12.12
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen und Zuseher:innen auf der Galerie! Vielleicht kennen einige den Spruch von Schiller: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“
Heute ist Weltfriedenstag. Die UNO hat diesen Weltfriedenstag vor 40 Jahren ausgerufen, damit sich dieser keppelnde Nachbar nach 1945 nicht mehr durchsetzt, damit wir dieses Nie-wieder nach 1945 ernst nehmen: nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus! – Ja, wir dürfen nie wieder zulassen, dass ein diktatorisches Regime unseren Kontinent mit Krieg überzieht. Nie wieder dürfen wir zulassen, dass Menschen vor Bomben flüchten müssen, in Lager gesperrt werden, deportiert, gefoltert, vergewaltigt, ja entmenschlicht werden.
Stattdessen wird das Völkerrecht gebrochen und auch im österreichischen Parlament wird durch Rechte Unruhe statt Frieden gestiftet. Ja, man möchte meinen, Sie haben aus dieser Geschichte nicht nur nichts gelernt, sondern genau Sie sabotieren dieses Friedensversprechen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es ist nämlich kein Wunder, dass nach dem Zerfall des Ostblockes die mittel- und südosteuropäischen Länder bestrebt waren, in die europäische Friedensgemeinschaft aufgenommen zu werden. Das Versprechen war Frieden und demokratische Stabilität – und danach strebten sie nicht umsonst, sondern nach Jahrzehnten der autoritären, ja totalitären Repression. Auch die Ukraine hat sich entschlossen, dieses Streben in Richtung Europäische Union aufzunehmen – und wenn einige genau zugehört hätten, dann hätten sie viele Warnungen vernommen, dass es Russland nicht gefallen wird. Putin marschierte schon 2008 in Georgien ein. 2014 krallte er sich die Krim, seit 2015 lässt er Bomben auf Syrien fallen. Er lässt politische Gegner einsperren, NGOs und Medien zudrehen. Patriarch Kyrill klatscht dazu, während dort ein Staat auf Militarismus und Nationalismus aufgebaut wird und anderen Völkern schlicht das Existenzrecht abgesprochen wird.
Dieser Krieg hat zweifelsohne die europäische Friedensordnung zertrümmert. Wenn wir das Versprechen „Nie wieder!“ ernst nehmen und es nicht nur in Friedenszeiten in Sonntagsreden abgeben, dann müssen wir es deswegen nun auch erneuern, sonst können wir uns nie wieder in den Spiegel schauen. Wir wissen und wir müssen erinnern, dass die Idee von einem Friedenseuropa – nämlich Frieden, Freiheit und Sicherheit – nur darauf basiert. Sie, die hier heute keppeln, wissen sehr wohl, dass die gegenwärtige Inflation zunächst Folge der weltweit gestiegenen Produktionskosten aufgrund der Pandemie und auch der gestörten Lieferketten ist. Eine massive Teuerung hat bereits eingesetzt, bevor Putin seinen Feldzug gestartet hat – und ja, das stimmt, die Rohstoffengpässe durch den Krieg haben diese Teuerung einfach nur noch verstärkt. Lügen Sie die Menschen aber nicht an, denn Sie wissen sehr wohl, dass wir nicht so weitermachen können wie vor diesem Krieg! Die Sanktionen wirken nicht nur – dazu gibt es Studien –, sondern sie sind auch ein Selbstschutz, nicht nur für die Idee eines freien, demokratischen Europa, sondern auch für die dringend notwendige Entflechtung unserer Wirtschaft von einem Land, dessen Führung uns mit seinen Ressourcen zu erpressen versucht, denn das sehen wir derzeit. (Beifall bei den Grünen.)
Einige, das haben wir heute schon gehört, besorgen das Geschäft von Putin auch auf dieser Seite nicht umsonst. Seit 2014 sind 300 Millionen Dollar aus Russland an ausländische europafeindliche Parteien und Politiker:innen geflossen, und es wird sich zeigen, wer darunter war. Was fix ist: Sie sind Brüder im Geiste, sie bauen da ein Drohszenario auf und verunsichern die Bevölkerung, weil sie davon profitieren.
Wir dagegen stehen für ein Europa, in dem das Völkerrecht und nicht das Recht des Stärkeren zählt. Es hat nämlich schon einmal auf europäischem Boden ein größenwahnsinnig gewordener Diktator versucht, sich alles zu krallen – und wir haben aus Angst vor dem Größenwahn und vor einem weiteren Krieg versucht, ihn zu besänftigen.
Heute ist Weltfriedenstag, und wir müssen daran erinnern, dass das Nie-wieder nicht nur zu erneuern ist (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), sondern dass es keine andere Option gibt. In diesem Sinne: Wir müssen diesen Krieg aushungern.
Präsidentin Doris Bures: Sie müssen Ihren Schlusssatz formulieren, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (fortsetzend): Es braucht weitreichende Sanktionen, damit in diesem gemeinsamen Europa nie wieder Hunger herrscht. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.17
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.