18.18
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem liebe Forscherinnen und Forscher! An Sie möchte ich mich besonders wenden, weil ich Sie bewundere. Weil ich bewundere, was Forscherinnen und Forscher arbeiten, freue ich mich, dass ich nach einem bekannten österreichischen Forscher, Kollegen Smolle, hier sprechen darf.
Eines muss ich aber schon sagen: Wenn wir im Staatsgrundgesetz stehen haben: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei“, dann sage ich: Ja, aber leider ist sie in Österreich inzwischen frei von Vision. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Taschner: Bitte? Also Wissenschaft und Lehre sicher nicht!)
Herr Bundesminister, ich habe Ihnen zugehört und ich bin ein höflicher Mensch. Ich muss sagen: Ja, da hat jemand etwas vorgelesen. Wissen Sie, was mir aber gefehlt hat? – Mir hat dieser Spirit gefehlt. Mir hat das gefehlt, was ich sehe, wenn ich mit Forscherinnen und Forschern rede: dieses Glühen in den Augen, diese unglaubliche Arbeit, die sie leisten. Ich könnte das nicht, ich finde es unglaublich toll, dass Leute sich über Jahre – Prof. Zeilinger ist genannt worden – mit einem Thema beschäftigen und dann etwas Einmaliges herausbringen.
Diesen Menschen aber müssen wir doch etwas geben, und wir müssen ihnen verschiedene Sachen geben: erstens, wie gesagt, diesen Spirit und diese Vision, dass sie in Österreich richtig aufgehoben sind und dass man hier frei und ordentlich arbeiten kann; und das Zweite ist natürlich schon Geld, Geld spielt natürlich eine Rolle.
Wenn ich dann so eine Forscherin, ein Forscher bin, dann sehe ich: Da ist Wahlkampf in Oberösterreich, und es heißt: Na gut, stellen wir halt eine Uni hin! – Ich habe nichts gegen eine Universität in Oberösterreich, Kollege Hammer, ganz im Gegenteil, aber was ist mit der Planung vorher, dem Einbinden der Professorinnen und Professoren? (Abg. Taschner: Das ist platt, dieses Argument!) Das mit Prof. Hochreiter habe ich jetzt schon mehrfach gefragt: Der beste Forscher in Bezug auf künstliche Intelligenz ist bei der Gründung einer Digitaluniversität nicht eingebunden worden! Ganz im Gegenteil, heute sagt er: Wenn ihr das macht, dann gehe ich raus aus Österreich! – Was ist denn das für eine Planung? Das ist ja absurd! Deswegen noch einmal meine Frage: Haben Sie endlich mit ihm geredet?
Also erstens ist es das Geld. Zum Geld ist aber noch etwas zu sagen. Ich habe auch mit Rektorinnen und Rektoren gesprochen, und die sagen: Na ja, zuerst haben sie gesagt, sie haben nichts. Jetzt haben sie schon 150 Millionen Euro mehr. Worauf soll ich mich einstellen? Dann haben sie gesagt, ich soll auf meine Rücklagen zurückgreifen. Wie erkläre ich das einerseits künftig einem Sponsor, wenn der sagt: Sie haben ja eh noch Rücklagen!? Andererseits ist es möglicherweise auch ein Eingriff in die Autonomie. (Abg. Taschner: Bitte?!) – So einfach, Herr Bundesminister, kann man es sich wirklich nicht machen.
Weil wir beim Thema Geld sind, komme ich zum nächsten Punkt: Man kann mit Geld natürlich jedenfalls etwas bewegen. Darüber habe ich mich mit Herrn Prof. Zielinski unterhalten. Er hat gesagt: Natürlich, als wir dieses Comprehensive Cancer Center gegründet haben, ging es um die Idee und alles Mögliche, aber es war natürlich auch Geld notwendig, um das gründen zu können! – Dieses Comprehensive Cancer Center hat inzwischen großartige Forschungsergebnisse erzielt; aber darüber hinaus: Ich wünsche allen in Österreich, dass man Prof. Zielinski und seine Kolleginnen und Kollegen nie braucht, aber wenn wir ihn brauchen, wissen wir, wir haben ihn und diese großartigen Leute, seine Kolleginnen und Kollegen, in Österreich. Gut, dass man ihnen damals das Geld, die Ausstattung und die Möglichkeit gegeben hat, das zu gründen! Wir brauchen wieder ähnliche Initiativen. Da bin ich wieder beim Spirit, und der fehlt leider. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich habe mit ihm auch darüber gesprochen, und er sagt: Ja, auch in der Krebsforschung – bei Prominenten bekommt man das mit, wenn jemand an der Lunge oder am Herzen operiert wird – sind wir ganz weit vorne, beim Einsatz von Geld in anderen Bereichen könnten wir aber noch viel besser sein! – Warum sind wir nicht viel besser?
Damit komme ich zum nächsten, wie ich glaube, auch entsprechenden Punkt, nämlich zur Frage dieser Wissenschaftsfeindlichkeit. Die hat uns ja in den letzten zwei Jahren wirklich ganz massiv bewegt. Da bin ich froh, dass Prof. Zielinski mit dem Journalisten Herbert Lackner ein Buch geschrieben hat. Kollege Stöger hat es schon gelesen. Wenn es hier noch nicht gelesen wurde, möchte ich darauf hinweisen, das ist wirklich spannend: „Die Medizin und ihre Feinde“. (Der Redner hält das genannte Buch von Christoph Zielinski und Herbert Lackner in die Höhe.) Kollege Hammer, das ist ein Buch, keine Broschüre, sondern ein ernsthaftes Buch! (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Taschner: Auch unsere Broschüren sind ernsthaft!)
Ich freue mich aber über gedruckte Produkte aller Art, wenn sie hier angeboten werden und wenn wir uns über die Inhalte unterhalten. Ich freue mich auch, wenn es Initiativen für die Pflege gibt. Das werden wir auch alle einmal brauchen, und das ist schon in Ordnung. Das ist aber ein wirklich ganz tolles Buch, und da ich noch ein paar Minuten habe, lese ich Ihnen gerne etwas vor. (Abg. Taschner: Ja, bitte, gerne! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Was? Doch, ich habe noch Zeit. Seien wir jetzt wieder ganz ernst, bitte! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na ja, ich möchte auch einmal Professor sein!
„Seit Jahrhunderten muss sich die Wissenschaft, besonders die medizinische, gegen religiöse Spinner, Scharlatane, Verschwörungstheorien und gewissenlose Geschäftemacher wehren.“ – Seit Jahrhunderten und in den letzten Jahren auch, habe ich dazugesagt. – „Schon Andreas Hofer“ – nichts gegen die Tiroler, gar nichts gegen Andreas Hofer –, „der große Tiroler Freiheitsheld, glaubte, man würde den braven Katholiken mit der übrigens schon damals hochwirksamen Pockenimpfung den Protestantismus einpflanzen.“ (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS.) „Johann Wolfgang von Goethe hingegen war ein entschlossener Befürworter der Impfplicht.“
Also halten wir uns lieber an Johann Wolfgang von Goethe, halten wir uns an die Aufklärung, halten wir uns an die Wissenschaft und seien wir froh darüber, dass es sie gibt!
Herr Bundesminister, aber auch das ist ein Punkt: Wir müssen den Menschen – auch das beschreibt Prof. Zielinski hier sehr gut –, die sagen: Wer weiß, ob das stimmt – und da geht es nicht um Impfung, da geht es um viele andere Behandlungen auch –, wer weiß, ob ich dem vertrauen kann!, erklären, dass wir diese großartigen Forscherinnen und Forscher, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in diesem Land haben, dass sie das können und dass wir ihnen vertrauen sollen – und nicht denen, die halt irgendwelche Verschwörungstheorien daherbringen.
Noch ein Thema – und jetzt komme ich nochmals auf das Thema künstliche Intelligenz zurück –: In den Ausschusssitzungen haben wir erfahren, dass wir, was die Forschung betrifft, noch sehr gut sind – wenn Prof. Hochreiter abwandert, nicht –, aber in der Umsetzung nicht. Jetzt lese ich aber in vielen internationalen Berichten – und ich kann nur allen raten, das auch zu lesen, weil es so spannend ist –, dass das Thema künstliche Intelligenz gerade eine sehr rasante Entwicklung macht. Für Laien, wie ich einer bin, kann ich das sehr einfach ausdrücken: Es geht darum, dass Computer nicht nur gefüttert werden, sondern dass diese Computer sich untereinander austauschen, voneinander lernen und selbst neue Forschungsergebnisse hervorbringen.
Es gibt gescheite Menschen, die inzwischen sagen: Möglicherweise wird ein Computer einmal einen Nobelpreis oder einen ähnlichen Preis bekommen, weil diese Geräte selbst etwas erfunden haben, selbst etwas Neues gebracht haben – natürlich von Menschen programmiert, aber sie lernen dann selber dazu. Auch das ist ein Bereich, bei dem ich mich frage: Warum machen wir nicht mehr dazu? Es wäre so wesentlich!
Herr Prof. Polaschek – so spreche ich Sie jetzt an, weil das auch ein ernstes Thema ist –, Sie sind ja Rechtswissenschaftler. Bitte sagen Sie dieser Fraktion, Herrn Wöginger und übrigens auch Landeshauptmann Drexler, von dem ich enttäuscht bin, der auf einmal – das habe ich ihm eigentlich nicht zugetraut – gegen die Menschenrechtskonvention auftreten will (Zwischenrufe bei der ÖVP – Abg. Gödl: ... Sie können lesen und schreiben!), erklären Sie bitte den Damen und Herren, was die Europäische Menschenrechtskonvention überhaupt ist! Sie wissen das natürlich.
Erklären Sie Ihnen bitte, dass sie nicht nur im Verfassungsrang ist, sondern dass das auch ein Vertrag von ungefähr 46 Ländern ist. Das heißt, wenn ein Vertragspartner kommt und sagt: Wir ändern den Vertrag!, denn geht das ja gar nicht. Da muss ich nicht einmal Jurist sein, um das zu begreifen. Dann finde ich es wirklich beleidigend, dass diese Aussagen da immer wieder kommen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Da würde ich Sie wirklich bitten, dass Sie in Ihrer Eigenschaft als Professor und als Rechtswissenschaftler das auch noch aufklären.
Nun bringe ich noch folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag.a Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Uni-Budget erhöhen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, in Nachverhandlungen über die UG31 des BFG 2023 einzutreten und eine Budgeterhöhung für die Universitäten zu gewährleisten, mit der sichergestellt ist, dass die Universitäten ihren Lehr- und Forschungsbetrieb ohne Einschränkungen fortführen können.“
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Dieser Entschließungsantrag ist hiermit eingebracht. (Beifall bei den NEOS.)
Vielleicht noch zum Schluss: Kollegin Maurer ist leider nicht mehr da. Was uns verbindet, ist, dass wir beide Hochschülerschaftsvorsitzende waren, ich in Wien, sie war es sogar bundesweit. Ich möchte wissen, was Kollegin Maurer bei so einem Budget als Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft gemacht hätte.
Das möchte ich jetzt ganz zum Schluss auch noch sagen: Ich finde es doch ein bisschen bedauerlich, dass in diesem Land, in dem es so viele gut ausgebildete Professorinnen, Professoren, Rektoren, Rektorinnen et cetera und Studenten, die ja hoffentlich ordentlich Power und Spirit haben, gibt, die Proteste so leise waren. Man hört ein bisschen etwas da und dort. Wir müssen uns ja nicht dauernd vor irgendjemandem verneigen, sondern wir können ja gerade dastehen und sagen: Wir wollen mehr! Wir brauchen mehr, weil es für unser Land gut ist, weil es wichtig ist, weil wir den Wohlstand in diesem Land erhalten wollen und weil wir das für unsere Kinder und Kindeskinder machen, weil wir es für die Zukunft machen, weil wir es miteinander machen!
In diesem Sinne: Bitte, stimmen Sie diesem Antrag zu! Es ist ein wesentlicher Schritt für eine bessere Zukunft in diesem Land. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
18.28
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Uni-Budget erhöhen
eingebracht im Zuge der Debatte in der 183. Sitzung des Nationalrats über Bundesfinanzrahmengesetz 2023-2026 und Bundesfinanzgesetz 2023, TOP 11, UG 31
Der Bundesbudget-Entwurf 2023 stellt für die Universitäten und ihre Studierenden, Lehrenden und Forschenden eine grobe Enttäuschung und Bedrohung dar. Während in anderen Bereichen des Budgets volle Inflationsabgeltungen und somit Erhöhungen in der Größenordnung von 10% gewährt werden, fällt die Erhöhung für die Universitäten in deutlich geringerem Maß aus. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, wie schlecht diese Bundesregierung mit Geld umgeht und wie zukunftsvergessen sie Budgets erstellt. Rückläufige Investitionen in tertiäre Bildung schwächen den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Österreich und die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Mangelwirtschaft im Bildungsbereich, von den Kindergärten bis hin zu den Hochschulen, ist für ein Land, dessen wichtigster Schatz seine Menschen sind, ein grober Fehler.
Nach den Jahren der Corona-Pandemie und den langen Distance Learning Phasen an den Universitäten muss zumindest ohne Zweifel sichergestellt sein, dass der Lehr- und Forschungsbetrieb ohne Einschränkungen fortgeführt werden kann und die Studierenden vollumfänglich in Präsenz unter regulären Bedingungen ihrem Studium nachgehen können.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, in Nachverhandlungen über die UG31 des BFG 2023 einzutreten und eine Budgeterhöhung für die Universitäten zu gewährleisten, mit der sichergestellt ist, dass die Universitäten ihren Lehr- und Forschungsbetrieb ohne Einschränkungen fortführen können.“
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Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Brandstätter, es obliegt mir, festzuhalten, ob ein Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht ist. Das tue ich hiermit. Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht. Er ist auch ordnungsgemäß unterzeichnet und steht daher mit in Verhandlung. (Ruf bei den NEOS: Frau Präsidentin, das ist sehr lieb! – Abg. Brandstätter: Ich nehme das zur Kenntnis! – Abg. Steinacker: Das könnte man schon vorher wissen!)
Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Rausch. – Bitte.