11.49

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Die Frau Bundesministerin – das haben auch schon einige andere erwähnt – spricht von einem Rekordbudget. Das ist etwas sehr Positives, und das begrüße ich auch, denn es geht einfach darum, Ver­säumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte auszuräumen und aufzuarbeiten. Das ist etwas, zu dem wir durchaus – und das ist etwas Positives – über alle Fraktionen hinweg einen gemeinsamen Zugang haben.

Sie versuchen aber, das alles immer als besonders toll zu verkaufen: Es ist einzigartig und großartig! Die Superlative der ÖVP kennen wir ja schon alle. Man muss aber ganz offen und ehrlich sagen: So toll ist auch nicht alles. Es gibt einige Beispiele, die sehr gut zeigen, in welchem Zickzackkurs die ÖVP oder diese Regierung in der Sicherheitspolitik, in sicherheitspolitischen Fragen unterwegs ist.

Schauen wir uns die Zentralstellenreform an. Sie haben die Zentralstellenreform als ein großartiges Projekt präsentiert, auch im Sinne des Budgets für mehr Sparsamkeit in der Verwaltung, um damit mehr Geld hin zu der Truppe, für die militärische Landesverteidigung – zu dem Thema komme ich dann noch im Laufe der Debatte – zu bekommen. Faktum ist, diese Reform ist gescheitert. Diese Reform ist innerhalb von wenigen Wochen und Monaten kolossal gescheitert. Sie ist nicht einmal umgesetzt worden. Sie sind jetzt in einer Situation, in der Sie sie nicht umsetzen haben können. Ein Kernstück Ihrer Agenda ist gescheitert, und Sie stellen sich hin und sagen: Es ist alles toll und großartig! – Das ist nicht zu akzeptieren! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Ein großes Problem, das die ÖVP oder diese Bundesregierung nicht nur im Bereich Sicherheitspolitik, sondern allgemein hat, ist das Ankündigen und Ankündigen und Ankündigen. Am Ende aber wird nichts gehalten und nichts umgesetzt.

Es gibt noch viele andere Beispiele. Wir haben ganz aktuell – ich glaube, es gibt wenige Tage, an denen das so aktuell wie jetzt gerade ist – das Thema Luftraum­verteidigung zu diskutieren. Es ist ein großes Thema. Es gibt den Vorschlag, eine europäische Luftraumverteidigung zu machen, den Sky Shield. (Abg. Stögmüller: Da sind wir dabei!) Dieser Sky Shield wurde vor ein paar Wochen angekündigt – drei, vier Wochen, glaube ich, ist es her –, und Sie haben gesagt: Nein, da sind wir nicht dabei – weil Neutralität, Neutralität und Neutralität! (Bundesministerin Tanner: Weil Sie es nicht gefragt haben!) Das haben Sie zu Beginn gesagt. Mitt­ler­weile sind Sie dabei und sagen: Ja, das ist sinnvoll, da sollten wir dabei sein! – Das finde ich gut.

Jetzt müssen wir uns aber anschauen, wie wir diese Debatte führen. Wir führen sie auf einem elendiglichen Niveau. Warum haben Sie gesagt, Sie sind nicht dabei? – Sie haben gesagt, das geht wegen der Neutralität nicht, das ist von der Nato. Stimmt nicht! Es war von Anfang an ein Vorschlag, den Olaf Scholz als europäische Lösung vorgeschlagen hat. Da war kein Wort von Nato, nur Sie haben das dort verortet. Es ist immer ein Thema der Europäischen Union gewesen, es war immer die Perspektive der Europäischen Union.

Der nächste Schritt – das ist jetzt Fakt – ist, dass Sie jetzt sagen: Wir sind dabei! Plötzlich ist die Neutralitätsdebatte nicht mehr notwendig. Sie sagen das aber zu einem Zeitpunkt, an dem es eigentlich kein europäisches Thema mehr ist. Jetzt ist nämlich auch Großbritannien dabei. Wie gesagt, ich finde es großartig, dass wir da mitmachen, aber ich habe das Gefühl, Sie schauen sich selbst in den Spiegel und sagen jeden Tag etwas anderes, denn was Sie machen, ist fakten­befreit. Es ist vollkommen faktenbefreit, wie Sie da Argumente hin und her wälzen. (Beifall bei den NEOS.)

Stehen wir bitte dazu, dass wir die Landesverteidigung – Kollege Stögmüller hat das auch gesagt – ins 21. Jahrhundert bringen. Da müssen wir aber von diesem Schwarz-Weiß-Denken weg, das wir nach wie vor haben, da müssen wir weg von diesen Neutralitätsdiskussionen. Wir müssen offen und ehrlich sagen: Das sind die Herausforderungen der Jetztzeit, und die müssen wir angehen! Wir dürfen uns nicht hinter irgendwelchen Plattitüden verkriechen. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben viel zu oft in sicherheitspolitischen Diskussionen als Erstes einmal Bauchentscheidungen getroffen, die vielleicht auf Umfragen oder Meinungs­um­fragen oder was auch immer fußen, aber nicht auf der zentralen Frage, die dahinterstehen sollte: Wie machen wir Österreich sicherer? Wie geben wir den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes eine Perspektive, damit sie hier sicher leben können? Dort müssen wir hinkommen. Wir müssen weg von einem Zickzackkurs, den wir – dominiert durch die ÖVP – in sicherheitspolitischen Fragen seit Jahren haben.

Das sehen wir auch am Krisensicherheitsgesetz, auch das ist höchst aktuell. Das Krisensicherheitsgesetz, das Sie – ohne die Opposition wie angekündigt ein­zubinden – präsentiert haben, hat ganz viele massive Lücken. Eine Lücke, die ganz besonders auch für die Untergliederung, die wir gerade debattieren, nämlich das Landesverteidigungsbudget, gravierend ist, ist die ungeklärte Frage: Welche Rolle soll die Landesverteidigung spielen?

Sie haben in den letzten Wochen mehrfach gesagt, es geht um die militärische Landesverteidigung, es geht darum, die militärische Landesverteidigung sicherzustellen. Auch Kollege Ofenauer hat das gesagt. Es gab aber über die letzten Monate und Jahre eine Tradition in der ÖVP, genau das zu ver­hindern. Das hat Ihr Generalstabschef vor zwei Jahren im Café Bendl in einem legendären Hintergrundgespräch versucht, und mit dem Krisensicherheits­gesetz machen Sie genau das jetzt wieder.

Das Krisensicherheitsgesetz sieht vor, dass das österreichische Bundesheer für die Bevorratung von allen möglichen Dingen für den Fall der Krise zuständig ist. (Bundesministerin Tanner: Das machen wir ja jetzt schon!) Damit wird das öster­reichische Bundesheer zu einem technischen Hilfswerk degradiert. Das österreichische Bundesheer hat dann die Aufgabe, sich vorzubereiten, Wasser­kanister bereitzuhalten, falls der ÖVP-Bauernbund irgendwo unter einer Dürreperiode leidet und das als Krise bezeichnet, um dann dort Blumen gießen zu können oder Ähnliches tun zu können. (Bundesministerin Tanner: Das ist ja unglaublich! Was ist denn da los heute?)

Frau Bundesministerin, das ist die Aufgabe, die wir über dieses Krisen­sicherheitsgesetz, so wie es formuliert ist, zugewiesen bekommen. Das ist nicht zu akzeptieren. Sie wollen die militärische Landesverteidigung in so unsicheren Zeiten wie diesen weiterhin aushöhlen und damit Österreich kein Stückchen sicherer machen. Es fehlt Ihnen und dieser Bundesregierung von Anfang an komplett der Plan, wie das geschehen soll.

Das ist der nächste und ein ganz entscheidender Punkt: Die Debatte über die Österreichische Sicherheitsstrategie, die längst überfällig ist, wird von den Regierungsparteien im Keim erstickt. Wir müssen aufgrund der aktuellen Sicher­heitssituation die ÖSS schleunigst überarbeiten. Das sehen mittlerweile alle so. Das sehen alle Experten so, alle Politiker der Opposition hier in diesem Haus, aber die Bundesregierung, Sie, Frau Bundesministerin, und insbesondere der Bundeskanzler, der in den Lead gehen müsste, stehen da und tun nichts. Das ist nicht verantwortungsvoll, das ist verantwortungslos und das wird Österreich kein bisschen sicherer machen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den NEOS. – Zwi­schenruf des Abg. Deimek.)

11.56

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.