12.29

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, ich möchte Bezug nehmen auf die Überschrift der Dring­lichen Anfrage der FPÖ: „Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit“, hat die Freiheitliche Partei da eingefordert. Und da kann ich nur sagen: Ja, eh.

Zur Sicherheit: Österreich hat 60 Prozent mehr Polizisten als die Schweiz – also ich würde einmal sagen, für die Sicherheit ist ausreichend gesorgt, und daher widme ich mich vor allem dem Wohlstand.

Wohlstand ist wichtig, aber den Wohlstand muss man sich erarbeiten. Wohl­stand kommt nicht aus der Druckerpresse der Europäischen Zentralbank, Wohlstand kann man auch nicht mit Schulden der Republik Österreich kaufen.

Wohlstand entsteht nicht aus Unternehmenshilfen oder aus Pensionserhö­hun­gen, die scheinbar aus dem Nichts finanziert werden. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wohlstand müssen wir uns erarbeiten, und das bedeutet, wir brauchen vor allem eine Wirtschaft, die gut funktioniert. Der Arbeitsminister hat am Montag die Arbeitslosenzahlen präsentiert. Seit Monaten erleben wir einen Arbeitskräfte­mangel, der schon lange kein bloßer Fachkräftemangel mehr ist. Es gibt in allen Qualifikationsstufen zu wenige Arbeitskräfte. Für ein Drittel der offenen Stellen wird überhaupt nur ein Pflichtschulabschluss als Mindestqualifikation verlangt.

Dieser Arbeitskräftemangel führt dazu, dass Gastwirte zusätzliche Schließtage einlegen müssen, dass Unternehmen Aufträge ablehnen, dass Fotovoltaik­anlagen nicht montiert werden können (Abg. Belakowitsch: Wenn sie überhaupt geliefert werden!), weshalb wir energiepolitisch auch später unabhängig sein wer­den. Der Arbeitskräftemangel ist also eine echte Wohlstandsbremse geworden.

Das ist aber nicht das, worüber wir hier im Hohen Haus diskutieren. Wir disku­tieren über höhere Pensionen, höheres Arbeitslosengeld, höhere Staatsausgaben und natürlich über die schreckliche Zuwanderung. Nichts davon bringt den Wohlstand, den die FPÖ einfordert. (Abg. Wurm: Leistung!) Wohlstand, wie gesagt, müssen wir uns erarbeiten. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

In den nächsten Jahren gehen geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand und geburtenschwächere Jahrgänge rücken auf den Arbeitsmarkt nach. Allein dadurch werden uns noch einmal Zehntausende Arbeitskräfte fehlen. Wenn wir diese Arbeitskräfte im eigenen Land nicht haben, dann brauchen wir qualifizierte Zuwanderung. (Abg. Belakowitsch: Qualifizierte, das ist ...!) Dieses Land hat aber gar keine Zuwanderungspolitik – das ist ein Versäumnis vieler Jahre. (Beifall bei den NEOS.)

Jedes Jahr werden mickrige Kontingente für Saisonniers und Erntehelfer beschlossen, und da ist es egal, wer den Innenminister stellt, wirklich egal welche Partei. Das sind Leute, die nur zum Arbeiten hierherkommen und nachher wieder weggehen, und jedes Mal haben wir so kleine Kontingente. Da war es auch egal, als der Innenminister ein Freiheitlicher war, denn da hat dasselbe gegolten.

Man wirft den Menschen, die hier arbeiten wollen, bürokratische Prügel zwischen die arbeitswilligen Beine. Das müsste nicht sein. Die Rot-Weiß-Rot-Karte haben wir jetzt auch schon zum gefühlt siebzehnten Mal reformiert, aber noch immer sind zwei Behörden damit beschäftigt, einer Person das Arbeiten zuzulassen oder eben zu verweigern. Das Verfahren dauert im Schnitt 15 Wochen. Qualifizierte Leute arbeiten in der Zwischenzeit in Schweden, in Australien oder in Kanada, während in Österreich der Akt noch zwischen Magistrat und AMS hin und her geschoben wird. Ukrainer, die nach Österreich kommen, die geflüchtet sind, müssen noch einmal einen Umweg über das AMS machen, bevor sie arbeiten dürfen. Kein Mensch weiß, wozu sie diese zusätz­liche Beschäftigungsbewilligung brauchen – das ist reine Beschäftigungstherapie für die Mitarbeiter im Arbeitsmarktservice.

Wohlstand müssen wir uns erarbeiten – aber dann muss man die Menschen auch arbeiten lassen. Das geht auch dann nicht, wenn Unternehmen monatelang auf Betriebsanlagengenehmigungen warten, wenn das zufällige Antreffen einer Haselmaus ein ganzes Wasserkraftwerk verhindert und wenn UVP-Verfahren fünf Jahre und länger dauern. Die Bürokratie ist zu einer Wohlstandsbremse geworden. Wo ist die Bürokratiebremse, die unseren Wohlstand erhöht? Ein Land, das nicht einmal problemlos jedem Bürger 500 Euro überweisen kann, hat sich eigentlich selbst zu Tode bürokratisiert. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Wurm.)

Diese Bürokratiebremse kommt also nicht. Stattdessen packen wir immer noch weitere Abgaben auf die Löhne und Gehälter – Abgaben, die mit Arbeit gar nichts zu tun haben. Die österreichischen Lohnnebenkosten gehören zu den allerhöchsten in den entwickelten Industriestaaten. Sie dienen aber nicht nur dem Versichern der Erwerbstätigen, sie füttern auch die Geldspeicher in der Arbeiterkammer und in der Wirtschaftskammer, die Spendierbudgets der Lan­des­fürsten – über den Wohnbauförderungsbeitrag – und die Versorgungsjobs in der Unfallversicherung.

Wo ist die Steuererleichterung für die Betriebe, die mit ihrem Wirtschaften unseren Wohlstand mit höheren Löhnen überhaupt erst ermöglichen?

Es gibt wirklich viel für mehr Wohlstand zu tun. Das aber, was die FPÖ heute in der Anfrage drinnen hat, hat damit nichts zu tun, denn einen Zaun um Österreich zu bauen, erhöht den Wohlstand nicht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wurm: Bis auf den Schlusssatz war es ...!)

12.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.