18.22

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum machen Sie Außenpolitik?, werde ich manchmal auf der Straße gefragt – übrigens geht es auf der Straße etwas höflicher zu als hier manchmal –, und ich sage dann auch sehr höflich: weil Außenpolitik Weltinnenpolitik ist und weil keines der Probleme, die wir im Moment haben, von Österreich allein, von unserem wunderbaren Neun-Millionen-Land, zu lösen wäre.

Schauen wir nach Bali, wo im Moment das Treffen der großen 20 Industrie­nationen stattfindet! Ist Österreich als kleines Land dort vertreten? – Ja, selbstverständlich sind wir dort vertreten, und zwar durch die EU-Kommission, durch Frau von der Leyen. In diesem Sinn ist es wirklich erschreckend, wenn sich hier ein Klubobmann herausstellt, der schon als Innenminister sehr viel zum Schaden der Sicherheit Österreichs beigetragen hat (Abg. Hauser: So ein Blödsinn!), und Frau von der Leyen beschimpft. Sie ist unsere Vertreterin dort, sie sorgt dafür, dass Europas Interessen vertreten werden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hauser), und wir haben dankbar zu sein.

Das Nächste, was Herr Kickl gesagt hat: „Sanktionswahnsinn“. Kollegin Ernst-Dziedzic hat es gerade gesagt, dass es diese braucht. Während wir hier gesprochen haben (Abg. Hauser: ... Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie! Du hast das vergessen!), habe ich Frau Kollegin Maria Iwanowa getroffen, eine Kollegin, die gerade in Wien ist und erzählt hat, dass sie sich Sorgen um ihren dreijährigen Sohn macht, weil Kiew gerade wieder bombardiert wird. Über diesen Wahnsinn müssen wir sprechen, meine Damen und Herren: dass Herr Putin, ein Kriegs­diktator, das Nachbarland überfallen hat und jeden Tag Frauen vergewaltigen und Menschen ermorden lässt und zivile Einrichtungen zerstört.

Frau Kollegin Rendi-Wagner, wir sind uns ja einig, dass wir Krieg vermeiden und Frieden wollen, aber wir müssen schon realistisch sein. Ich kann Ihnen da ein Zitat aus dem russischen Fernsehen vorlesen. Da sagt einer von diesen Putin-Freunden: Entweder wir gewinnen den Krieg, oder die ganze Welt wird in Asche gelegt! – Das sind Ihre Freunde (in Richtung FPÖ deutend – Abg. Stefan: Man soll nicht mit dem Finger zeigen!), mit denen Sie Abkommen getroffen haben, und das sind Ihre Freunde (in Richtung SPÖ), die gerade unseren Frieden gefährden! (Beifall des Abg. Jakob Schwarz. – Rufe bei der FPÖ: Haselsteiner! – Abg. Hafenecker: Sie hängen am Tropf vom Haselsteiner! Deripaska, Haselsteiner!)

Was die anderen großen Themen betrifft, Welthandel, Klimawandel et cetera: Die können wir auch nur gemeinsam angehen, und dazu sollte man ein bisschen Bildung haben. Ich habe mich das letzte Mal am Rande der Ausschusssitzung mit dem Herrn Bundesminister über Bücher unterhalten und – danke, Herr Minister Schallenberg – dieses Buch angesprochen: „Licht aus dem Osten“. (Der Redner hält das genannte Buch von Peter Frankopan in die Höhe.) Bitte lesen Sie das! Das Buch ist deswegen so wichtig – wir waren uns einig –, weil wir die Geschichte verstehen müssen, weil wir die Geschichte der anderen Nationen verstehen müssen, natürlich auch Respekt vor anderen Nationen haben müssen – wie dem Iran.

Vor den Persern habe ich großen Respekt, vor dem Verbrecherregime dieser Mullahs natürlich überhaupt keinen, und deswegen ist es ganz wichtig, dass wir da auch Sanktionen einsetzen.

Wir müssen dieses Buch auch lesen – dazu rate ich dringend –, damit wir von diesem Eurozentrismus wegkommen (Abg. Kassegger: Die Chinesen haben ..., kann man gleich alle sanktionieren!) und wissen, wie sich die Geschichte in den letzten paar Tausend Jahren entwickelt hat. Sie hat sich oft an Europa vorbeientwickelt, und wir müssen schon sehr viel dafür tun, dass wir unseren Wohlstand gemein­sam erhalten. (Abg. Kassegger: Können wir die ganze Welt sanktionieren!) Das heißt eben wieder Weltinnenpolitik – das können wir nur gemeinsam machen.

Dieses Buch ist schon drei Jahre alt, aber es endet sehr gescheit mit der Entwick­lung Chinas. Das ist auch ein ganz wesentlicher Punkt, den ich noch erwähnen möchte, nämlich dass die Chinesen, die Vergangenheit kennend, einen Plan für die Zukunft haben, und diesen Plan vermisse ich manchmal in Europa. Ich glaube, dass Außenpolitik dazu beiträgt und auch eine sinnvolle Diskussion dazu beiträgt. (Abg. Martin Graf: ... die Chinesen ...!)

Kollegin Ernst-Dziedzic, auch da sind wir uns einig: Ja, wir wollen eine werte­basierte Außenpolitik. Wir wollen unsere europäischen Werte nicht nur verteidigen, sondern wir stehen dazu; aber liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: Wenn ich für die Menschenrechte bin, dann kann ich nicht die wesentliche Europäische Menschenrechtskonvention ein bisschen ins Wiglwagl bringen. (Abg. Taschner: Wir bringen nichts ins Wiglwagl!) Das ist nicht in Ordnung, und was noch schlimmer ist: Ich unterstelle Herrn Wöginger, der leider nicht da ist – das ist ja ein gescheiter Mensch, er weiß ganz genau, dass das nichts mit Asyl zu tun hat –, dass er in diesem Rechtsaußenbereich ein bisschen Stimmen abgreifen möchte, und da bitte ich Sie, Herr Bundesminister: Machen Sie Herrn Wöginger, wenn er wieder da ist, darauf aufmerksam, dass wir die Europäische Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang haben, dass wir sie achten und dass sie für uns ganz wesentlich ist!

Zum Schluss – ich habe es das letzte Mal gesagt, ich sage es auch diesmal aus tiefer Überzeugung –: Herzlichen Dank an die Diplomatinnen und Diplomaten, an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund um den Erdball, die für Österreich, für eine wertebasierte, anständige Außenpolitik arbeiten – manchmal unter schwierigen Umständen! Gerade mit den Kolleginnen und Kollegen in Kiew haben wir ja viel Kontakt, die haben es nicht einfach, also alles Gute ihnen! Wir drücken auch den Familien die Daumen, dass sie diese schwierigen Zeiten gut überstehen. – Von dieser Stelle: herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.27

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Alexander Schallenberg zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.