15.32
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ja, ich war jetzt so aufgeregt aufgrund dieses Gesetzesbruchs der Grünen, der ÖVP und leider Gottes auch der Sozialdemokratie, was die Grundversorgung betrifft (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP), dass ich vergessen habe, den Antrag einzubringen. Das hole ich jetzt gerne nach.
Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesetzeskonforme Grundversorgungstarife bei Energielieferanten in Österreich“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, um überprüfen zu lassen, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten verlautbarten Tarife für die Grundversorgung der Höhe nach den Bestimmungen der §§ 77 ElWOG bzw. 124 GWG entsprechen.“
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Ganz kurz noch einmal: Es findet hier ein eklatanter Gesetzesbruch zum Schaden von Hunderttausenden Österreicherinnen und Österreichern und unzähligen, Tausenden Betrieben in Österreich statt – bis auf die Freiheitlichen schauen alle zu. Wir werden nicht ruhen, bis dieses Gesetz endlich umgesetzt wird, ohne dass langjährige Prozesse für jeden persönlich drohen.
Die Bundesregierung hat Möglichkeiten einzugreifen, und auch die Bundesländer, die Regierungen in den Bundesländern können jederzeit, jeden Tag gravierende Strafen für die Energieversorger verhängen, wenn sich diese nicht an das Gesetz halten. Es passiert nur leider nicht.
Ich sage es noch einmal: Diese Regeln und Gesetze sind eindeutig! Und ich sage auch noch einmal, da Frau Gewessler wieder einmal nicht hier ist: Die Regierungsparteien haben vor einem Monat diese Strompreisbremse mit 4,5 Milliarden Euro beschlossen, die gar nicht notwendig gewesen wäre, wenn die Energieversorger in diesem Bereich in Österreich gesetzesgemäß agieren würden.
Das heißt, man hat 4,5 Milliarden Euro Steuergeld hier für das nächste Jahr sinnlos ausgegeben. Auch darauf möchte ich hinweisen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
15.34
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
des Abgeordneten Peter Wurm
und weiterer Abgeordneter
betreffend gesetzeskonforme Grundversorgungstarife bei Energielieferanten in Österreich
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) (UG 43 Klima, Umwelt und Energie) in der 183. Sitzung des Nationalrats am 17. November 2022
Die „Grundversorgung“ bei Energielieferanten ist im § 77 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010 sowie den Bestimmungen in den jeweiligen Landesgesetzen für Strom bzw. im § 124 Gaswirtschaftsgesetz (GWG) 2011 für Gas geregelt.
Diese „Grundversorgung“ gibt es im Energiesektor für Strom und Gas, aber etwa nicht für Fernwärme. Und diese „Grundversorgung“ gilt für Haushalte und Kleinunternehmen (weniger als 50 Mitarbeiter, Jahresverbrauch kleiner als 100.000 kWh Strom bzw. Gas, Jahresbilanzsumme höchstens 10 Mio EUR). Anwendungstechnisch trifft das Gesetz aber eine wesentliche Unterscheidung zwischen Haushalten und Kleinunternehmen, da für -Haushaltskunden der Grundversorgungstarif nicht höher sein darf als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl der Kunden versorgt wird und bei -Kleinunternehmen der Grundversorgungstarif nicht höher sein darf, als jener Tarif, der gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet!
Die „Grundversorgung“ basiert auf einer EU-Gesetzgebung (Strombinnenmarktrichtlinie bzw. Gasbinnenmarktrichtlinie), wobei die Strombinnenmarktrichtlinie explizit den Begriff „Grundversorgung“ verwendet (Artikel 27) und die Gasbinnenmarktrichtlinie lediglich hervorhebt, dass die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden ergreifen müssen (Artikel 3 Abs. 3).
Mit der „Grundversorgung“ determiniert der Gesetzgeber somit einen Kontrahierungszwang für die jeweiligen Strom- bzw. Gaslieferanten. Es kann sich somit jeder Haushalt bzw. Kleinunternehmer an einen beliebigen Versorger, der im zutreffenden Versorgungsgebiet Endverbraucher beliefert, mit dem Ansuchen der „Grundversorgungsbelieferung“ wenden, und die betroffenen Lieferanten müssen dem auch nachkommen. Alle Energielieferanten bei Strom und Gas haben ihren Grundversorgungstarif in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Die näheren Bestimmungen über die Belieferung zur Grundversorgung sind auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen jeweils anzuführen.
Auf der Internetseite der E-Control sind umfangreiche Informationen zur „Grundversorgung“ unter https://www.e-control.at/abschaltung verfügbar.
Nachfolgend die innerstaatlichen gesetzlichen Grundlagen für die „Grundversorgung“ bei Energielieferanten:
Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010:
§ 77. (Grundsatzbestimmung) (1) Stromhändler und sonstige Lieferanten, zu deren Tätigkeitsbereich die Versorgung von Haushaltskunden zählt, haben ihren Allgemeinen Tarif für die Grundversorgung von Haushaltskunden in geeigneter Weise (zB Internet) zu veröffentlichen. Sie sind verpflichtet, zu ihren geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zu diesem Tarif Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen, mit elektrischer Energie zu beliefern (Pflicht zur Grundversorgung). Die Ausführungsgesetze haben nähere Bestimmungen über die Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG für die Grundversorgung vorzusehen.
1. (2) Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl ihrer Kunden, die Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sind, versorgt werden. Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Unternehmer im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, der gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet. Dem Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG der sich auf die Grundversorgung beruft, darf im Zusammenhang mit der Aufnahme der Belieferung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt.
2. (3) Gerät der Verbraucher während sechs Monaten nicht in weiteren Zahlungsverzug, so ist ihm die Sicherheitsleistung rückzuerstatten und von einer Vorauszahlung abzusehen, solange nicht erneut ein Zahlungsverzug eintritt.
3. (4) Bei Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen auf die Pflicht zur Grundversorgung sind Netzbetreiber, unbeschadet bis zu diesem Zeitpunkt vorhandener Zahlungsrückstände, zur Netzdienstleistung verpflichtet. Verbrauchern darf im Zusammenhang mit dieser Netzdienstleistung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Abs. 3 gilt sinngemäß. Im Falle eines nach Berufung auf die Pflicht zur Grundversorgung erfolgenden erneuten Zahlungsverzuges, sind Netzbetreiber bis zur Bezahlung dieser ausstehenden Beträge zur physischen Trennung der Netzverbindung berechtigt, es sei denn der Kunde verpflichtet sich zur Vorausverrechnung mittels Prepaymentzahlung für künftige Netznutzung und Lieferung. § 82 Abs. 3 gilt im Falle des erneuten Zahlungsverzugs sinngemäß. Die Verpflichtung der Prepaymentzahlung besteht nicht für Kleinunternehmen mit einem Lastprofilzähler.
4. (5) Eine im Rahmen der Grundversorgung eingerichtete Prepaymentfunktion ist auf Kundenwunsch zu deaktivieren, wenn der Endverbraucher seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände beim Lieferanten und Netzbetreiber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreiendes Ereignis eingetreten ist.
Grundversorgung Gas im Gaswirtschaftsgesetz 2011
§ 124.
(1) Erdgashändler und sonstige Versorger, zu deren Tätigkeitsbereich die Versorgung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG zählt, haben ihren Allgemeinen Tarif für die Grundversorgung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG in geeigneter Weise (zB Internet) zu veröffentlichen. Sie sind verpflichtet, zu ihren geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zu diesem Tarif Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, und Kleinunternehmen, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen, mit Erdgas zu beliefern (Pflicht zur Grundversorgung). Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt, nähere Bestimmungen über die Zumutbarkeit einer Grundversorgung und über die Gestaltung der Tarife für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen für die Grundversorgung durch Verordnung festzulegen.
(2) Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, zu welchem die größte Anzahl ihrer Kunden, welche Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sind, versorgt werden. Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Kleinunternehmen darf nicht höher sein als jener Tarif, welcher gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet. Dem Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, der sich auf die Grundversorgung beruft, darf im Zusammenhang mit der Aufnahme der Belieferung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt.
(3) Gerät der Verbraucher während sechs Monaten nicht in weiteren Zahlungsverzug, so ist ihm die Sicherheitsleistung rückzuerstatten und von einer Vorauszahlung abzusehen, solange nicht erneut ein Zahlungsverzug eintritt.
(4) Bei Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen auf die Pflicht zur Grundversorgung sind Netzbetreiber, unbeschadet bis zu diesem Zeitpunkt vorhandener Zahlungsrückstände, zur Netzdienstleistung verpflichtet. Verbrauchern darf im Zusammenhang mit dieser Netzdienstleistung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Abs. 3 gilt sinngemäß. Im Falle eines nach Berufung auf die Pflicht zur Grundversorgung erfolgenden erneuten Zahlungsverzuges, sind Netzbetreiber bis zur Bezahlung dieser ausstehenden Beträge zur physischen Trennung der Netzverbindung berechtigt, es sei denn der Kunde verpflichtet sich zur Vorausverrechnung mittels Prepaymentzahlung für künftige Netznutzung und Lieferung. Der Netzbetreiber kann die Prepaymentzahlung ausschließlich aus sicherheitstechnischen Gründen ablehnen. § 127 Abs. 3 gilt im Falle des erneuten Zahlungsverzugs sinngemäß. Die Verpflichtung zur Prepaymentzahlung besteht nicht für Kleinunternehmen mit einem Lastprofilzähler.
(5) Eine im Rahmen der Grundversorgung eingerichtete Prepaymentfunktion ist auf Kundenwunsch zu deaktivieren, wenn der Endverbraucher seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände beim Versorger und Netzbetreiber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreiendes Ereignis eingetreten ist.
Von zentraler Bedeutung ist, dass die Tarife der Energiepreise, die die Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten den Endkunden, dh. Haushalten und Kleinunternehmern, auch tatsächlich den Bestimmungen des § 77 Elektrizitäts-wirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010 (ElWOG) bzw. § 124 Gaswirtschaftsgesetz (GWG) entsprechen. Deshalb muss die zuständige Bundes-ministerin dafür Sorge tragen, dass die zuständige Behörde überprüft, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten verlautbarten Tarife für die Grundversorgung der Höhe nach den Bestimmungen des § 77 ElWOG bzw, 124 GWG entsprechen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, um überprüfen zu lassen, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten verlautbarten Tarife für die Grundversorgung der Höhe nach den Bestimmungen der §§ 77 ElWOG bzw. 124 GWG entsprechen.“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Abgeordneter Stark ist der Nächste. – Bitte sehr.