12.32

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Kollege Höfinger, vielleicht kann ich das eine oder andere klarstellen, was Fragen betrifft, die Sie geäußert haben.

Die zentrale Frage, die sich mir stellt, ist jene der Glaubwürdigkeit: Kann man der ÖVP überhaupt noch glauben? Und diese Frage stellt sich einem ja immer dann, wenn das Reden und das darauffolgende Tun auseinanderklaffen. Dann hat man ein Problem. Soll ich das alles glauben, was hier geredet wird, oder nicht? Ich komme später darauf zurück.

Neutralität – da sind wir uns einig – ist ein hohes Gut, ist kostbar, muss vertei­digt werden, muss erhalten werden, muss gelebt werden – auch diplomatisch in der Politik –, verteidigt werden. Sie muss als Ultima Ratio natürlich auch mili­tärisch verteidigt werden. Das ist jetzt einmal eine Klarstellung, die ich hier tref­fen möchte: Wir reden bitte in der UG 14 über die militärische Landesver­teidigung – über die militärische Landesverteidigung! –, und wir reden jetzt nicht über einen technischen Hilfsdienst. Wir reden auch nicht über Coronapässe­überwachen am Flughafen, wir reden auch nicht über das Bewachen von Botschaften. Wir reden auch nicht über eine Art Taxiservice im Rahmen der Assistenzeinsätze. Das sind alles keine Aufgaben, die im Rahmen der militäri­schen Landesverteidigung wahrzunehmen sind.

Das heißt, das Bundesheer erfüllt eben mannigfaltige Aufgaben, deckt diese ab, die nichts mit militärischer Landesverteidigung zu tun haben, und da sind wir genau beim Thema: Es gibt mehr Geld, ja, aber wenn man das inflationsbereinigt, dann schaut die Welt schon wieder anders aus. Keine Frage, wir sind dafür, wir hätten gerne noch mehr Geld. – Punkt eins.

Punkt zwei: Vor allem hätten wir gerne, dass dieses Geld für die militärische Landesverteidigung und nicht für alle möglichen anderen Dinge verwendet wird. Wie komme ich darauf? – Wir haben jetzt gerade das Bundes-Krisensicher­heitsgesetz in der Pipeline. Wenn man sich das anschaut, nämlich § 11, was da das Bundesheer alles in Zukunft machen soll für den Fall, dass von der Bundesregierung eine Krise ausgerufen wird – im Übrigen mit der Zustimmung – alibihalber – des Hauptausschusses mit einfacher Mehrheit. Ich warne davor. Das ist etwas ganz Gefährliches. Das heißt de facto, dass die Regierung Krisen ausrufen kann. Und wir wissen, in Krisenzeiten ist dann die Neigung – sage ich einmal –, über Verordnungen und Ähnliches am Parlament vorbei zu regieren, sehr, sehr groß.

Was das Bundesheer da alles machen sollte: von der Umrüstung auf autarke und resiliente Kasernen – das ist ja noch okay – über Koordination und Maßnahmen der Versorgungssicherung der Bevölkerung: Haben wir kein Infrastruktur­ministerium, haben wir kein Wirtschaftsministerium? Schutz kritischer Infra­struktur: Haben wir kein Innenministerium? Sicherung der Versorgung mit systemrelevanten Gütern, Medizintechnik: Haben wir kein Gesundheitsminis­terium et cetera?

Wenn ich das jetzt in einem Satz zusammenfasse: Das Bundesheer soll der Back-up-Mistkübel für all jene Tätigkeiten und Dinge sein, die andere Ministerien nicht machen wollen. Da ist es um jeden Euro schade. (Beifall bei der FPÖ.) Da nützen uns die Erhöhungen auch nichts, weil sie eben nicht der militärischen Landesverteidigung zugutekommen.

Beispiel: Frau Bundesminister, für Sie ist seit dem 24. Februar die militärische Landesverteidigung ins Zentrum gerückt. Von einer strategischen Füh­rungsebene in einem Bundesministerium kann man sich eigentlich schon erwar­ten, dass man etwas vorausschauend plant. Selbstverständlich ist die mili­tärische Landesverteidigung in dem Sinn, wenn man vorausschauend geplant hätte, spätestens seit 2014 und seit den Ereignissen, die damals passiert sind, ins Zentrum gerückt und nicht erst seit 24. Februar 2022. Das zeigt ja auch Ihre Unfähigkeit, diese Dinge auch aus der strategischen Perspektive zu beurteilen und umzusetzen.

Mein nächstes Beispiel betrifft die Wiederherstellung der Fähigkeiten der Pan­zertruppe: Jetzt kommen Sie drauf, dass die Fähigkeiten der Panzertruppe wiederhergestellt werden müssen, wobei das für mich im Umkehrschluss heißt, dass die Fähigkeiten der Panzertruppe schon weg waren. Dass die Pan­zertruppe im Rahmen der militärischen Landesverteidigung notwendig ist, brauchen wir, glaube ich, nicht zu diskutieren. Also Sie kommen jetzt, 2022, drauf, diese Fähigkeiten wiederherzustellen, und glauben, mit zwei Panzergrenadier­bataillonen und einem Panzerbataillon ist dem Genüge getan. Das ist doch bitte lächerlich. Das ist lächerlich! Wir bräuchten, damit das überhaupt Sinn macht, ungefähr zwei Brigaden, das sind acht Bataillone, also ein Vielfaches davon. Dafür ist kein Geld da. (Abg. Rauch: Woher soll der Bauernbund das wissen?)

Was machen Sie? – Sie reparieren unsere Panzertruppe, die aus Leopard 2 A4 aus den Achtzigerjahren – aus den Achtzigerjahren! – besteht, und machen da Fahrwerksverbesserungen et cetera, weil offensichtlich für andere Dinge keine Mittel da sind. Das kann doch nicht zu einer Wiederherstel­lung der Fähigkeiten der Panzertruppe führen.

Schauen wir nach Polen! Die machen es anders, die beschaffen jetzt 900 Kampf­panzer, und zwar so intelligent, dass der Lieferant zugesagt hat, diese Panzer zum Teil auch in Polen produzieren zu lassen, damit Arbeitsplätze in Polen geschaf­fen werden. (Bundesministerin Tanner: Denken Sie an den Pandur! 70 Prozent Wertschöpfung in Österreich! Das wissen Sie auch!)

Wir haben Panzer aus den Achtzigerjahren und streichen sie neu an. Das ist Ihre Auffassung einer Wiederherstellung der Fähigkeiten der Panzertruppe. Das meine ich mit Glaubwürdigkeit. Ich glaube Ihnen das eben nicht, weil Ihr Reden und Ihr Tun dermaßen weit auseinanderklaffen. Ich glaube Ihnen auch nicht, dass es im Ministerium mit der Organisationsreform der Zentralstelle, die ja ein Abstinker der Sonderklasse war, nicht Ihr Ziel war, umzufärbeln. – Nein, nein, nein, es war nicht das Ziel, umzufärbeln! (Abg. Deimek: So was macht man in Niederösterreich nicht!)

Ich glaube Ihnen auch nicht, dass hinter Ihrer kreativen Art und Weise, Pro­zentsätze auszurechnen, indem Sie als Bezugsgröße das BIP von 2021 für eine Prozentzahl im Jahr 2026 nehmen, nichts steckt. Ich hätte einen Tipp für Sie: Nehmen Sie das BIP von 1995, dann sind wir nämlich über 2 Prozent! Das können Sie dann in der Kommunikation als Marketingprozentsatz darstellen. Das glaube ich Ihnen auch nicht, da haben Sie ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Ich glaube Ihnen auch nicht, dass Sie die letzte Kämpferin für die Erhaltung der Miliz sind – das Milizsystem ist im Übrigen auch verfassungsmäßig vorge­schrieben ist –, weil Ihr Handeln eben anders ausschaut. Ihr Kollege Platter hat die Miliz mehr oder weniger nicht abgeschafft, aber schwerstens beschädigt, indem er die Sechs-plus-zwei-Regelung abgeschafft hat, und Sie beharren darauf. Mit Ihnen ist nicht zu diskutieren, auch damals nicht, als wir Regierungs­verhandlungen hatten. Selbstverständlich hätten wir das gefordert. Sie von der ÖVP wollten das nicht. Sie haben ein Glaubwürdigkeitsproblem. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Schluss: Ich glaube Ihnen auch nicht, dass es Ihnen ein ernsthaftes Anliegen ist, das, was Sie eigentlich tun sollten, zu tun, nämlich die militärische Landes­verteidigung zu stärken. Wo bitte? Ich habe das Bundes-Krisensicherheitsgesetz mit den ganzen nichtmilitärischen Aufgaben erwähnt. Diese Maßnahmen, die Sie jetzt zur Wiederherstellung der Fähigkeiten der Panzertruppe vorhaben: Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie das ernst meinen, wenn Sie 50 alte Panzer neu anstreichen. Das kann es nicht sein! Sie haben ein massives Glaubwürdigkeits­problem, das daraus resultiert, dass das, was Sie reden, mit dem, was Sie tun, nicht übereinstimmt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Deimek: Das ist das Problem der ÖVP in Niederösterreich!)

12.39

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Smodics-Neumann. – Bitte. (Abg. Rauch: Sie werden uns jetzt die Farbe der Panzer erklären, oder?!)