18.09
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Auch die Menschen vor den Bildschirmen begrüße ich recht herzlich bei dieser heutigen Debatte! Ich weiß nicht, ob ich nicht in einer Welt lebe, in der Regierungsparteien auf der einen Seite, Minister auf der anderen Seite am Ende einer totalen Realitätsverweigerung unterliegen.
Wenn ich mir das anschaue, feiern hier die beiden Regierungsparteien und auch der Herr Bundesminister mit Stückwerkzahlen – da 5 Millionen Euro, da 100 000 Euro und so weiter – ein Budget ab, das bereits am Freitag nach der Beschlussfassung überholt ist, wie wir alle wissen. Dann wird es mit Versprechungen garniert, dass man in der Zukunft da und dort Rücksicht nehmen wird. Wie hat es Kollegin Blimlinger genannt? – „Wir warten [...] einmal ab“. – Das ist doch keine Planungsgröße, die man sich im tertiären Bildungsbereich in Wirklichkeit vorstellt.
Sehr geehrter Herr Bundesminister, bei allem Respekt: Sie sind Wissenschaftsminister und nicht Finanzminister oder der Atlant des Finanzministers. Ich sage nur ein paar Beispiele, warum auch großes Misstrauen darüber herrscht, ob das tatsächlich alles eintrifft.
In den vergangenen Jahren wurden nicht immer die vollen Budgets ausbezahlt, Sie haben sie sich durch Bindung und so weiter in den Rücklagen behalten. Es sind 750 Millionen Euro alleine im Wissenschaftsbereich, die zwar in den Budgets der vergangenen Jahre abgebildet waren, aber gar nicht den Weg zu den Bildungseinrichtungen gefunden haben und jetzt in der Rücklage gelandet sind. Das heißt, das war schon in der Vergangenheit so.
Die Zukunft ist planbar, wir wissen ja die Zahlen hinsichtlich Inflation, Teuerung und Ähnlichen mehr. Da wundert es mich schon, dass hier so großartig gefeiert wird, und dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Opposition da nicht Beifall klatscht, sondern das genauso sieht. Ich meine, wenn drei ehemalige Rektoren – in jeder Regierungspartei sitzt einer, plus ein Rektor auf der Regierungsbank – die tertiäre Bildungspolitik mehr oder weniger wie einen Sparverein betreiben, dann fehlt mir das Verständnis. Kollegin Blimlinger verzeihe ich das, die hat ihre kaufmännische Ausbildung in der Tabaktrafik genossen (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS), aber alle anderen, die hier im Hohen Haus sind, wissen doch darüber Bescheid, was los ist.
Auf der einen Seite sind in den letzten zwei Jahren 4 Milliarden Euro allein mit dem Testregime dieser Bundesregierung zum Fenster hinausgeworfen worden. Auf der anderen Seite geht es dann bloß um eine Abgeltung der Teuerung, die wir heute schon kennen – 150 Millionen Euro, die noch fehlen, oder vielleicht sind es 170 Millionen Euro –, und da zaudern und zögern Sie als Minister und spielen wie ein Finanzminister mit den Institutionen. So kann man das nicht betreiben, so erwirbt man auch kein Vertrauen in all diesen Institutionen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Realitätsverweigerung trifft es da schon eher. Ich führe noch ein anderes Beispiel an. Sie müssen, Herr Bundesminister, bitte ganz dringend nicht nur im tertiären Bereich, sondern auch im Sekundarbereich und überall mit diesem COVID-19-Maßnahmengesetz, das Sie erlassen haben, endlich abfahren, denn die Leute können damit nicht verantwortlich umgehen. Ich nenne wieder ein Beispiel, im Ausschuss ist es schon erwähnt worden. Es ist auch immer die Frage des Vertrauens in die Wissenschaft. Wenn solche Beispiele vorkommen, wird es nie Vertrauen in die Wissenschaft geben. Wenn zum Beispiel die WU Wien am heutigen Tag immer noch Stellenausschreibungen im Netz hat, in denen sie sagt:
„Unser Ziel ist es den Studierenden und Mitarbeitenden einen sicheren Präsenzbetrieb an der WU zu ermöglichen. Daher ist der Nachweis über eine vollständige Covid-19-Impfung Voraussetzung für eine Anstellung.“ – Dann schreiben sie weiter: Die Aufnahme an der WU ist „nur möglich, wenn im Bewerbungsverfahren die Bereitschaft geäußert wird, die Impfung gegen Covid-19 schnellstmöglich nachzuholen“ – sollte man sie nicht haben. „Bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ist eine entsprechende schriftliche Erklärung zu unterfertigen.“
Herr Bundesminister, Sie sind doch Rechtsaufsicht! So etwas kann man in Zeiten wie diesen einfach nicht stehen lassen, wenn am Ende die Wissenschafter an den Universitäten überhaupt nicht evidenzbasiert in diesem Bereich herumschwurbeln. Sie schauen zu, wenn so etwas noch gemacht wird.
Ich kann nur sagen: Herr Minister, werden Sie zu einem echten Wissenschaftsminister! Setzen Sie sich für die Universitäten, für die Fachhochschulen ein, setzen Sie sich für die Bildungsinstitutionen grosso modo ein und leisten Sie nicht die Assistenz für den Herrn Finanzminister! Bilden Sie vor allem nicht wieder nächstes Jahr schon die nächsten Rücklagen für übernächstes Jahr, sondern lassen Sie der Universität und den Bildungseinrichtungen schon im Vorfeld Planungssicherheit, noch dazu wenn wir wissen, dass das Budget, das wir beschließen, am Freitag in diesem Punkt bereits überholt sein wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
18.15
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.