16.55

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Gleich zu Beginn möchte ich des vor Kurzem verstorbenen Behinder­tenanwalts der Republik Österreich, Dr. Hansjörg Hofer, gedenken und mich für seine hervorragende Arbeit im Bereich Inklusion und Behinderung be­danken. (Allgemeiner Beifall.) Mein tiefstes Mitgefühl und mein allerherz­lichstes Beileid gelten seiner Familie und seinen Freunden.

Nun zum aktuellen Punkt der Tagesordnung: Rund 10 000 Menschen in Österreich sind gehörlos beziehungsweise bezeichnen die Österreichische Ge­bärdensprache als ihre Muttersprache. Um Tätigkeiten in ihrem Alltag zu bewerkstelligen, wie zum Beispiel Arztbesuche oder auch Behördengänge, sind sie auf Gebärdensprachdolmetscher:innen angewiesen.

Nur mit ausreichend Gebärdensprachdolmetscher:innen als Expert:innen in der Kommunikation zwischen gehörlosen und hörenden Menschen gibt es eine Chancengerechtigkeit für diese Personen. Sie unterstützen nicht nur gehörlose Menschen im Alltag, sondern werden genauso für Dolmetsch- und Über­setzungsarbeiten gebraucht: bei Konferenzen, im Fernsehen oder auch wie heu­te hier im Hohen Haus, wo alle Sitzungen in Österreichischer Gebärdenspra­che gedolmetscht werden. Vielen Dank für diese Arbeit! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Abg. Bösch.)

Obwohl im Vergleich zum Jahr 2004 die Angebote für die Ausbildung zu Österreichischen Gebärdensprachdolmetscher:innen ausgebaut wurden, ist die Anzahl der Absolvent:innen immer noch zu gering, um den steigenden Be­darf abdecken zu können. Es gibt in Österreich schlicht und einfach zu wenige Österreichische Gebärdensprachdolmetscher. Bevor das Ausbildungsange­bot nun weiter ausgebaut wird, ist es uns wichtig, wissenschaftlich zu untersu­chen, durch welche Maßnahmen die Ausbildung attraktiviert werden kann. Um da einen genauen Überblick zu bekommen, ersuchen wir mit dem vorliegen­den Antrag den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, eine wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben.

Mein Heimatsbundesland Tirol geht bereits mit sehr gutem Beispiel voran, denn im Herbst 2020 startete der erste Bachelorstudiengang Gebärdensprachdol­metschen an der FH Gesundheit in Innsbruck. Ich durfte gleich zu Studienbeginn die Studierenden besuchen und mehr über den Studiengang erfahren. Im Juni haben sie in ihrer Wienwoche die Zeit genützt, um sich erneut mit mir aus­zutauschen. Ich war begeistert, wie gut die Studierenden schon in der Öster­reichischen Gebärdensprache sind, und ich freue mich schon, wenn wir sie viel­leicht auch irgendwann bei uns im Parlament begrüßen können und sie in Zukunft unsere Sitzungen dolmetschen.

Zum Schluss möchte ich noch auf ein paar Begrifflichkeiten eingehen, die lei­der immer noch fälschlicherweise in Bezug auf Gehörlosigkeit und Gebär­densprache verwendet werden. Da wäre zum Ersten das Wort taubstumm. Ich bitte Sie: Dieses Wort können Sie sofort aus Ihrem Wortschatz streichen. Die Menschen sind gehörlos, aber keineswegs stumm, denn sie haben eine Spra­che – nicht die Lautsprache so wie wir, sondern eben die Gebärdensprache. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Damit sind wir schon beim nächsten Punkt, der Gebärdensprache: Bitte be­zeichnen Sie sie nie als Zeichensprache, denn das ist etwas ganz anderes. Die Österreichische Gebärdensprache ist eine linguistisch vollwertige und na­türliche Sprache. Sie ist seit 2005 bei uns in Österreich als eigenständige Sprache anerkannt. Sie verfügt über eine eigene Grammatik und Syntax, wobei die Grammatik sich etwas von unserer deutschen Lautsprache abhebt.

Es gibt zudem auch viele verschiedene Gebärdensprachen auf der ganzen Welt, denn so, wie es auch Lautsprachen in verschiedenen Sprachen gibt, so gibt es in der Gebärdensprache genauso eine englische, eine französische und eine italienische Gebärdensprache und bei uns in Österreich eben die Österrei­chische Gebärdensprache.

Schaffen wir gemeinsam mehr Chancengerechtigkeit für gehörlose Menschen in Österreich! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abge­ordneten der NEOS.)

16.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kuntzl. – Bitte sehr.