18.10
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Vielen Dank! (Abg. Stefan: ... die Sauerei dabei! – Zwischenruf der Abg. Steger. – Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und FPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie ersuchen, sich wieder zu beruhigen? (Abg. Hafenecker: ... wollen ja unsere Kinder schicken! – Abg. Wöginger: So eine Frechheit! – Abg. Stefan: Nein, das ist eben eine Frechheit von denen! – Abg. Wöginger: ... in den Pflegeheimen sind!) Darf ich Sie bitte ersuchen - - (Unruhe im Saal.)
Abgeordneter Scherak wäre am Wort. (Abg. Leichtfried: Er ist sogar am Wort!) Es wäre schön, wenn Sie alle zuhören würden. – Bitte. (Abg. Wöginger: Jetzt dürfts ihr euch einmal ein wenig zusammenreißen! – in Richtung Abg. Belakowitsch –: Ja, gerade du! Schreit den ganzen Tag!)
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (fortsetzend): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Was wir jedenfalls merken, ist, dass die Debatte heute gezeigt hat, dass man Maßnahmen, die wir in der Politik setzen, hinterfragen kann, evaluieren kann und schauen kann, ob sie zielgerichtet sind und die Wirkung entfalten, die wir gerne hätten. Wir können uns das einerseits in Bezug auf die Sanktionen gegen Russland anschauen, und wir können es uns andererseits in Bezug auf die Hilfe anschauen, die wir den Menschen in Österreich entgegenbringen, den Unternehmerinnen und Unternehmern entgegenbringen, den Menschen, die es dringend notwendig haben.
Wenn wir über die Sanktionen reden: Es gibt hier im Haus eine Fraktion, die zutiefst davon überzeugt ist, dass sie nicht wirken, das ist die Freiheitliche Partei. Frau Kollegin Fürst hat es gerade mit einer anekdotischen Erzählung versucht, also: Sie kennt wen, der in Russland lebt. Ich kann das jetzt auch sagen, ich kenne vielleicht auch wen, der in Russland lebt. Es ist halt vielleicht ein schönes anekdotisches Halbwissen, vielleicht stimmt es auch, und es gibt ein paar Menschen, die das großartig finden. Ich verlasse mich da eher auf die Zahlen, die Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforscher zur Verfügung stellen.
Sie haben gesagt, es gibt keine Inflation. – Die Inflation in Russland liegt jetzt bei 15 Prozent, das ist weitaus mehr als bei uns, sie lag am Höhepunkt sogar bei 17 Prozent. Es ist genau so, dass die russische Wirtschaft viel mehr als unsere eingebrochen ist. Wenn Sie sich nur die Bilder nach dem Verzweiflungsakt von Wladimir Putin mit dieser Teilmobilmachung anschauen, wenn Sie sich die Bilder anschauen, wie massenhaft junge Männer das Land verlassen, dann können Sie mir doch nicht erklären, dass Sie wirklich glauben, dass die Sanktionen nicht wirken. – Selbstverständlich wirken sie, auch wenn Sie es nicht glauben! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Es ist ein Faktum, dass sie wirken, und wir müssen so hart wie nur irgendwie möglich bleiben. Wenn Sie sich fragen, was denn die Alternative dazu ist – das habe ich ja immer noch nicht verstanden. Die FPÖ sagt uns immer: Na ja, uns geht das nichts an, wenn in der Ukraine Krieg ist! – Ich habe auch schon Vorschläge gehört, man soll da in Friedensverhandlungen eintreten und wir sollen vielleicht vermitteln.
Wenn jemand willkürlich in ein anderes Land einmarschiert, dort massive Völkerrechtsverbrechen und Kriegsverbrechen begeht, wie Frau Kollegin Disoski oder Herr Kollege Brandstätter auch schon hier ausgeführt haben: Ich würde so gerne einmal von Ihnen wissen, wie Sie mit dem über Frieden verhandeln wollen. Ich würde so gerne verstehen, wie Sie das machen, dass Sie sich dem gegenüber an einen Tisch setzen und sagen: So, und jetzt ignorieren wir alles, was du dem Volk angetan hast! Lass uns doch darüber reden, wie es in Zukunft aussieht! – Ich verstehe die Ukraine, dass sie sich selbstverständlich weiter verteidigt. (Abg. Wurm: ... hätte es nie Frieden gegeben!) Es ist doch illusorisch, zu glauben, dass die Ukraine sich nicht verteidigt, dass sie aufhört von heute auf morgen. Herr Kollege Wurm: Die Ukraine will sich verteidigen, die würden sich auch mit Heugabeln verteidigen, weil sie überzeugt davon sind, dass sie ihr Land verteidigen wollen. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Es ist unsere Aufgabe, sie so gut wie möglich zu unterstützen, damit diese Gräueltaten in Zukunft nicht mehr passieren! (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wenn man sich weiter mit den Fragen, die wir heute diskutiert haben, auseinandersetzt, kommt man auch zu den Maßnahmen, die die Bundesregierung gesetzt hat, um diese Teuerung, um die explodierenden Energiepreise auch entsprechend abzufedern. Da gibt es aus meiner Sicht etwas, das fehlt – der Herr Finanzminister ist heute nicht da; er ist sonst immer wieder jener, der zumindest mahnt, dass man ein Budget über die nächsten Jahre dann irgendwann einmal wieder ausgeglichen haben sollte –: dass man auf die nächsten Generationen blickt.
Fakt ist, die meisten Antworten der Bundesregierung sind Einmalzahlungen, sind Gutscheine, und das, obwohl es in vielen Bereichen doch viel einfacher wäre, dass man Maßnahmen setzt, nämlich dort, wo die Bundesregierung die Menschen und die Unternehmen direkt belastet. Wieso diskutiert denn niemand ernsthaft darüber, dass man die Mehrwertsteuer auf Energie endlich halbiert? Wieso diskutiert denn niemand darüber, dass man die Netzgebühren, die massiv hoch sind, endlich senkt? – Mir ist schon klar, damit werden wir nicht das Auslangen finden, das ist selbstverständlich, aber wir müssen doch zuerst dort ansetzen, wo wir selbst als Staat die Menschen belasten, um sie zu entlasten, und nicht immer nur mit Einmalzahlungen und Gutscheinen agieren. (Beifall bei den NEOS.)
Das Gießkannenprinzip, das die Bundesregierung da anwendet, wird dazu führen, dass die nächsten Generationen, die schon durch die Coronakrise massiv belastet wurden, die schon über Jahrzehnte davor durch niemals wirklich ausgeglichene Finanzen massiv belastet wurden, noch mehr belastet werden.
Ich bin überzeugt davon, die Bundesregierung sollte zuerst einmal dort ansetzen, wo sie es selbst kann, das heißt bei Steuern, bei Abgaben, und wenn es dann immer noch nicht reicht – und das ist zugegebenermaßen richtig; es wird für einzelne Unternehmen immer noch nicht reichen, weil diese Energiepreise nicht finanzierbar sind –, dann helfen wir konkret und zielgerichtet dort, wo es notwendig ist! (Beifall bei den NEOS sowie Bravoruf der Abg. Doppelbauer.)
18.15