt worden sind und in ein falsches Licht gerückt wurden: Ich weise das entschieden zurück! Eines ist nämlich klar: Die Bäuerinnen und Bauern sind die besten Tierschützer, denn geht es den Tieren gut, geht es dem Bauern gut, nämlich wirtschaftlich.
Ich habe da einen Bericht der „Kronen Zeitung“ von vor 14 Tagen. (Der Redner hält zwei Blätter mit Kopien des erwähnten Artikels mit der Überschrift „Wie geht es ihren Schweinen, Herr Hörtenhuemer?“ in die Höhe.) Es ist nicht immer so über die Schweinehaltung berichtet worden. Das ist eine realistische Darstellung. Genau von solchen Berichten würde ich mir viel mehr wünschen, nämlich eine realistische Darstellung eines Betriebs. Ich lade alle dazu ein, dass wir mehr von der Realität sprechen und nicht alle in eine Schublade stecken.
Meine Damen und Herren! Wenn ein Kriminalitätsfall in einer Sparte aufgedeckt wird, dann spricht man auch nicht über die gesamte Berufsgruppe. Banker, Lehrer, Ärzte, das sind alles angesehene Berufe, aber es ist auch schon passiert, dass zum Beispiel ein Arzt einen falschen Fuß amputiert hat – es sind aber nicht alle verurteilt worden. Genau das wünsche ich mir auch hinsichtlich Landwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Wenn schlechte Fälle aufgedeckt werden, dann ist das klar zu verurteilen, und das sage ich in dieser Deutlichkeit, aber stecken wir nicht alle in eine Schublade!
Meine Damen und Herren! 2004 ist hier im Hohen Haus das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz beschlossen worden. Ich möchte einen Fall von damals aufgreifen. Jeder kennt das Frühstücksei, das Spiegelei, das Omelett. Damals ist auch schon über die Haltung geredet worden. In Österreich ist die Käfighaltung verboten – zu Recht! Doch schauen wir einmal, welche Unmengen von flüssigen Eiern in 15-, 20-Liter-Kanistern aus dem Ausland importiert werden! Es würde mich interessieren, wie in diesen Ländern die Tierhaltung, die Legehühnerhaltung aussieht. Appelle allein sind zu wenig, da müssen wir alle an einem Strang ziehen!
Ich darf nun zu dem Bereich der Schweinehaltung übergehen und zur Preissituation etwas sagen. Ich weiß nicht, ob es hier herinnen viele von euch wissen: 1980 hat die Bäuerin, der Bauer für eine 100-Kilo-Mastsau bester Qualität 180 Euro gekriegt. Wisst ihr, was jetzt gezahlt wird? – Letzte Woche: 220 Euro. Ja, die Produktion ist über die letzten Jahre gesteigert worden, aber angesichts der immer mehr werdenden und höheren Auflagen, der zunehmenden Erschwernisse, der täglich steigenden Kosten für Erzeugung, Fütterung, Rohstoffe, Energie wird das auf Dauer nicht möglich sein.
Meine Damen und Herren! Wenn wir schon mehr Auflagen hinsichtlich Tierschutz haben, dann geht das alle an. Wir müssen da die Betriebe mitnehmen, wir müssen Anreize schaffen, wir müssen lange Übergangsfristen vorsehen, sonst geht es sich wirtschaftlich nicht aus! In Hinkunft werden alle beweisen müssen, dass der Konsument, der Handel oder auch wir als Bauern diesen hohen Anforderungen gerecht werden. Medien, NGOs können positiv dazu beitragen. Das ist mein großer Wunsch. Das neue Gesetz mit den notwendigen Übergangsfristen, mit dem Schutz von neuen Investitionen, 23 Jahre ab dem aktuellen Standard, und vielen anderen Bereichen: Der Großteil der Bauern wird damit leben müssen. Das sage ich in aller Deutlichkeit.
Wir nehmen die Herausforderung an, unter der Bedingung, dass Handel und Konsumenten mitziehen. Das haben sich nämlich unsere Bäuerinnen und Bauern in Österreich verdient. Das muss klar gesagt sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.52
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Gabriel Obernosterer. – Bitte, Herr Abgeordneter.