17.49
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Ich möchte das wirklich ganz ernsthaft beginnen, Kollegin Disoski hat ja auch die entsprechenden Fotos hier gezeigt: Der Kriegsdiktator hat einen Krieg begonnen, zunächst gegen die Ukraine, aber er droht uns allen mit denselben Dingen, die er da angestellt hat.
Er droht damit, dass auch wir bombardiert werden, er droht seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Medien, im Fernsehen – sie sagen es – bis hin zu Atomwaffen: Wenn ihr uns nicht folgt, wenn ihr nicht macht, was wir wollen, dann werden wir euch auch bombardieren. Das können Sie sich alle im russischen Fernsehen ansehen. Das ist Faktum. In dieser Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der wir bedroht werden, würde ich eigentlich erwarten, dass das österreichische Parlament, dass die österreichische Politik zusammensteht. (Abg. Hafenecker: Dürfen wir ja nicht!)
Das ist das, was ich mir jetzt wünschen würde. Wir sind in einer Lage, wo es nicht nur Krieg in Europa gibt, sondern in der wir auch von diesem Krieg auf mannigfaltige Art und Weise bedroht werden – wirtschaftlich, aber auch militärisch. Und ich halte es für höchst bedauerlich, dass wir hier nicht alle in diesen Fragen zusammenstehen. – Das ist der erste Punkt. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Das Zweite: Herr Vizekanzler, Sie haben gesagt: „Putin und seine Bande“. – Ja. Frau Bundesministerin, Sie haben gestern über Herrn Putin gesagt: Er ist ein Despot. – Ja. Da muss ich Ihnen aber schon sagen: Das wissen wir seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten. Wir wissen es spätestens, seit er sein Amt angetreten hat und – wahrscheinlich von ihm veranlasst – in Moskau die Häuser in die Luft geflogen sind, als er Tschetschenien hat bombardieren lassen, als er Georgien angegriffen hat, als er die Krim überfallen hat und die Ukraine überfallen hat.
Aber nicht nur das, er hat auch Menschen im Westen vergiften lassen – Skripal! Und was ist passiert? – Viele andere europäische Staaten, fast alle anderen europäischen Staaten haben sofort Sanktionen gegen Russland verhängt, und Österreich hat das nicht gemacht. Wir, nicht wir, die österreichischen Bundesregierungen der letzten Jahre haben sich in diesen vielen Jahren oft zum Kumpanen dieses Despoten mit seiner Bande gemacht. Und dazu muss man heute auch stehen. Da bitte ich Sie wirklich darum, heute dazu zu stehen und auch aufzuklären, wie das geschehen konnte.
Wie konnte es geschehen? – Auf der einen Seite durch wirtschaftliche Interessen, die eine große Rolle gespielt haben. Ich nenne nur Herrn Wolf, der zum Chef der österreichischen Industrie gemacht wurde, damit er bei der OMV aufräumen kann, und damit er uns dort in die Abhängigkeit von Russland bringt. Das war der Job von Herrn Wolf. Und das schadet uns heute noch, das möchte ich aufgeklärt haben. (Beifall bei den NEOS.)
Das Zweite ist das, was die FPÖ gemacht hat: Ich glaube, der Name Kadyrow ist heute schon gefallen – 2012 sind FPÖ-Abgeordnete zu diesem Schlächter, zu diesem Vergewaltiger, der in Österreich wegen Verbrechen gesucht wurde, hingefahren und haben mit ihm Freundschaft und Bruderschaft getrunken. Das ist Faktum. Und dann gab es den wunderbaren Vertrag, der in Moskau abgeschlossen wurde. Also ich kenne mich noch ein bissl aus, wie die Sowjets und die Kommunisten geredet haben (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Lausch): Freude mit Arbeit und Patriotismus und so weiter – also quasi mit der Formulierung von Kommunisten hat man sich dann dem angenähert.
Das Nächste – leider ist Herr Kickl nicht da –: Herr Kickl spielt ja gerne den Intellektuellen. Also er hat die großen Ideen und er weiß, wie man was macht. Wissen Sie, was Sie mit Herrn Kickl machen? – Sie plappern das nach, was in den Trollfabriken des Herrn Putin ausgedacht wird. (Der Redner hält ein Buch von Jessikka Aro mit dem Titel „Putins Armee der Trolle · Der Informationskrieg des Kreml gegen die demokratische Welt“ in die Höhe.) Das plappern Sie nach. Ich sage Ihnen ein paar Beispiele: Die Sanktionen schaden der EU mehr; die Russen, die leben in der Ukraine, und die armen Russen – nein, das sind Ukrainer und Ukrainerinnen, die russisch sprechen! –; es gibt keine ukrainische Nation; die Nato, die USA sind schuld, die haben angegriffen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch); der liberale Westen ist dekadent. – Das lese ich alles bei Ihnen auf Facebook. (Abg. Rauch: Wer schreibt denn das?)
Dann haben Sie 2014 einen gewissen Herrn Dugin eingeladen – Herr Dugin, das ist einer von diesen Denkern halt, Intellektuellen, wie Herr Kickl – (Abg. Hafenecker: Wer hat den eingeladen?), und dieser Herr Dugin – Herr Strache hat mit ihm dann hier Freundschaft getrunken – sagt was? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) – Herr Dugin sagt, dass kleine Länder überhaupt keine Existenzberechtigung haben. Kleine Länder, und er nennt Ungarn, die Slowakei, Österreich, hätten keine Existenzberechtigung. Wissen Sie, was das heißt? – Ihr Freund Dugin, Ihre Freunde sprechen uns in Österreich die Existenzberechtigung ab. Das sind Ihre ideologischen Freunde, und ich erwarte wirklich, dass Sie sich endlich davon verabschieden!
Ihr Herr Stefan, nein, Herr Hübner – Entschuldigung, Herr Kollege Stefan! – sitzt wieder im Bundesrat. Der hat diesen Verbrecher Kadyrow dort gehuldigt und jetzt sitzt er für Sie im Bundesrat. Damit sollten Sie sich bitte schön auch beschäftigen! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
Jetzt muss ich zu diesem Buch „Putins Armee der Trolle“ (das vorher beschriebene Buch erneut in die Höhe haltend) noch etwas sagen, das ganz wichtig ist, denn das ist nämlich der nächste wesentliche Punkt. Das ist von einer finnischen Journalistin, und zwar Jessikka Aro, und sie hat im Jahr 2017 begonnen, über diese Trollfabriken in Petersburg zu recherchieren. (Abg. Hafenecker: Und der Haselsteiner ...!) Und was ist dann passiert? – Sie hat in Helsinki gelebt. Sie ist mit dem Umbringen bedroht worden, mit Vergewaltigung und so weiter. Sie musste ihr Land verlassen, weil sie sehr, sehr konkret körperlich bedroht wurde. – Das machen Putin und die Despoten und seine Bande. Das tun sie alles. Das heißt, wir alle, die schauen, wen wir möglicherweise da und dort herausholen können – dass die Eigenen beim Fenster runterfliegen, das ist Pech, okay, da müssen Sie wissen, in welchem Land sie leben –, müssen wissen, dass aber auch Menschen im Westen bedroht werden, körperlich bedroht wie diese Journalistin, diese tapfere Frau (auf das zuvor beschriebene Buch weisend), die dieses tolle Buch geschrieben hat, in dem Sie vieles nachlesen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die hybriden Kriege, ja, Thomas Starlinger, Kurzzeit-Verteidigungsminister, hat schon sehr lange davon gesprochen. Er war auch derjenige, das darf man ja auch nicht vergessen, der das angesprochen hat, ob wir heute in der Lage sind, uns zu verteidigen. – Na ja, wir haben eine Menge FPÖ- und ÖVP-Verteidigungsminister gehabt, die dafür gesorgt haben, dass wir dazu nicht in der Lage sind. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Deswegen ist es auch eine Unwahrheit, zu sagen: Ja, wir werden uns schon irgendwie verteidigen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)
Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können gegen die Amerikaner sagen, was Sie wollen, aber seien Sie froh, dass es einen amerikanischen Atomschirm gibt! (Abg. Belakowitsch: Ja, sind wir eh!) Die würden uns im Zweifel noch beschützen und sonst niemand – und sonst niemand! (Abg. Stefan: ... Atombomben runterfallen! Wir sind das Zielgebiet Nummer eins für diese Atombomben ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und deswegen müssen wir dafür sorgen, dass wir uns in Europa gemeinsam verteidigen können. Wir in Österreich können es nicht alleine. Das können wir nur gemeinsam. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, ist schon gut.
Seien Sie froh, dass wir beschützt werden (Abg. Stefan: Wir sind das Zielgebiet Nummer eins! Das wissen Sie doch ganz genau! – Abg. Hafenecker: Wer bezahlt Sie?), und tun wir alles dafür! (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Danke, Herr Präsident.
Denken Sie darüber nach, ob es nicht in dieser sicherheitspolitisch schwierigen und sozial schwierigen Lage gescheit wäre, dass wir gemeinsam für Österreich stehen! Wenn Sie nicht mitmachen, bedauere ich das sehr, aber bei allen anderen würde ich mich freuen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Disoski, Koza und Stögmüller.)
17.56
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Erasim. – Bitte.